Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Stolzer aus der Trauer empor und blühte noch O die Kinder des Glücks, die frommen! wandeln sie fern nun Bei den Vätern daheim, und der Schicksalstage vergessen, Drüben am Lethestrom, und bringt kein Sehnen sie wieder? Sieht mein Auge sie nie? ach! findet über den tausend Pfaden der grünenden Erd', ihr göttergleichen Ge- stalten! Euch das suchende nie, und vernahm ich darum die Sprache, Darum die Sage von euch, daß immertrauernd die Seele Vor der Zeit mir hinab zu euern Schatten ent- fliehe? Aber näher zu euch, wo eure Haine noch wachsen, Wo sein einsames Haupt in Wolken der heilige Berg hüllt, Zum Parnassos will ich, und wenn im Dunkel der Eiche Stolzer aus der Trauer empor und bluͤhte noch O die Kinder des Gluͤcks, die frommen! wandeln ſie fern nun Bei den Vaͤtern daheim, und der Schickſalstage vergeſſen, Druͤben am Letheſtrom, und bringt kein Sehnen ſie wieder? Sieht mein Auge ſie nie? ach! findet uͤber den tauſend Pfaden der gruͤnenden Erd', ihr goͤttergleichen Ge- ſtalten! Euch das ſuchende nie, und vernahm ich darum die Sprache, Darum die Sage von euch, daß immertrauernd die Seele Vor der Zeit mir hinab zu euern Schatten ent- fliehe? Aber naͤher zu euch, wo eure Haine noch wachſen, Wo ſein einſames Haupt in Wolken der heilige Berg huͤllt, Zum Parnaſſos will ich, und wenn im Dunkel der Eiche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="10"> <pb facs="#f0181" n="173"/> <l>Stolzer aus der Trauer empor und bluͤhte noch</l><lb/> <l>lange,</l><lb/> <l>Gott der Wogen und dir, und deine Lieblinge ſangen</l><lb/> <l>Frohverſammelt noch oft am Vorgebirge den Dank</l><lb/> <l>dir.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>O die Kinder des Gluͤcks, die frommen! wandeln</l><lb/> <l>ſie fern nun</l><lb/> <l>Bei den Vaͤtern daheim, und der Schickſalstage</l><lb/> <l>vergeſſen,</l><lb/> <l>Druͤben am Letheſtrom, und bringt kein Sehnen</l><lb/> <l>ſie wieder?</l><lb/> <l>Sieht mein Auge ſie nie? ach! findet uͤber den</l><lb/> <l>tauſend</l><lb/> <l>Pfaden der gruͤnenden Erd', ihr goͤttergleichen Ge-</l><lb/> <l>ſtalten!</l><lb/> <l>Euch das ſuchende nie, und vernahm ich darum</l><lb/> <l>die Sprache,</l><lb/> <l>Darum die Sage von euch, daß immertrauernd</l><lb/> <l>die Seele</l><lb/> <l>Vor der Zeit mir hinab zu euern Schatten ent-</l><lb/> <l>fliehe?</l><lb/> <l>Aber naͤher zu euch, wo eure Haine noch wachſen,</l><lb/> <l>Wo ſein einſames Haupt in Wolken der heilige</l><lb/> <l>Berg huͤllt,</l><lb/> <l>Zum Parnaſſos will ich, und wenn im Dunkel</l><lb/> <l>der Eiche</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [173/0181]
Stolzer aus der Trauer empor und bluͤhte noch
lange,
Gott der Wogen und dir, und deine Lieblinge ſangen
Frohverſammelt noch oft am Vorgebirge den Dank
dir.
O die Kinder des Gluͤcks, die frommen! wandeln
ſie fern nun
Bei den Vaͤtern daheim, und der Schickſalstage
vergeſſen,
Druͤben am Letheſtrom, und bringt kein Sehnen
ſie wieder?
Sieht mein Auge ſie nie? ach! findet uͤber den
tauſend
Pfaden der gruͤnenden Erd', ihr goͤttergleichen Ge-
ſtalten!
Euch das ſuchende nie, und vernahm ich darum
die Sprache,
Darum die Sage von euch, daß immertrauernd
die Seele
Vor der Zeit mir hinab zu euern Schatten ent-
fliehe?
Aber naͤher zu euch, wo eure Haine noch wachſen,
Wo ſein einſames Haupt in Wolken der heilige
Berg huͤllt,
Zum Parnaſſos will ich, und wenn im Dunkel
der Eiche
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