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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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zu thun. Wer nach den ersten handelt, kann
eine starke Seele, und wer nach den letzten han-
delt, ein großer Geist genant werden.

Es ist möglich eine große, wichtige Hand-
lung zu überdenken ohne die besten Absichten und
Mittel, dann fehlt ihr aber die Moralität. Der
abscheulichste Räuber, die Greuelscenen der Vehm-
gerichte u. s. w. können auch eine gewisse
physische Größe haben, verdienen sie aber des-
wegen Bewunderung und Verehrung? Manche
Handlungen können zwar bei ihrer physischen Größe
so gut wie gewisse Gesinnungen, etwas morali-
sches haben, aber es fehlt ihnen die Würde, in-
dem man entweder nicht alle Bestimmnngsgrün-
de des Willens siehet, oder sie nicht alle billigen
kann. Man kann sie nur in den Handlungen
und Gesinnungen erkennen, die der Handelnde
ausdrückt. Je mehr Hindernisse im Wege ste-
hen desto größer erscheinen sie.

Suchen Sie einmal in den Rittergeschichten
oder in den übrigen Modebüchern einen Charakter,
der ganz nach moralischer Größe handelte, oder
auf den auch nur die physische ganz anwendbar
wäre, und von dem man wiederum einen solchen
Einfluß auf die Leser erwarten könnte. Verdient
die moralische, oder physische Größe mehr Be-
wunderung? Es ist nicht einmal gut möglich

zu thun. Wer nach den erſten handelt, kann
eine ſtarke Seele, und wer nach den letzten han-
delt, ein großer Geiſt genant werden.

Es iſt moͤglich eine große, wichtige Hand-
lung zu uͤberdenken ohne die beſten Abſichten und
Mittel, dann fehlt ihr aber die Moralitaͤt. Der
abſcheulichſte Raͤuber, die Greuelſcenen der Vehm-
gerichte u. ſ. w. koͤnnen auch eine gewiſſe
phyſiſche Groͤße haben, verdienen ſie aber des-
wegen Bewunderung und Verehrung? Manche
Handlungen koͤnnen zwar bei ihrer phyſiſchen Groͤße
ſo gut wie gewiſſe Geſinnungen, etwas morali-
ſches haben, aber es fehlt ihnen die Wuͤrde, in-
dem man entweder nicht alle Beſtimmnngsgruͤn-
de des Willens ſiehet, oder ſie nicht alle billigen
kann. Man kann ſie nur in den Handlungen
und Geſinnungen erkennen, die der Handelnde
ausdruͤckt. Je mehr Hinderniſſe im Wege ſte-
hen deſto groͤßer erſcheinen ſie.

Suchen Sie einmal in den Rittergeſchichten
oder in den uͤbrigen Modebuͤchern einen Charakter,
der ganz nach moraliſcher Groͤße handelte, oder
auf den auch nur die phyſiſche ganz anwendbar
waͤre, und von dem man wiederum einen ſolchen
Einfluß auf die Leſer erwarten koͤnnte. Verdient
die moraliſche, oder phyſiſche Groͤße mehr Be-
wunderung? Es iſt nicht einmal gut moͤglich

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[141/0141] zu thun. Wer nach den erſten handelt, kann eine ſtarke Seele, und wer nach den letzten han- delt, ein großer Geiſt genant werden. Es iſt moͤglich eine große, wichtige Hand- lung zu uͤberdenken ohne die beſten Abſichten und Mittel, dann fehlt ihr aber die Moralitaͤt. Der abſcheulichſte Raͤuber, die Greuelſcenen der Vehm- gerichte u. ſ. w. koͤnnen auch eine gewiſſe phyſiſche Groͤße haben, verdienen ſie aber des- wegen Bewunderung und Verehrung? Manche Handlungen koͤnnen zwar bei ihrer phyſiſchen Groͤße ſo gut wie gewiſſe Geſinnungen, etwas morali- ſches haben, aber es fehlt ihnen die Wuͤrde, in- dem man entweder nicht alle Beſtimmnngsgruͤn- de des Willens ſiehet, oder ſie nicht alle billigen kann. Man kann ſie nur in den Handlungen und Geſinnungen erkennen, die der Handelnde ausdruͤckt. Je mehr Hinderniſſe im Wege ſte- hen deſto groͤßer erſcheinen ſie. Suchen Sie einmal in den Rittergeſchichten oder in den uͤbrigen Modebuͤchern einen Charakter, der ganz nach moraliſcher Groͤße handelte, oder auf den auch nur die phyſiſche ganz anwendbar waͤre, und von dem man wiederum einen ſolchen Einfluß auf die Leſer erwarten koͤnnte. Verdient die moraliſche, oder phyſiſche Groͤße mehr Be- wunderung? Es iſt nicht einmal gut moͤglich

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/141>, abgerufen am 24.11.2024.