Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

nach dem verschiedenen Charakter ihrer Besitzer.
darinn ganze Reviere dem Nützlichen gewidmet bleiben. Man darf keine frucht-
baren und fetten Striche blos dem Vergnügen aufopfern. *) Die Getreidefluren,
die Wälder, die Wiesen dürfen sich nicht allein den Anlagen nähern, oder sie um-
kränzen; sie können selbst, wenn sie nicht zu ausgedehnt von Umfange sind, als länd-
liche Scenen und als anmuthige Unterbrechungen in dem Bezirk eines beträchtlichen
Parks erscheinen. Die Viehweiden, besonders der Schafe und Rinder, stellen sehr
frohe und belebende Auftritte dar, die eben so wenig aus dem Bezirk ländlicher Lust-
plätze auszuschließen sind, als ein kluger Landwirth sie von seinem Anblick verban-
nen wird.

Bey allen einzelnen Theilen, die in die Bildung eines solchen Parks kommen
können, ist allerdings die Auswahl und die Verbindung zu einem bestimmten Gan-
zen die vornehmste Kunst; und hiebey kömmt nicht wenig auf die weise Absonderung
alles Unschicklichen, auf die Vereinigung der innern Anlage mit den umliegenden
Auftritten, auf die Einrichtung der Gränzen, und auf die Benutzung der Aussichten
in die Landschaft an. Es ist über alle diese Gegenstände schon hin und wieder viel in
diesem Werke gesagt. Auch sind darinn bereits so manche edle Parks, besonders der
Britten, beschrieben. Und diese Beschreibungen, die weit mehr den Geschmack
leiten, als eine Reihe von Regeln, und zugleich die Einbildungskraft mit so mannich-
faltigen Bildern bereichern, sind unstreitig sehr vortheilhaft für das Genie des Künst-
lers, wenn es sich dabey von einer gesunden Beurtheilung unterstützen läßt. Auch
ohne die Erinnerung an diese Vortheile, würde man wohl die folgende Sammlung
von kurzen Entwürfen englischer Parks, die zu der edlern Gattung gehören, mit
Vergnügen durchlaufen.

Stourton oder Stourhead. **)

In diesem angenehmen und reich verzierten Park gelangt man zuerst auf einen
großen Rasenplatz, worauf die Statue des Apoll, eine Kopie von der zu Belvedere
in Rom, steht. Am Ende des Rasens führt ein schattigter schlängelnder Gang
zu einer schönen Allee von Kiefern, die auf einen sehr hohen Obelisk stößt, der sich
aber außer der Gränze des Parks erhebt. Von hier wählt man einen kurzen Weg
durch ein Waldstück hinab, bis zu einem großen Zelte im morgenländischen Geschmack.
Aus diesem genießt man einen reizenden Prospect über den See, das Pantheon, den
Sonnentempel, einen herabhängenden Wald, u. s. w. welches eine sehr verschönerte
Landschaft darstellt.

Man
*) S. 4ten B. S. 11-13.
**) In Dortsetshire.
V Band. F

nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer.
darinn ganze Reviere dem Nuͤtzlichen gewidmet bleiben. Man darf keine frucht-
baren und fetten Striche blos dem Vergnuͤgen aufopfern. *) Die Getreidefluren,
die Waͤlder, die Wieſen duͤrfen ſich nicht allein den Anlagen naͤhern, oder ſie um-
kraͤnzen; ſie koͤnnen ſelbſt, wenn ſie nicht zu ausgedehnt von Umfange ſind, als laͤnd-
liche Scenen und als anmuthige Unterbrechungen in dem Bezirk eines betraͤchtlichen
Parks erſcheinen. Die Viehweiden, beſonders der Schafe und Rinder, ſtellen ſehr
frohe und belebende Auftritte dar, die eben ſo wenig aus dem Bezirk laͤndlicher Luſt-
plaͤtze auszuſchließen ſind, als ein kluger Landwirth ſie von ſeinem Anblick verban-
nen wird.

Bey allen einzelnen Theilen, die in die Bildung eines ſolchen Parks kommen
koͤnnen, iſt allerdings die Auswahl und die Verbindung zu einem beſtimmten Gan-
zen die vornehmſte Kunſt; und hiebey koͤmmt nicht wenig auf die weiſe Abſonderung
alles Unſchicklichen, auf die Vereinigung der innern Anlage mit den umliegenden
Auftritten, auf die Einrichtung der Graͤnzen, und auf die Benutzung der Ausſichten
in die Landſchaft an. Es iſt uͤber alle dieſe Gegenſtaͤnde ſchon hin und wieder viel in
dieſem Werke geſagt. Auch ſind darinn bereits ſo manche edle Parks, beſonders der
Britten, beſchrieben. Und dieſe Beſchreibungen, die weit mehr den Geſchmack
leiten, als eine Reihe von Regeln, und zugleich die Einbildungskraft mit ſo mannich-
faltigen Bildern bereichern, ſind unſtreitig ſehr vortheilhaft fuͤr das Genie des Kuͤnſt-
lers, wenn es ſich dabey von einer geſunden Beurtheilung unterſtuͤtzen laͤßt. Auch
ohne die Erinnerung an dieſe Vortheile, wuͤrde man wohl die folgende Sammlung
von kurzen Entwuͤrfen engliſcher Parks, die zu der edlern Gattung gehoͤren, mit
Vergnuͤgen durchlaufen.

