Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

"In ihrem Fall der stille Römer sang, *)
"Noch hab' ich Einiges davon im Sinne.

"Klagt nicht mehr! kommt in neues Land! so
sagt' er.
"Der Ocean, der die Gefild' umschweift,
"Erwartet uns. Wir suchen selige
"Gefilde, reiche Inseln, wo der Boden
"Noch ungepflügt die Früchte jährlich giebt,
"Und unbeschnitten noch der Weinstock blüht,
"Wo der Olivenzweig nach Wunsche wächst,
"Und ihren Baum die Feige keimend schmückt,
"Wo Honig rinnt aus hohler Eich' und leicht
"Gewässer rauscht von Bergeshöhe. Noch Manches
"Bewundern werden wir, die Glücklichen.
"Es sparte für ein frommes Volk Saturnus Sohn
"Dieß Ufer auf, da er die goldne Zeit
"Mit Erze mischte. -- Lebe wohl, du Liebe!"
Der Edle fiel des Tags darauf im Treffen
Mit seiner Liebsten Einem, ruht mit ihm
In Einem Grab!
In deinem Schoose ruht
Er, schönes Korsika! und deine Wälder
*) Horaz Epod. 16, v. 39 sqq.

„In ihrem Fall der ſtille Roͤmer ſang, *)
„Noch hab' ich Einiges davon im Sinne.

„Klagt nicht mehr! kommt in neues Land! ſo
ſagt' er.
„Der Ocean, der die Gefild' umſchweift,
„Erwartet uns. Wir ſuchen ſelige
„Gefilde, reiche Inſeln, wo der Boden
„Noch ungepfluͤgt die Fruͤchte jaͤhrlich giebt,
„Und unbeſchnitten noch der Weinſtock bluͤht,
„Wo der Olivenzweig nach Wunſche waͤchſt,
„Und ihren Baum die Feige keimend ſchmuͤckt,
„Wo Honig rinnt aus hohler Eich' und leicht
„Gewaͤſſer rauſcht von Bergeshoͤhe. Noch Manches
„Bewundern werden wir, die Gluͤcklichen.
„Es ſparte fuͤr ein frommes Volk Saturnus Sohn
„Dieß Ufer auf, da er die goldne Zeit
„Mit Erze miſchte. — Lebe wohl, du Liebe!“
Der Edle fiel des Tags darauf im Treffen
Mit ſeiner Liebſten Einem, ruht mit ihm
In Einem Grab!
In deinem Schooſe ruht
Er, ſchoͤnes Korſika! und deine Waͤlder
*) Horaz Epod. 16, v. 39 sqq.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="13">
              <pb facs="#f0100" n="92"/>
              <l>&#x201E;In ihrem Fall der &#x017F;tille Ro&#x0364;mer &#x017F;ang, <note place="foot" n="*)">Horaz <hi rendition="#aq">Epod. 16, v. 39 sqq.</hi></note></l><lb/>
              <l>&#x201E;Noch hab' ich Einiges davon im Sinne.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>&#x201E;Klagt nicht mehr! kommt in neues Land! &#x017F;o</l><lb/>
              <l>&#x017F;agt' er.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der Ocean, der die Gefild' um&#x017F;chweift,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Erwartet uns. Wir &#x017F;uchen &#x017F;elige</l><lb/>
              <l>&#x201E;Gefilde, reiche In&#x017F;eln, wo der Boden</l><lb/>
              <l>&#x201E;Noch ungepflu&#x0364;gt die Fru&#x0364;chte ja&#x0364;hrlich giebt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und unbe&#x017F;chnitten noch der Wein&#x017F;tock blu&#x0364;ht,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wo der Olivenzweig nach Wun&#x017F;che wa&#x0364;ch&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und ihren Baum die Feige keimend &#x017F;chmu&#x0364;ckt,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wo Honig rinnt aus hohler Eich' und leicht</l><lb/>
              <l>&#x201E;Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er rau&#x017F;cht von Bergesho&#x0364;he. Noch Manches</l><lb/>
              <l>&#x201E;Bewundern werden wir, die Glu&#x0364;cklichen.</l><lb/>
              <l>&#x201E;Es &#x017F;parte fu&#x0364;r ein frommes Volk Saturnus Sohn</l><lb/>
              <l>&#x201E;Dieß Ufer auf, da er die goldne Zeit</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mit Erze mi&#x017F;chte. &#x2014; Lebe wohl, du Liebe!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Der Edle fiel des Tags darauf im Treffen</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;einer Lieb&#x017F;ten Einem, ruht mit ihm</l><lb/>
              <l>In Einem Grab!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="16">
              <l>In deinem Schoo&#x017F;e ruht</l><lb/>
              <l>Er, &#x017F;cho&#x0364;nes Kor&#x017F;ika! und deine Wa&#x0364;lder</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0100] „In ihrem Fall der ſtille Roͤmer ſang, *) „Noch hab' ich Einiges davon im Sinne. „Klagt nicht mehr! kommt in neues Land! ſo ſagt' er. „Der Ocean, der die Gefild' umſchweift, „Erwartet uns. Wir ſuchen ſelige „Gefilde, reiche Inſeln, wo der Boden „Noch ungepfluͤgt die Fruͤchte jaͤhrlich giebt, „Und unbeſchnitten noch der Weinſtock bluͤht, „Wo der Olivenzweig nach Wunſche waͤchſt, „Und ihren Baum die Feige keimend ſchmuͤckt, „Wo Honig rinnt aus hohler Eich' und leicht „Gewaͤſſer rauſcht von Bergeshoͤhe. Noch Manches „Bewundern werden wir, die Gluͤcklichen. „Es ſparte fuͤr ein frommes Volk Saturnus Sohn „Dieß Ufer auf, da er die goldne Zeit „Mit Erze miſchte. — Lebe wohl, du Liebe!“ Der Edle fiel des Tags darauf im Treffen Mit ſeiner Liebſten Einem, ruht mit ihm In Einem Grab! In deinem Schooſe ruht Er, ſchoͤnes Korſika! und deine Waͤlder *) Horaz Epod. 16, v. 39 sqq.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/100
Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/100>, abgerufen am 22.11.2024.