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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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lichen Umgange mit guten Menschen, versetzte
mich in eine größere Verbindung, wo man die
Freuden, wie die Münze, unter dem Gepräge
des konventionellen Anstandes, verspendet, wo
ich vergebens suche was ich dort zurück ließ --
Fröhlichkeit. Sie mag vielleicht auch hier zu-
finden seyn, aber unter einem Gewande, das
ich nicht kenne. O! eine theilnehmende Seele,
die Wahrheit giebt und Wahrheit sucht, wie
viel ist sie nicht werth! Aber wie unglücklich ist
sie auch, wenn sie Wahrheit giebt, und keine
wieder findet! Die natürlichste Folge ist eine Dis-
harmonie der Empfindungen. Jch muß hier auf
einige Augenblicke abbrechen; ich fühle, daß mei-
ne Empfindungen selbst so disharmonisch sind,
daß ich erst eine reine Stimmung hineinhrin-
gen muß.

Jch wollte mich heute mit Jhnen über eine
ganz andere Materie unterhalten, Sie sehen
aber, daß ich unwilkührlich in den vorigen Zeilen,
auf den Gegenstand unserer letzten Unterredung
mit der guten M. ... gekommen bin, die so
schnell unterbrochen wurde. Ob ich sie wieder
anknüpfe die Fäden dieser Unterredung? Doch
Sie kann nicht mehr Theil daran nehmen, und
wir waren ja schon einverstanden. Mein Herz
spricht die reinste Hochachtung für Sie.



lichen Umgange mit guten Menſchen, verſetzte
mich in eine groͤßere Verbindung, wo man die
Freuden, wie die Muͤnze, unter dem Gepraͤge
des konventionellen Anſtandes, verſpendet, wo
ich vergebens ſuche was ich dort zuruͤck ließ —
Froͤhlichkeit. Sie mag vielleicht auch hier zu-
finden ſeyn, aber unter einem Gewande, das
ich nicht kenne. O! eine theilnehmende Seele,
die Wahrheit giebt und Wahrheit ſucht, wie
viel iſt ſie nicht werth! Aber wie ungluͤcklich iſt
ſie auch, wenn ſie Wahrheit giebt, und keine
wieder findet! Die natuͤrlichſte Folge iſt eine Dis-
harmonie der Empfindungen. Jch muß hier auf
einige Augenblicke abbrechen; ich fuͤhle, daß mei-
ne Empfindungen ſelbſt ſo disharmoniſch ſind,
daß ich erſt eine reine Stimmung hineinhrin-
gen muß.

Jch wollte mich heute mit Jhnen uͤber eine
ganz andere Materie unterhalten, Sie ſehen
aber, daß ich unwilkuͤhrlich in den vorigen Zeilen,
auf den Gegenſtand unſerer letzten Unterredung
mit der guten M. … gekommen bin, die ſo
ſchnell unterbrochen wurde. Ob ich ſie wieder
anknuͤpfe die Faͤden dieſer Unterredung? Doch
Sie kann nicht mehr Theil daran nehmen, und
wir waren ja ſchon einverſtanden. Mein Herz
ſpricht die reinſte Hochachtung fuͤr Sie.



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[5/0005] lichen Umgange mit guten Menſchen, verſetzte mich in eine groͤßere Verbindung, wo man die Freuden, wie die Muͤnze, unter dem Gepraͤge des konventionellen Anſtandes, verſpendet, wo ich vergebens ſuche was ich dort zuruͤck ließ — Froͤhlichkeit. Sie mag vielleicht auch hier zu- finden ſeyn, aber unter einem Gewande, das ich nicht kenne. O! eine theilnehmende Seele, die Wahrheit giebt und Wahrheit ſucht, wie viel iſt ſie nicht werth! Aber wie ungluͤcklich iſt ſie auch, wenn ſie Wahrheit giebt, und keine wieder findet! Die natuͤrlichſte Folge iſt eine Dis- harmonie der Empfindungen. Jch muß hier auf einige Augenblicke abbrechen; ich fuͤhle, daß mei- ne Empfindungen ſelbſt ſo disharmoniſch ſind, daß ich erſt eine reine Stimmung hineinhrin- gen muß. Jch wollte mich heute mit Jhnen uͤber eine ganz andere Materie unterhalten, Sie ſehen aber, daß ich unwilkuͤhrlich in den vorigen Zeilen, auf den Gegenſtand unſerer letzten Unterredung mit der guten M. … gekommen bin, die ſo ſchnell unterbrochen wurde. Ob ich ſie wieder anknuͤpfe die Faͤden dieſer Unterredung? Doch Sie kann nicht mehr Theil daran nehmen, und wir waren ja ſchon einverſtanden. Mein Herz ſpricht die reinſte Hochachtung fuͤr Sie.

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/5>, abgerufen am 20.04.2024.