Stourton oder Stourhead. **)

In dieſem angenehmen und reich verzierten Park gelangt man zuerſt auf einen
großen Raſenplatz, worauf die Statue des Apoll, eine Kopie von der zu Belvedere
in Rom, ſteht. Am Ende des Raſens fuͤhrt ein ſchattigter ſchlaͤngelnder Gang
zu einer ſchoͤnen Allee von Kiefern, die auf einen ſehr hohen Obelisk ſtoͤßt, der ſich
aber außer der Graͤnze des Parks erhebt. Von hier waͤhlt man einen kurzen Weg
durch ein Waldſtuͤck hinab, bis zu einem großen Zelte im morgenlaͤndiſchen Geſchmack.
Aus dieſem genießt man einen reizenden Proſpect uͤber den See, das Pantheon, den
Sonnentempel, einen herabhaͤngenden Wald, u. ſ. w. welches eine ſehr verſchoͤnerte
Landſchaft darſtellt.

Man
*) S. 4ten B. S. 11-13.
**) In Dortſetſhire.
V Band. F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0049" n="41"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">nach dem ver&#x017F;chiedenen Charakter ihrer Be&#x017F;itzer.</hi></fw><lb/>
darinn ganze Reviere dem Nu&#x0364;tzlichen gewidmet bleiben. Man darf keine frucht-<lb/>
baren und fetten Striche blos dem Vergnu&#x0364;gen aufopfern. <note place="foot" n="*)">S. 4ten B. S. 11-13.</note> Die Getreidefluren,<lb/>
die Wa&#x0364;lder, die Wie&#x017F;en du&#x0364;rfen &#x017F;ich nicht allein den Anlagen na&#x0364;hern, oder &#x017F;ie um-<lb/>
kra&#x0364;nzen; &#x017F;ie ko&#x0364;nnen &#x017F;elb&#x017F;t, wenn &#x017F;ie nicht zu ausgedehnt von Umfange &#x017F;ind, als la&#x0364;nd-<lb/>
liche Scenen und als anmuthige Unterbrechungen in dem Bezirk eines betra&#x0364;chtlichen<lb/>
Parks er&#x017F;cheinen. Die Viehweiden, be&#x017F;onders der Schafe und Rinder, &#x017F;tellen &#x017F;ehr<lb/>
frohe und belebende Auftritte dar, die eben &#x017F;o wenig aus dem Bezirk la&#x0364;ndlicher Lu&#x017F;t-<lb/>
pla&#x0364;tze auszu&#x017F;chließen &#x017F;ind, als ein kluger Landwirth &#x017F;ie von &#x017F;einem Anblick verban-<lb/>
nen wird.</p><lb/>
            <p>Bey allen einzelnen Theilen, die in die Bildung eines &#x017F;olchen Parks kommen<lb/>
ko&#x0364;nnen, i&#x017F;t allerdings die Auswahl und die Verbindung zu einem be&#x017F;timmten Gan-<lb/>
zen die vornehm&#x017F;te Kun&#x017F;t; und hiebey ko&#x0364;mmt nicht wenig auf die wei&#x017F;e Ab&#x017F;onderung<lb/>
alles Un&#x017F;chicklichen, auf die Vereinigung der innern Anlage mit den umliegenden<lb/>
Auftritten, auf die Einrichtung der Gra&#x0364;nzen, und auf die Benutzung der Aus&#x017F;ichten<lb/>
in die Land&#x017F;chaft an. Es i&#x017F;t u&#x0364;ber alle die&#x017F;e Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde &#x017F;chon hin und wieder viel in<lb/>
die&#x017F;em Werke ge&#x017F;agt. Auch &#x017F;ind darinn bereits &#x017F;o manche edle Parks, be&#x017F;onders der<lb/><hi rendition="#fr">Britten</hi>, be&#x017F;chrieben. Und die&#x017F;e Be&#x017F;chreibungen, die weit mehr den Ge&#x017F;chmack<lb/>
leiten, als eine Reihe von Regeln, und zugleich die Einbildungskraft mit &#x017F;o mannich-<lb/>
faltigen Bildern bereichern, &#x017F;ind un&#x017F;treitig &#x017F;ehr vortheilhaft fu&#x0364;r das Genie des Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lers, wenn es &#x017F;ich dabey von einer ge&#x017F;unden Beurtheilung unter&#x017F;tu&#x0364;tzen la&#x0364;ßt. Auch<lb/>
ohne die Erinnerung an die&#x017F;e Vortheile, wu&#x0364;rde man wohl die folgende Sammlung<lb/>
von kurzen Entwu&#x0364;rfen <hi rendition="#fr">engli&#x017F;cher</hi> Parks, die zu der edlern Gattung geho&#x0364;ren, mit<lb/>
Vergnu&#x0364;gen durchlaufen.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Stourton oder Stourhead</hi>.</hi> <note place="foot" n="**)">In Dort&#x017F;et&#x017F;hire.</note>
              </head><lb/>
              <p>In die&#x017F;em angenehmen und reich verzierten Park gelangt man zuer&#x017F;t auf einen<lb/>
