Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.Himmlischer! sucht nicht dich mit ihren Augen die Himmliſcher! ſucht nicht dich mit ihren Augen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0164" n="156"/> <l>Himmliſcher! ſucht nicht dich mit ihren Augen die</l><lb/> <l>Pflanze,</l><lb/> <l>Streckt nach dir die ſchuͤchternen Arme der niedrige</l><lb/> <l>Strauch nicht?</l><lb/> <l>Daß er dich finde, zerbricht der gefangene Same</l><lb/> <l>die Huͤlſe;</l><lb/> <l>Daß er belebt von dir in deiner Welle ſich bade,</l><lb/> <l>Schuͤttelt der Wald den Schnee, wie ein uͤberlaͤſtig</l><lb/> <l>Gewand ab.</l><lb/> <l>Auch die Fiſche kommen herauf und huͤpfen ver-</l><lb/> <l>langend</l><lb/> <l>Ueber die glaͤnzende Flaͤche des Stroms, als be-</l><lb/> <l>gehrten auch dieſe</l><lb/> <l>Aus der Wiege zu dir; auch den edeln Thieren</l><lb/> <l>der Erde</l><lb/> <l>Wird zum Fluge der Schritt, wenn oft das ge-</l><lb/> <l>waltige Sehnen,</l><lb/> <l>Die geheime Liebe zu dir ſie ergreift, ſie hinauf-</l><lb/> <l>zieht.</l><lb/> <l>Stolz verachtet den Boden das Roß, wie gebogener</l><lb/> <l>Stahl ſtrebt</l><lb/> <l>In die Hoͤhe ſein Hals, mit der Hufe beruͤhrt</l><lb/> <l>es den Sand kaum.</l><lb/> <l>Wie zum Scherze, beruͤhrt der Fuß der Hirſche</l><lb/> <l>den Grashalm.</l><lb/> <l>Huͤpft, wie ein Zephyr, uͤber den Bach der reißend</l><lb/> <l>hinabſchaͤumt,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [156/0164]
Himmliſcher! ſucht nicht dich mit ihren Augen die
Pflanze,
Streckt nach dir die ſchuͤchternen Arme der niedrige
Strauch nicht?
Daß er dich finde, zerbricht der gefangene Same
die Huͤlſe;
Daß er belebt von dir in deiner Welle ſich bade,
Schuͤttelt der Wald den Schnee, wie ein uͤberlaͤſtig
Gewand ab.
Auch die Fiſche kommen herauf und huͤpfen ver-
langend
Ueber die glaͤnzende Flaͤche des Stroms, als be-
gehrten auch dieſe
Aus der Wiege zu dir; auch den edeln Thieren
der Erde
Wird zum Fluge der Schritt, wenn oft das ge-
waltige Sehnen,
Die geheime Liebe zu dir ſie ergreift, ſie hinauf-
zieht.
Stolz verachtet den Boden das Roß, wie gebogener
Stahl ſtrebt
In die Hoͤhe ſein Hals, mit der Hufe beruͤhrt
es den Sand kaum.
Wie zum Scherze, beruͤhrt der Fuß der Hirſche
den Grashalm.
Huͤpft, wie ein Zephyr, uͤber den Bach der reißend
hinabſchaͤumt,
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