Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.treibt sie zurück, dringt durch die Thür auf die Straße, wüthet wie der eingefleischte Teufel immer weiter, achtet nicht der Stiche, der Stöße und Schläge, die von allen Seiten auf ihn hageln, nicht des Bluts, des eigenen und fremden, das ihn dampfend umspritzt. Er, der eine junge Kerl, schlägt sich gegen zehn, zwanzig, dreißig, gegen die ganze Compagnie, was weiß ich! Er jagt sie beinah in die Flucht, denn rund herum drängen sie sich, wehren sie sich, verletzen sich selbst, und die Haare steigen ihnen zu Berge, denn er rast, er ist wahnsinnig, ja; aber er ist ein Held, ein Held! Er allein, er allein, je länger, desto kräftiger, immer weiter durch die Masse, über Leichen, durch das Blut -- Jesus! mein Gott! schreit der Tambour und springt auf und wirft bei der Erzählung des rasenden Kampfes selbst wie rasend die geballten Fäuste gen Himmel -- Jesus! mein Gott! so kämpft er, der Eine, er allein, Rolof, allein, er, mein Herzblatt! Und Alles schlägt auf ihn, und kein Satan steht ihm bei! Und ich alter, tauber, stumpfer Hund sitze zehn Meilen davon, denke mir das Alles, Alles! -- und fliege nicht herbei, um mit ihm zu siegen, zu sterben! Der Alte bricht plötzlich ab, als ob ihm jetzt die Besinnung wieder käme, er setzt sich langsam nieder, er stützt den Kopf auf den Tisch mit einer harten, eckigen Bewegung und schweigt eine lange Weile, ohne daß seine bewegten Zuhörer ihn zu stören wagen. Als er dann nach einiger Zeit das Gesicht wieder erhebt, treibt sie zurück, dringt durch die Thür auf die Straße, wüthet wie der eingefleischte Teufel immer weiter, achtet nicht der Stiche, der Stöße und Schläge, die von allen Seiten auf ihn hageln, nicht des Bluts, des eigenen und fremden, das ihn dampfend umspritzt. Er, der eine junge Kerl, schlägt sich gegen zehn, zwanzig, dreißig, gegen die ganze Compagnie, was weiß ich! Er jagt sie beinah in die Flucht, denn rund herum drängen sie sich, wehren sie sich, verletzen sich selbst, und die Haare steigen ihnen zu Berge, denn er rast, er ist wahnsinnig, ja; aber er ist ein Held, ein Held! Er allein, er allein, je länger, desto kräftiger, immer weiter durch die Masse, über Leichen, durch das Blut — Jesus! mein Gott! schreit der Tambour und springt auf und wirft bei der Erzählung des rasenden Kampfes selbst wie rasend die geballten Fäuste gen Himmel — Jesus! mein Gott! so kämpft er, der Eine, er allein, Rolof, allein, er, mein Herzblatt! Und Alles schlägt auf ihn, und kein Satan steht ihm bei! Und ich alter, tauber, stumpfer Hund sitze zehn Meilen davon, denke mir das Alles, Alles! — und fliege nicht herbei, um mit ihm zu siegen, zu sterben! Der Alte bricht plötzlich ab, als ob ihm jetzt die Besinnung wieder käme, er setzt sich langsam nieder, er stützt den Kopf auf den Tisch mit einer harten, eckigen Bewegung und schweigt eine lange Weile, ohne daß seine bewegten Zuhörer ihn zu stören wagen. Als er dann nach einiger Zeit das Gesicht wieder erhebt, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0054"/> treibt sie zurück, dringt durch die Thür auf die Straße, wüthet wie der eingefleischte Teufel immer weiter, achtet nicht der Stiche, der Stöße und Schläge, die von allen Seiten auf ihn hageln, nicht des Bluts, des eigenen und fremden, das ihn dampfend umspritzt. Er, der eine junge Kerl, schlägt sich gegen zehn, zwanzig, dreißig, gegen die ganze Compagnie, was weiß ich! Er jagt sie beinah in die Flucht, denn rund herum drängen sie sich, wehren sie sich, verletzen sich selbst, und die Haare steigen ihnen zu Berge, denn er rast, er ist wahnsinnig, ja; aber er ist ein Held, ein Held! Er allein, er allein, je länger, desto kräftiger, immer weiter durch die Masse, über Leichen, durch das Blut — Jesus! mein Gott! schreit der Tambour und springt auf und wirft bei der Erzählung des rasenden Kampfes selbst wie rasend die geballten Fäuste gen Himmel — Jesus! mein Gott! so kämpft er, der Eine, er allein, Rolof, allein, er, mein Herzblatt! Und Alles schlägt auf ihn, und kein Satan steht ihm bei! Und ich alter, tauber, stumpfer Hund sitze zehn Meilen davon, denke mir das Alles, Alles! — und fliege nicht herbei, um mit ihm zu siegen, zu sterben!</p><lb/> <p>Der Alte bricht plötzlich ab, als ob ihm jetzt die Besinnung wieder käme, er setzt sich langsam nieder, er stützt den Kopf auf den Tisch mit einer harten, eckigen Bewegung und schweigt eine lange Weile, ohne daß seine bewegten Zuhörer ihn zu stören wagen. Als er dann nach einiger Zeit das Gesicht wieder erhebt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0054]
treibt sie zurück, dringt durch die Thür auf die Straße, wüthet wie der eingefleischte Teufel immer weiter, achtet nicht der Stiche, der Stöße und Schläge, die von allen Seiten auf ihn hageln, nicht des Bluts, des eigenen und fremden, das ihn dampfend umspritzt. Er, der eine junge Kerl, schlägt sich gegen zehn, zwanzig, dreißig, gegen die ganze Compagnie, was weiß ich! Er jagt sie beinah in die Flucht, denn rund herum drängen sie sich, wehren sie sich, verletzen sich selbst, und die Haare steigen ihnen zu Berge, denn er rast, er ist wahnsinnig, ja; aber er ist ein Held, ein Held! Er allein, er allein, je länger, desto kräftiger, immer weiter durch die Masse, über Leichen, durch das Blut — Jesus! mein Gott! schreit der Tambour und springt auf und wirft bei der Erzählung des rasenden Kampfes selbst wie rasend die geballten Fäuste gen Himmel — Jesus! mein Gott! so kämpft er, der Eine, er allein, Rolof, allein, er, mein Herzblatt! Und Alles schlägt auf ihn, und kein Satan steht ihm bei! Und ich alter, tauber, stumpfer Hund sitze zehn Meilen davon, denke mir das Alles, Alles! — und fliege nicht herbei, um mit ihm zu siegen, zu sterben!
Der Alte bricht plötzlich ab, als ob ihm jetzt die Besinnung wieder käme, er setzt sich langsam nieder, er stützt den Kopf auf den Tisch mit einer harten, eckigen Bewegung und schweigt eine lange Weile, ohne daß seine bewegten Zuhörer ihn zu stören wagen. Als er dann nach einiger Zeit das Gesicht wieder erhebt,
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Zitationshilfe: | Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/54>, abgerufen am 16.07.2024. |