Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hobrecht, James: Über die Vorbildung für den Besuch des Polytechnikums. Berlin, 1878.

Bild:
<< vorherige Seite

neuere Zeit, allerdings in steigender Progression, einige gereift hat,
bei der fast mehr als bescheidenen Besoldung und Honorirung
Angesichts der Verantwortlichkeit, die uns zufällt, das technische
Leistungsvermögen unseres Berufs entwickelt hat, die Stufe,
auf der wir im Hochbau, im Bau-Ingenieurwesen stehen, die Achtung,
welche wir uns in der treuen und gewissenhaften Verwaltung der
unserer Disposition unterstellten Bauten und Bausummen verschafft
haben, der Einfluss, den wir uns, kraft unserer wissenschaftlichen
Vorbildung in den eigentlichen Verwaltungskreisen gesichert haben,
verdient und geniesst, wie ich denke, volle Anerkennung; steht unser
Eisenbahnwesen etwa auf einer niedrigern Stufe in technischer Bezie¬
hung? haben unsere Hochbauer nicht von dem Augenblicke an, als
ihnen in nennenswerthem Maasse Aufgaben zu öffentlichen und
Privat-Bauten zufielen, ihre Leistungsfähigkeit in bester Weise und,
wir dürfen wohl sagen, in schnellerem Tempo entwickelt, als ihnen
Aufgaben gestellt wurden?

Gefällt das eine oder das andere nicht, so möge man sich des
richtigen Sprüchwortes erinnern, dass über den Geschmack schwer
zu disputiren ist, auch möge man zugeben, dass manche Aufgabe
wohl nicht immer der richtigen Persönlichkeit gestellt sei, aber an
vorhandenen Männern, welche der Aufgabe gewachsen wären, hat
es wohl nicht gefehlt.

Warum also ändern, warum herabdrücken wollen? Wenn es
einer Aenderung bedarf, so kann diese meines Erachtens nur darin
bestehen, dass die wissenschaftlichen Anforderungen, bezüglich
der Vorbildung, verschärft und nicht herabgedrückt werden, es wird
dadurch am ehesten vielleicht mancher gelegentlich gehörten Klage
über Zurücksetzung unseres Standes aus unseren eigenen Kreisen
ein Ende gemacht werden können.

Die Forderung der Conferenz vom 3. August c. ist aber eine
solche Herabdrückung.

Ich werde das in der Folge beweisen, möchte hier aber vor¬
erst von einer Richtung sprechen, welche, wie mir scheint, das
Vorgehen der Conferenz unterstützt; es ist dieses die rein künst¬
lerische Richtung, welche, mit einiger Neigung sich abzutrennen
von den uns allen gemeinsamen Lebens- und Strebensbedingungen
fast ausschliesslich als Aufgabe die Darstellung des Schönen durch
und in der Architektur anerkennt.

neuere Zeit, allerdings in steigender Progression, einige gereift hat,
bei der fast mehr als bescheidenen Besoldung und Honorirung
Angesichts der Verantwortlichkeit, die uns zufällt, das technische
Leistungsvermögen unseres Berufs entwickelt hat, die Stufe,
auf der wir im Hochbau, im Bau-Ingenieurwesen stehen, die Achtung,
welche wir uns in der treuen und gewissenhaften Verwaltung der
unserer Disposition unterstellten Bauten und Bausummen verschafft
haben, der Einfluss, den wir uns, kraft unserer wissenschaftlichen
Vorbildung in den eigentlichen Verwaltungskreisen gesichert haben,
verdient und geniesst, wie ich denke, volle Anerkennung; steht unser
Eisenbahnwesen etwa auf einer niedrigern Stufe in technischer Bezie¬
hung? haben unsere Hochbauer nicht von dem Augenblicke an, als
ihnen in nennenswerthem Maasse Aufgaben zu öffentlichen und
Privat-Bauten zufielen, ihre Leistungsfähigkeit in bester Weise und,
wir dürfen wohl sagen, in schnellerem Tempo entwickelt, als ihnen
Aufgaben gestellt wurden?

