Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Und der Felsen Häupter übereinander Die Stimme war's des edelsten der Ströme, Des freigeborenen Rheins, Und Anderes hoffte der, als droben von den Brüdern, Dem Tessin und dem Rhodanus, Er schied und wandern wollt', und ungeduldig ihn Nach Asia trieb die königliche Seele. Doch unverständig ist Das Wünschen vor dem Schicksal. Die Blindesten aber Sind Göttersöhne, denn es kennet der Mensch Sein Haus und dem Thier ward, wo Es bauen solle, doch jenen ist Und der Felſen Haͤupter uͤbereinander Die Stimme war's des edelſten der Stroͤme, Des freigeborenen Rheins, Und Anderes hoffte der, als droben von den Bruͤdern, Dem Teſſin und dem Rhodanus, Er ſchied und wandern wollt', und ungeduldig ihn Nach Aſia trieb die koͤnigliche Seele. Doch unverſtaͤndig iſt Das Wuͤnſchen vor dem Schickſal. Die Blindeſten aber Sind Goͤtterſoͤhne, denn es kennet der Menſch Sein Haus und dem Thier ward, wo Es bauen ſolle, doch jenen iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0197" n="189"/> <l>Und der Felſen Haͤupter uͤbereinander</l><lb/> <l>Hinabſchaun, taglang, dort</l><lb/> <l>Im kaͤlteſten Abgrund hoͤrt'</l><lb/> <l>Ich um Erloͤſung jammern</l><lb/> <l>Den Juͤngling, es hoͤrten ihn, wie er tobt',</l><lb/> <l>Und die Mutter Erd' anklagt',</l><lb/> <l>Und den Donnerer, der ihn gezeuget,</l><lb/> <l>Erbarmend die Eltern, doch</l><lb/> <l>Die Sterblichen flohn von dem Ort,</l><lb/> <l>Denn furchtbar war, da lichtlos er</l><lb/> <l>In den Feſſeln ſich waͤlzte,</l><lb/> <l>Das Raſen des Halbgotts.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Stimme war's des edelſten der Stroͤme,</l><lb/> <l>Des freigeborenen Rheins,</l><lb/> <l>Und Anderes hoffte der, als droben von den</l><lb/> <l>Bruͤdern,</l><lb/> <l>Dem Teſſin und dem Rhodanus,</l><lb/> <l>Er ſchied und wandern wollt', und ungeduldig ihn</l><lb/> <l>Nach Aſia trieb die koͤnigliche Seele.</l><lb/> <l>Doch unverſtaͤndig iſt</l><lb/> <l>Das Wuͤnſchen vor dem Schickſal.</l><lb/> <l>Die Blindeſten aber</l><lb/> <l>Sind Goͤtterſoͤhne, denn es kennet der Menſch</l><lb/> <l>Sein Haus und dem Thier ward, wo</l><lb/> <l>Es bauen ſolle, doch jenen iſt</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [189/0197]
Und der Felſen Haͤupter uͤbereinander
Hinabſchaun, taglang, dort
Im kaͤlteſten Abgrund hoͤrt'
Ich um Erloͤſung jammern
Den Juͤngling, es hoͤrten ihn, wie er tobt',
Und die Mutter Erd' anklagt',
Und den Donnerer, der ihn gezeuget,
Erbarmend die Eltern, doch
Die Sterblichen flohn von dem Ort,
Denn furchtbar war, da lichtlos er
In den Feſſeln ſich waͤlzte,
Das Raſen des Halbgotts.
Die Stimme war's des edelſten der Stroͤme,
Des freigeborenen Rheins,
Und Anderes hoffte der, als droben von den
Bruͤdern,
Dem Teſſin und dem Rhodanus,
Er ſchied und wandern wollt', und ungeduldig ihn
Nach Aſia trieb die koͤnigliche Seele.
Doch unverſtaͤndig iſt
Das Wuͤnſchen vor dem Schickſal.
Die Blindeſten aber
Sind Goͤtterſoͤhne, denn es kennet der Menſch
Sein Haus und dem Thier ward, wo
Es bauen ſolle, doch jenen iſt
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Zitationshilfe: | Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/197>, abgerufen am 16.02.2025. |