Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.
Nur eben, stand von fern; ihr ehret mich, Antwortet' er, und thuet recht daran; Denn stumm ist die Natur, Es leben Sonn' und Luft und Erd' und ihre Kinder Fremd um einander, Die Einsamen, als gehörten sie sich nicht. Wohl wandeln immer kräftig Im Göttergeiste die freien Unsterblichen Mächte der Welt Rings um der andern Vergänglich Leben, Doch wilde Pflanzen Auf wilden Grund Sind in den Schooß der Götter Die Sterblichen alle gesäet, Die Kärglichgenährten, und todt Erschiene der Boden, wenn Einer nicht Deß wartete, lebenerweckend, Und mein ist das Feld. Mir tauschen Die Kraft und Seele zu Einem Die Sterblichen und die Götter. Und wärmer umfangen die ewigen Mächte Das strebende Herz und kräft'ger gedeihn Vom Geiste der Freien die fühlenden Menschen, Und wach ist's! denn ich Geselle das Fremde, Das Unbekannte nennet mein Wort,
Nur eben, ſtand von fern; ihr ehret mich, Antwortet' er, und thuet recht daran; Denn ſtumm iſt die Natur, Es leben Sonn' und Luft und Erd' und ihre Kinder Fremd um einander, Die Einſamen, als gehoͤrten ſie ſich nicht. Wohl wandeln immer kraͤftig Im Goͤttergeiſte die freien Unſterblichen Maͤchte der Welt Rings um der andern Vergaͤnglich Leben, Doch wilde Pflanzen Auf wilden Grund Sind in den Schooß der Goͤtter Die Sterblichen alle geſaͤet, Die Kaͤrglichgenaͤhrten, und todt Erſchiene der Boden, wenn Einer nicht Deß wartete, lebenerweckend, Und mein iſt das Feld. Mir tauſchen Die Kraft und Seele zu Einem Die Sterblichen und die Goͤtter. Und waͤrmer umfangen die ewigen Maͤchte Das ſtrebende Herz und kraͤft'ger gedeihn Vom Geiſte der Freien die fuͤhlenden Menſchen, Und wach iſt's! denn ich Geſelle das Fremde, Das Unbekannte nennet mein Wort, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#MEK"> <p><pb facs="#f0211" n="203"/> Nur eben, ſtand von fern; ihr ehret mich,<lb/> Antwortet' er, und thuet recht daran;<lb/> Denn ſtumm iſt die Natur,<lb/> Es leben Sonn' und Luft und Erd' und ihre Kinder<lb/> Fremd um einander,<lb/> Die Einſamen, als gehoͤrten ſie ſich nicht.<lb/> Wohl wandeln immer kraͤftig<lb/> Im Goͤttergeiſte die freien<lb/> Unſterblichen Maͤchte der Welt<lb/> Rings um der andern<lb/> Vergaͤnglich Leben,<lb/> Doch wilde Pflanzen<lb/> Auf wilden Grund<lb/> Sind in den Schooß der Goͤtter<lb/> Die Sterblichen alle geſaͤet,<lb/> Die Kaͤrglichgenaͤhrten, und todt<lb/> Erſchiene der Boden, wenn Einer nicht<lb/> Deß wartete, lebenerweckend,<lb/> Und mein iſt das Feld. Mir tauſchen<lb/> Die Kraft und Seele zu Einem<lb/> Die Sterblichen und die Goͤtter.<lb/> Und waͤrmer umfangen die ewigen Maͤchte<lb/> Das ſtrebende Herz und kraͤft'ger gedeihn<lb/> Vom Geiſte der Freien die fuͤhlenden Menſchen,<lb/> Und wach iſt's! denn ich<lb/> Geſelle das Fremde,<lb/> Das Unbekannte nennet mein Wort,<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [203/0211]
Nur eben, ſtand von fern; ihr ehret mich,
Antwortet' er, und thuet recht daran;
Denn ſtumm iſt die Natur,
Es leben Sonn' und Luft und Erd' und ihre Kinder
Fremd um einander,
Die Einſamen, als gehoͤrten ſie ſich nicht.
Wohl wandeln immer kraͤftig
Im Goͤttergeiſte die freien
Unſterblichen Maͤchte der Welt
Rings um der andern
Vergaͤnglich Leben,
Doch wilde Pflanzen
Auf wilden Grund
Sind in den Schooß der Goͤtter
Die Sterblichen alle geſaͤet,
Die Kaͤrglichgenaͤhrten, und todt
Erſchiene der Boden, wenn Einer nicht
Deß wartete, lebenerweckend,
Und mein iſt das Feld. Mir tauſchen
Die Kraft und Seele zu Einem
Die Sterblichen und die Goͤtter.
Und waͤrmer umfangen die ewigen Maͤchte
Das ſtrebende Herz und kraͤft'ger gedeihn
Vom Geiſte der Freien die fuͤhlenden Menſchen,
Und wach iſt's! denn ich
Geſelle das Fremde,
Das Unbekannte nennet mein Wort,
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/211>, abgerufen am 23.07.2024. |