Gefällt das eine oder das andere nicht, so möge man sich des
richtigen Sprüchwortes erinnern, dass über den Geschmack schwer
zu disputiren ist, auch möge man zugeben, dass manche Aufgabe
wohl nicht immer der richtigen Persönlichkeit gestellt sei, aber an
vorhandenen Männern, welche der Aufgabe gewachsen wären, hat
es wohl nicht gefehlt.

Warum also ändern, warum herabdrücken wollen? Wenn es
einer Aenderung bedarf, so kann diese meines Erachtens nur darin
bestehen, dass die wissenschaftlichen Anforderungen, bezüglich
der Vorbildung, verschärft und nicht herabgedrückt werden, es wird
dadurch am ehesten vielleicht mancher gelegentlich gehörten Klage
über Zurücksetzung unseres Standes aus unseren eigenen Kreisen
ein Ende gemacht werden können.

Die Forderung der Conferenz vom 3. August c. ist aber eine
solche Herabdrückung.

Ich werde das in der Folge beweisen, möchte hier aber vor¬
erst von einer Richtung sprechen, welche, wie mir scheint, das
Vorgehen der Conferenz unterstützt; es ist dieses die rein künst¬
lerische Richtung, welche, mit einiger Neigung sich abzutrennen
von den uns allen gemeinsamen Lebens- und Strebensbedingungen
fast ausschliesslich als Aufgabe die Darstellung des Schönen durch
und in der Architektur anerkennt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0012" n="8"/>
neuere Zeit, allerdings in steigender Progression, einige gereift hat,<lb/>
bei der fast mehr als bescheidenen Besoldung und Honorirung<lb/>
Angesichts der Verantwortlichkeit, die uns zufällt, das technische<lb/><hi rendition="#g">Leistungsvermögen</hi> unseres Berufs entwickelt hat, die Stufe,<lb/>
auf der wir im Hochbau, im Bau-Ingenieurwesen stehen, die Achtung,<lb/>
welche wir uns in der treuen und gewissenhaften Verwaltung der<lb/>
unserer Disposition unterstellten Bauten und Bausummen verschafft<lb/>
haben, der Einfluss, den wir uns, kraft unserer wissenschaftlichen<lb/>
Vorbildung in den eigentlichen Verwaltungskreisen gesichert haben,<lb/>
verdient und geniesst, wie ich denke, volle Anerkennung; steht unser<lb/>
Eisenbahnwesen etwa auf einer niedrigern Stufe in technischer Bezie¬<lb/>
hung? haben unsere Hochbauer nicht von dem Augenblicke an, als<lb/>
ihnen in nennenswerthem Maasse Aufgaben zu öffentlichen und<lb/>
Privat-Bauten zufielen, ihre Leistungsfähigkeit in bester Weise und,<lb/>
wir dürfen wohl sagen, in schnellerem Tempo entwickelt, als ihnen<lb/>
Aufgaben gestellt wurden?</p><lb/>
        <p>Gefällt das eine oder das andere nicht, so möge man sich des<lb/>
richtigen Sprüchwortes erinnern, dass über den Geschmack schwer<lb/>
zu disputiren ist, auch möge man zugeben, dass manche Aufgabe<lb/>
wohl nicht immer der richtigen Persönlichkeit gestellt sei, aber an<lb/>
vorhandenen Männern, welche der Aufgabe gewachsen wären, hat<lb/>
es wohl nicht gefehlt.</p><lb/>
        <p>Warum also ändern, warum herabdrücken wollen? Wenn es<lb/>
einer Aenderung bedarf, so kann diese meines Erachtens nur darin<lb/>
bestehen, dass die <hi rendition="#g">wissenschaftlichen</hi> Anforderungen, bezüglich<lb/>
der Vorbildung, verschärft und nicht herabgedrückt werden, es wird<lb/>
dadurch am ehesten vielleicht mancher gelegentlich gehörten Klage<lb/>
über Zurücksetzung unseres Standes aus unseren eigenen Kreisen<lb/>
