Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

dumm, er muß böse Folgen haben, und was passirt, Jan, es komme über Euern Tollkopf. -- Verdamm' Eure Augen! ja, über meinen Kopf! versetzte der Schwarze finster und drohend. Trag's schon und will sehen, wer mir entgegen ist. Damit schob er die Hände in die Hosen und ging an Bord. Rolof suchte mich zu begütigen, Mutter und Schwester baten, allein am folgenden Morgen brach ich auf. Ich war toll vor Wuth über die Dummheit dieser Bestie von Holländer und vor Angst über die Zukunft. Denn ich sah ja offenbar, daß es nicht gut werden konnte. Und ich liebte den Rolof, -- ich liebte ihn!

Es verging ein Jahr und wieder eins, der Rolof kam nicht; aber ich vergaß jenes Abends nicht und auch nicht unserer Reden, obgleich mir die damaligen Begebnisse wenig Zeit zum Erinnern übrig ließen. Wenn ihr in den Zeitläuften bewandert seid, müßt ihr wissen, daß Anno fünf die Franzosen gegen Oesterreich und Rußland schlugen, und daß auch unsere Armee mobil gemacht wurde. Indessen kamen wir M--schen Musketiere nicht zum Heer, vielmehr wurden wir schon gegen Ansang Sommers von --g fort und nach und nach immer tiefer ins Land hinein verlegt, bis wir zum September in die hiesige Gegend rückten, wo sich ein kleines Observationscorps formiren sollte. Wir bekamen unsere Quartiere in dieser Stadt; der Major vom zweiten Bataillon hatte seine Wohnung im Hause da, und ich, als Stabstambour, wohnte

dumm, er muß böse Folgen haben, und was passirt, Jan, es komme über Euern Tollkopf. — Verdamm' Eure Augen! ja, über meinen Kopf! versetzte der Schwarze finster und drohend. Trag's schon und will sehen, wer mir entgegen ist. Damit schob er die Hände in die Hosen und ging an Bord. Rolof suchte mich zu begütigen, Mutter und Schwester baten, allein am folgenden Morgen brach ich auf. Ich war toll vor Wuth über die Dummheit dieser Bestie von Holländer und vor Angst über die Zukunft. Denn ich sah ja offenbar, daß es nicht gut werden konnte. Und ich liebte den Rolof, — ich liebte ihn!

Es verging ein Jahr und wieder eins, der Rolof kam nicht; aber ich vergaß jenes Abends nicht und auch nicht unserer Reden, obgleich mir die damaligen Begebnisse wenig Zeit zum Erinnern übrig ließen. Wenn ihr in den Zeitläuften bewandert seid, müßt ihr wissen, daß Anno fünf die Franzosen gegen Oesterreich und Rußland schlugen, und daß auch unsere Armee mobil gemacht wurde. Indessen kamen wir M—schen Musketiere nicht zum Heer, vielmehr wurden wir schon gegen Ansang Sommers von —g fort und nach und nach immer tiefer ins Land hinein verlegt, bis wir zum September in die hiesige Gegend rückten, wo sich ein kleines Observationscorps formiren sollte. Wir bekamen unsere Quartiere in dieser Stadt; der Major vom zweiten Bataillon hatte seine Wohnung im Hause da, und ich, als Stabstambour, wohnte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0023"/>
dumm, er muß böse Folgen                     haben, und was passirt, Jan, es komme über Euern Tollkopf. &#x2014; Verdamm' Eure                     Augen! ja, über meinen Kopf! versetzte der Schwarze finster und drohend. Trag's                     schon und will sehen, wer mir entgegen ist. Damit schob er die Hände in die                     Hosen und ging an Bord. Rolof suchte mich zu begütigen, Mutter und Schwester                     baten, allein am folgenden Morgen brach ich auf. Ich war toll vor Wuth über die                     Dummheit dieser Bestie von Holländer und vor Angst über die Zukunft. Denn ich                     sah ja offenbar, daß es nicht gut werden konnte. Und ich liebte den Rolof, &#x2014; ich                     liebte ihn!</p><lb/>
        <p>Es verging ein Jahr und wieder eins, der Rolof kam nicht; aber ich vergaß jenes                     Abends nicht und auch nicht unserer Reden, obgleich mir die damaligen Begebnisse                     wenig Zeit zum Erinnern übrig ließen. Wenn ihr in den Zeitläuften bewandert                     seid, müßt ihr wissen, daß Anno fünf die Franzosen gegen Oesterreich und Rußland                     schlugen, und daß auch unsere Armee mobil gemacht wurde. Indessen kamen wir                     M&#x2014;schen Musketiere nicht zum Heer, vielmehr wurden wir schon gegen Ansang                     Sommers von &#x2014;g fort und nach und nach immer tiefer ins Land hinein verlegt, bis                     wir zum September in die hiesige Gegend rückten, wo sich ein kleines                     Observationscorps formiren sollte. Wir bekamen unsere Quartiere in dieser Stadt;                     der Major vom zweiten Bataillon hatte seine Wohnung im Hause da, und ich, als                     Stabstambour, wohnte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0023] dumm, er muß böse Folgen haben, und was passirt, Jan, es komme über Euern Tollkopf. — Verdamm' Eure Augen! ja, über meinen Kopf! versetzte der Schwarze finster und drohend. Trag's schon und will sehen, wer mir entgegen ist. Damit schob er die Hände in die Hosen und ging an Bord. Rolof suchte mich zu begütigen, Mutter und Schwester baten, allein am folgenden Morgen brach ich auf. Ich war toll vor Wuth über die Dummheit dieser Bestie von Holländer und vor Angst über die Zukunft. Denn ich sah ja offenbar, daß es nicht gut werden konnte. Und ich liebte den Rolof, — ich liebte ihn! Es verging ein Jahr und wieder eins, der Rolof kam nicht; aber ich vergaß jenes Abends nicht und auch nicht unserer Reden, obgleich mir die damaligen Begebnisse wenig Zeit zum Erinnern übrig ließen. Wenn ihr in den Zeitläuften bewandert seid, müßt ihr wissen, daß Anno fünf die Franzosen gegen Oesterreich und Rußland schlugen, und daß auch unsere Armee mobil gemacht wurde. Indessen kamen wir M—schen Musketiere nicht zum Heer, vielmehr wurden wir schon gegen Ansang Sommers von —g fort und nach und nach immer tiefer ins Land hinein verlegt, bis wir zum September in die hiesige Gegend rückten, wo sich ein kleines Observationscorps formiren sollte. Wir bekamen unsere Quartiere in dieser Stadt; der Major vom zweiten Bataillon hatte seine Wohnung im Hause da, und ich, als Stabstambour, wohnte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T11:37:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T11:37:13Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/23
Zitationshilfe: Hoefer, Edmund: Rolof, der Rekrut. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoefer_rekrut_1910/23>, abgerufen am 24.11.2024.