Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.Stimmung des Lesers. Die Schilderung der Daß diese Bilder nach der Denkungsart, Stimmung des Leſers. Die Schilderung der Daß dieſe Bilder nach der Denkungsart, <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="100"/> Stimmung des Leſers. Die Schilderung der<lb/> Wolluſt, laͤßt Bilder zuruͤck, deren Lebhaftig-<lb/> keit ſich nach der Staͤrke der Ausdruͤcke richtet;<lb/><hi rendition="#fr">die Einbildungskraft</hi> ergaͤnzt was der Spra-<lb/> che abgeht, ihre ſchoͤpferiſche Kraft ſpekulirt in dem<lb/> Reiche der Moͤglichkeit, und bleibt bei dem ſte-<lb/> hen, was den groͤſten Reiz hat, und die<lb/> Nerven am angenehmſten ruͤhrt. Die Schilde-<lb/> rung der Tugend laͤßt gleichfalls Bilder zuruͤck,<lb/> deren Lebhaftigkeit und Staͤrke aber nicht ſo<lb/> wohl von der Einbildungskraft, als vielmehr von<lb/> einer hoͤhern Tendenz der Seelenkraͤft abhaͤn-<lb/> gen, und daher immer ſchwaͤcher werden muͤſ-<lb/> ſen je mehr ſie mit einer Leidenſchaft in Colli-<lb/> ſion kommen, die eine gewiſſe Herrſchaft uͤber<lb/> das Jdeenreich ausuͤbt.</p><lb/> <p>Daß dieſe Bilder nach der Denkungsart,<lb/> Organiſation und der davon abhaͤngenden Staͤr-<lb/> ke oder Schwaͤche der Leidenſchaften Eindruck<lb/> machen, ergibt ſich von ſelbſt. Die Bilder der<lb/> Tugend ſind gewoͤhnlich in der Vergleichung<lb/> mit denen des Laſters die ſchwaͤchſten, weil ſie<lb/> der Einbildungskraft nicht ſo ſchmeicheln, als<lb/> dieſe, die in der Vermiſchung der Jdeen lauter<lb/> ſinnliche Gefuͤhle geben, die keine Aufopferung<lb/> fordern, jene hingegen ſind an Widerſtand<lb/> gebunden und mit Einſchraͤnkung umgeben.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0100]
Stimmung des Leſers. Die Schilderung der
Wolluſt, laͤßt Bilder zuruͤck, deren Lebhaftig-
keit ſich nach der Staͤrke der Ausdruͤcke richtet;
die Einbildungskraft ergaͤnzt was der Spra-
che abgeht, ihre ſchoͤpferiſche Kraft ſpekulirt in dem
Reiche der Moͤglichkeit, und bleibt bei dem ſte-
hen, was den groͤſten Reiz hat, und die
Nerven am angenehmſten ruͤhrt. Die Schilde-
rung der Tugend laͤßt gleichfalls Bilder zuruͤck,
deren Lebhaftigkeit und Staͤrke aber nicht ſo
wohl von der Einbildungskraft, als vielmehr von
einer hoͤhern Tendenz der Seelenkraͤft abhaͤn-
gen, und daher immer ſchwaͤcher werden muͤſ-
ſen je mehr ſie mit einer Leidenſchaft in Colli-
ſion kommen, die eine gewiſſe Herrſchaft uͤber
das Jdeenreich ausuͤbt.
Daß dieſe Bilder nach der Denkungsart,
Organiſation und der davon abhaͤngenden Staͤr-
ke oder Schwaͤche der Leidenſchaften Eindruck
machen, ergibt ſich von ſelbſt. Die Bilder der
Tugend ſind gewoͤhnlich in der Vergleichung
mit denen des Laſters die ſchwaͤchſten, weil ſie
der Einbildungskraft nicht ſo ſchmeicheln, als
dieſe, die in der Vermiſchung der Jdeen lauter
ſinnliche Gefuͤhle geben, die keine Aufopferung
fordern, jene hingegen ſind an Widerſtand
gebunden und mit Einſchraͤnkung umgeben.
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