Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.nicht ein neues Winzermesser Einhalt thut. Wenn man die Schriften ansiehet, die nicht ein neues Winzermeſſer Einhalt thut. Wenn man die Schriften anſiehet, die <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="15"/> nicht ein neues Winzermeſſer Einhalt thut.<lb/> Es gab immer bey den guten Schriftſtellern<lb/> auch ſchlechte, und die Modelektuͤre unterſchied<lb/> ſich immer von der nuͤtzlichen, aber nie war der<lb/> Unterſchied ſo groß als jetzt. Der Geſchmack<lb/> der Leſer ſchweifte immer aus, aber noch nie war<lb/> er auf einen ſolchen Weg gekommen, als jetzt.<lb/> Romane machten immer einen Theil der ſchoͤ-<lb/> nen Litteratur aus, aber nie erweiterte ſich<lb/> derſelbe zum Nachtheil der andern ſo ſehr, als<lb/> in unſern Zeiten. Man faͤllt von einem Gegen-<lb/> ſtande auf den andern, und der Ueberdruß bei-<lb/> der fuͤhrt den Dritten herbei. Man treibt ſich<lb/> in der Leſerei herum und findet noch keinen<lb/> feſten Punkt zum ſtehen, Wo dieſer endlich ſeyn<lb/> wird? vielleicht im andern Extrem.</p><lb/> <p>Wenn man die Schriften anſiehet, die<lb/> ohngefaͤhr ſeit zwanzig Jahren unter den Mo-<lb/> deleſern graßirten, und nun leere Plaͤtze in den<lb/> Bibliotheken ausfuͤllen: ſo wird man die Perio-<lb/> de der Genien, der Empfindſamkeit oder Em-<lb/> pfindelei, die ſo gar auf die Kleidermoden Ein-<lb/> fluß hatte, nicht verkennen. Jhr ganzes Ver<lb/> dienſt beſtand darin, daß ſie die Koͤpfe verwirr<lb/> ten, und die Herzen in Weichlichkeit verſenkten.<lb/> Es wurde mehr geſeuftzt, geweint, gegirrt, als<lb/> gedacht und geſprochen. Ein Bluͤmchen am<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0015]
nicht ein neues Winzermeſſer Einhalt thut.
Es gab immer bey den guten Schriftſtellern
auch ſchlechte, und die Modelektuͤre unterſchied
ſich immer von der nuͤtzlichen, aber nie war der
Unterſchied ſo groß als jetzt. Der Geſchmack
der Leſer ſchweifte immer aus, aber noch nie war
er auf einen ſolchen Weg gekommen, als jetzt.
Romane machten immer einen Theil der ſchoͤ-
nen Litteratur aus, aber nie erweiterte ſich
derſelbe zum Nachtheil der andern ſo ſehr, als
in unſern Zeiten. Man faͤllt von einem Gegen-
ſtande auf den andern, und der Ueberdruß bei-
der fuͤhrt den Dritten herbei. Man treibt ſich
in der Leſerei herum und findet noch keinen
feſten Punkt zum ſtehen, Wo dieſer endlich ſeyn
wird? vielleicht im andern Extrem.
Wenn man die Schriften anſiehet, die
ohngefaͤhr ſeit zwanzig Jahren unter den Mo-
deleſern graßirten, und nun leere Plaͤtze in den
Bibliotheken ausfuͤllen: ſo wird man die Perio-
de der Genien, der Empfindſamkeit oder Em-
pfindelei, die ſo gar auf die Kleidermoden Ein-
fluß hatte, nicht verkennen. Jhr ganzes Ver
dienſt beſtand darin, daß ſie die Koͤpfe verwirr
ten, und die Herzen in Weichlichkeit verſenkten.
Es wurde mehr geſeuftzt, geweint, gegirrt, als
gedacht und geſprochen. Ein Bluͤmchen am
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