großen Ra&#x017F;enplatz, worauf die Statue des <hi rendition="#fr">Apoll</hi>, eine Kopie von der zu <hi rendition="#fr">Belvedere</hi><lb/>
in <hi rendition="#fr">Rom</hi>, &#x017F;teht. Am Ende des Ra&#x017F;ens fu&#x0364;hrt ein &#x017F;chattigter &#x017F;chla&#x0364;ngelnder Gang<lb/>
zu einer &#x017F;cho&#x0364;nen Allee von Kiefern, die auf einen &#x017F;ehr hohen Obelisk &#x017F;to&#x0364;ßt, der &#x017F;ich<lb/>
aber außer der Gra&#x0364;nze des Parks erhebt. Von hier wa&#x0364;hlt man einen kurzen Weg<lb/>
durch ein Wald&#x017F;tu&#x0364;ck hinab, bis zu einem großen Zelte im morgenla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack.<lb/>
Aus die&#x017F;em genießt man einen reizenden Pro&#x017F;pect u&#x0364;ber den See, das Pantheon, den<lb/>
Sonnentempel, einen herabha&#x0364;ngenden Wald, u. &#x017F;. w. welches eine &#x017F;ehr ver&#x017F;cho&#x0364;nerte<lb/>
Land&#x017F;chaft dar&#x017F;tellt.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Man</fw><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V</hi><hi rendition="#fr">Band.</hi> F</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0049] nach dem verſchiedenen Charakter ihrer Beſitzer. darinn ganze Reviere dem Nuͤtzlichen gewidmet bleiben. Man darf keine frucht- baren und fetten Striche blos dem Vergnuͤgen aufopfern. *) Die Getreidefluren, die Waͤlder, die Wieſen duͤrfen ſich nicht allein den Anlagen naͤhern, oder ſie um- kraͤnzen; ſie koͤnnen ſelbſt, wenn ſie nicht zu ausgedehnt von Umfange ſind, als laͤnd- liche Scenen und als anmuthige Unterbrechungen in dem Bezirk eines betraͤchtlichen Parks erſcheinen. Die Viehweiden, beſonders der Schafe und Rinder, ſtellen ſehr frohe und belebende Auftritte dar, die eben ſo wenig aus dem Bezirk laͤndlicher Luſt- plaͤtze auszuſchließen ſind, als ein kluger Landwirth ſie von ſeinem Anblick verban- nen wird. Bey allen einzelnen Theilen, die in die Bildung eines ſolchen Parks kommen koͤnnen, iſt allerdings die Auswahl und die Verbindung zu einem beſtimmten Gan- zen die vornehmſte Kunſt; und hiebey koͤmmt nicht wenig auf die weiſe Abſonderung alles Unſchicklichen, auf die Vereinigung der innern Anlage mit den umliegenden Auftritten, auf die Einrichtung der Graͤnzen, und auf die Benutzung der Ausſichten in die Landſchaft an. Es iſt uͤber alle dieſe Gegenſtaͤnde ſchon hin und wieder viel in dieſem Werke geſagt. Auch ſind darinn bereits ſo manche edle Parks, beſonders der Britten, beſchrieben. Und dieſe Beſchreibungen, die weit mehr den Geſchmack leiten, als eine Reihe von Regeln, und zugleich die Einbildungskraft mit ſo mannich- faltigen Bildern bereichern, ſind unſtreitig ſehr vortheilhaft fuͤr das Genie des Kuͤnſt- lers, wenn es ſich dabey von einer geſunden Beurtheilung unterſtuͤtzen laͤßt. Auch ohne die Erinnerung an dieſe Vortheile, wuͤrde man wohl die folgende Sammlung von kurzen Entwuͤrfen engliſcher Parks, die zu der edlern Gattung gehoͤren, mit Vergnuͤgen durchlaufen. Stourton oder Stourhead. **) In dieſem angenehmen und reich verzierten Park gelangt man zuerſt auf einen großen Raſenplatz, worauf die Statue des Apoll, eine Kopie von der zu Belvedere in Rom, ſteht. Am Ende des Raſens fuͤhrt ein ſchattigter ſchlaͤngelnder Gang zu einer ſchoͤnen Allee von Kiefern, die auf einen ſehr hohen Obelisk ſtoͤßt, der ſich aber außer der Graͤnze des Parks erhebt. Von hier waͤhlt man einen kurzen Weg durch ein Waldſtuͤck hinab, bis zu einem großen Zelte im morgenlaͤndiſchen Geſchmack. Aus dieſem genießt man einen reizenden Proſpect uͤber den See, das Pantheon, den Sonnentempel, einen herabhaͤngenden Wald, u. ſ. w. welches eine ſehr verſchoͤnerte Landſchaft darſtellt. Man *) S. 4ten B. S. 11-13. **) In Dortſetſhire. V Band. F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/49
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/49>, abgerufen am 21.11.2024.