Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Deine Weheklage der Fels, und öfters entflieht dir
Zürnend von Sterblichen weg die geflügelte Woge
zum Himmel.
Denn es leben mit dir die edlen Lieblinge immer,
Die dich geehrt, die einst mit den schönen Tem-
peln und Städten
Deine Gestade bekränzt, und immer suchen und
missen,
Immer bedürfen ja, wie Heroen den Kranz, die
geweihten
Elemente zum Ruhme das Herz der fühlenden
Menschen.

Sage, wo ist Athen? ist über den Urnen der
Meister
Deine Stadt, die geliebteste dir, an den heiligen
Ufern
Trauernder Gott, dir ganz in Asche zusammen
gesunken?
Oder ist noch ein Zeichen von ihr, daß etwa der
Schiffer,
Wenn er vorüber kömmt, sie nenn' und ihrer ge-
denke?
Stiegen dort die Säulen empor und leuchteten
dort nicht
Sonst vom Dache der Burg herab die Götterge-
stalten?

Deine Weheklage der Fels, und oͤfters entflieht dir
Zuͤrnend von Sterblichen weg die gefluͤgelte Woge
zum Himmel.
Denn es leben mit dir die edlen Lieblinge immer,
Die dich geehrt, die einſt mit den ſchoͤnen Tem-
peln und Staͤdten
Deine Geſtade bekraͤnzt, und immer ſuchen und
miſſen,
Immer beduͤrfen ja, wie Heroen den Kranz, die
geweihten
Elemente zum Ruhme das Herz der fuͤhlenden
Menſchen.

Sage, wo iſt Athen? iſt uͤber den Urnen der
Meiſter
Deine Stadt, die geliebteſte dir, an den heiligen
Ufern
Trauernder Gott, dir ganz in Aſche zuſammen
geſunken?
Oder iſt noch ein Zeichen von ihr, daß etwa der
Schiffer,
Wenn er voruͤber koͤmmt, ſie nenn' und ihrer ge-
denke?
Stiegen dort die Saͤulen empor und leuchteten
dort nicht
Sonſt vom Dache der Burg herab die Goͤtterge-
ſtalten?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="4">
            <pb facs="#f0171" n="163"/>
            <l>Deine Weheklage der Fels, und o&#x0364;fters entflieht dir</l><lb/>
            <l>Zu&#x0364;rnend von Sterblichen weg die geflu&#x0364;gelte Woge</l><lb/>
            <l>zum Himmel.</l><lb/>
            <l>Denn es leben mit dir die edlen Lieblinge immer,</l><lb/>
            <l>Die dich geehrt, die ein&#x017F;t mit den &#x017F;cho&#x0364;nen Tem-</l><lb/>
            <l>peln und Sta&#x0364;dten</l><lb/>
            <l>Deine Ge&#x017F;tade bekra&#x0364;nzt, und immer &#x017F;uchen und</l><lb/>
            <l>mi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Immer bedu&#x0364;rfen ja, wie Heroen den Kranz, die</l><lb/>
            <l>geweihten</l><lb/>
            <l>Elemente zum Ruhme das Herz der fu&#x0364;hlenden</l><lb/>
            <l>Men&#x017F;chen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Sage, wo i&#x017F;t Athen? i&#x017F;t u&#x0364;ber den Urnen der</l><lb/>
            <l>Mei&#x017F;ter</l><lb/>
            <l>Deine Stadt, die geliebte&#x017F;te dir, an den heiligen</l><lb/>
            <l>Ufern</l><lb/>
            <l>Trauernder Gott, dir ganz in A&#x017F;che zu&#x017F;ammen</l><lb/>
            <l>ge&#x017F;unken?</l><lb/>
            <l>Oder i&#x017F;t noch ein Zeichen von ihr, daß etwa der</l><lb/>
            <l>Schiffer,</l><lb/>
            <l>Wenn er voru&#x0364;ber ko&#x0364;mmt, &#x017F;ie nenn' und ihrer ge-</l><lb/>
            <l>denke?</l><lb/>
            <l>Stiegen dort die Sa&#x0364;ulen empor und leuchteten</l><lb/>
            <l>dort nicht</l><lb/>
            <l>Son&#x017F;t vom Dache der Burg herab die Go&#x0364;tterge-</l><lb/>
            <l>&#x017F;talten?</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0171] Deine Weheklage der Fels, und oͤfters entflieht dir Zuͤrnend von Sterblichen weg die gefluͤgelte Woge zum Himmel. Denn es leben mit dir die edlen Lieblinge immer, Die dich geehrt, die einſt mit den ſchoͤnen Tem- peln und Staͤdten Deine Geſtade bekraͤnzt, und immer ſuchen und miſſen, Immer beduͤrfen ja, wie Heroen den Kranz, die geweihten Elemente zum Ruhme das Herz der fuͤhlenden Menſchen. Sage, wo iſt Athen? iſt uͤber den Urnen der Meiſter Deine Stadt, die geliebteſte dir, an den heiligen Ufern Trauernder Gott, dir ganz in Aſche zuſammen geſunken? Oder iſt noch ein Zeichen von ihr, daß etwa der Schiffer, Wenn er voruͤber koͤmmt, ſie nenn' und ihrer ge- denke? Stiegen dort die Saͤulen empor und leuchteten dort nicht Sonſt vom Dache der Burg herab die Goͤtterge- ſtalten?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/171
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/171>, abgerufen am 24.11.2024.