ein Ende gemacht werden können.</p><lb/>
        <p>Die Forderung der Conferenz vom 3. August c. ist aber eine<lb/>
solche Herabdrückung.</p><lb/>
        <p>Ich werde das in der Folge beweisen, möchte hier aber vor¬<lb/>
erst von einer Richtung sprechen, welche, wie mir scheint, das<lb/>
Vorgehen der Conferenz unterstützt; es ist dieses die rein künst¬<lb/>
lerische Richtung, welche, mit einiger Neigung sich abzutrennen<lb/>
von den uns allen gemeinsamen Lebens- und Strebensbedingungen<lb/>
fast ausschliesslich als Aufgabe die Darstellung des Schönen durch<lb/>
und in der Architektur anerkennt.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0012] neuere Zeit, allerdings in steigender Progression, einige gereift hat, bei der fast mehr als bescheidenen Besoldung und Honorirung Angesichts der Verantwortlichkeit, die uns zufällt, das technische Leistungsvermögen unseres Berufs entwickelt hat, die Stufe, auf der wir im Hochbau, im Bau-Ingenieurwesen stehen, die Achtung, welche wir uns in der treuen und gewissenhaften Verwaltung der unserer Disposition unterstellten Bauten und Bausummen verschafft haben, der Einfluss, den wir uns, kraft unserer wissenschaftlichen Vorbildung in den eigentlichen Verwaltungskreisen gesichert haben, verdient und geniesst, wie ich denke, volle Anerkennung; steht unser Eisenbahnwesen etwa auf einer niedrigern Stufe in technischer Bezie¬ hung? haben unsere Hochbauer nicht von dem Augenblicke an, als ihnen in nennenswerthem Maasse Aufgaben zu öffentlichen und Privat-Bauten zufielen, ihre Leistungsfähigkeit in bester Weise und, wir dürfen wohl sagen, in schnellerem Tempo entwickelt, als ihnen Aufgaben gestellt wurden? Gefällt das eine oder das andere nicht, so möge man sich des richtigen Sprüchwortes erinnern, dass über den Geschmack schwer zu disputiren ist, auch möge man zugeben, dass manche Aufgabe wohl nicht immer der richtigen Persönlichkeit gestellt sei, aber an vorhandenen Männern, welche der Aufgabe gewachsen wären, hat es wohl nicht gefehlt. Warum also ändern, warum herabdrücken wollen? Wenn es einer Aenderung bedarf, so kann diese meines Erachtens nur darin bestehen, dass die wissenschaftlichen Anforderungen, bezüglich der Vorbildung, verschärft und nicht herabgedrückt werden, es wird dadurch am ehesten vielleicht mancher gelegentlich gehörten Klage über Zurücksetzung unseres Standes aus unseren eigenen Kreisen ein Ende gemacht werden können. Die Forderung der Conferenz vom 3. August c. ist aber eine solche Herabdrückung. Ich werde das in der Folge beweisen, möchte hier aber vor¬ erst von einer Richtung sprechen, welche, wie mir scheint, das Vorgehen der Conferenz unterstützt; es ist dieses die rein künst¬ lerische Richtung, welche, mit einiger Neigung sich abzutrennen von den uns allen gemeinsamen Lebens- und Strebensbedingungen fast ausschliesslich als Aufgabe die Darstellung des Schönen durch und in der Architektur anerkennt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_polytechnikum_1878
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_polytechnikum_1878/12
Zitationshilfe: Hobrecht, James: Über die Vorbildung für den Besuch des Polytechnikums. Berlin, 1878, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hobrecht_polytechnikum_1878/12>, abgerufen am 10.10.2024.