Wo die Natur in der ersten Bildung Erhebungen und Senkungen des Bodens versagt hat, und nichts als eine Ebene liefert, da muß der Gartenkünstler, wenn er in einer solchen Gegend eine beträchtliche Anlage machen soll, seine ganze Einbildungs- kraft anstrengen, um die Mängel dieser Lage zu verbessern. Man kann die ebene Fläche hie und da in sanfte Ungleichheiten umarbeiten und ihr dadurch ein fröhliches Ansehen mittheilen; man kann Hügel aufwerfen, ihren Gipfel mit hohen Gruppen noch mehr erhöhen und ihre hinfließenden Abhänge zu schönern Rasen bereiten; man kann an der ausgegrabenen Stelle einen See mit einer Insel anlegen, und ihn mit allerley Geflügel beleben; man kann die innern Prospecte vervielfältigen oder bald durch weitläuftig gepflanzte, bald durch enger sich zusammenziehende, bald durch sich aufthürmende, bald durch niedrige Bäume und dahinsinkendes Buschwerk, bald durch heitre, bald durch finstre Gruppen viele treffliche Aussichten bilden, zwischen welchen das Auge in die Ferne auf einen interessanten Gegenstand, auf ein angenehmes Gar- tengebäude, auf ein Dorf, auf eine Kirche geleitet wird; man kann geräumige Ge- genden für eine Heerde absondern, die so viel zur Ausstaffirung und Belebung einer Landschaft wirkt; man kann weite Plätze mit reichen Pflanzungen von Blumen und blühenden Sträuchern aufheitern, und hinter ihnen dichte Haufen hochaufsteigender Bäume anpflanzen, die den Anschauer mit der Erwartung einer verborgenen Anhöhe täuschen. Schon durch diese Mittel kann der Gartenkünstler der Ebene ihr todtes und dürftiges Ansehen nehmen und sie in gartenmäßige Scenen umschaffen. Da eine solche Situation fast gar nicht durch fließendes Wasser belebt werden kann, so müssen freye und anmuthig verzierte Rasen und fröhliche Gruppen und Hayne, besonders von ausländischen und seltenen Bäumen, am meisten zu ihrer Verschönerung beytragen.
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2. Die
IVBand. F
nach dem Charakter der Gegenden.
Wo die Natur in der erſten Bildung Erhebungen und Senkungen des Bodens verſagt hat, und nichts als eine Ebene liefert, da muß der Gartenkuͤnſtler, wenn er in einer ſolchen Gegend eine betraͤchtliche Anlage machen ſoll, ſeine ganze Einbildungs- kraft anſtrengen, um die Maͤngel dieſer Lage zu verbeſſern. Man kann die ebene Flaͤche hie und da in ſanfte Ungleichheiten umarbeiten und ihr dadurch ein froͤhliches Anſehen mittheilen; man kann Huͤgel aufwerfen, ihren Gipfel mit hohen Gruppen noch mehr erhoͤhen und ihre hinfließenden Abhaͤnge zu ſchoͤnern Raſen bereiten; man kann an der ausgegrabenen Stelle einen See mit einer Inſel anlegen, und ihn mit allerley Gefluͤgel beleben; man kann die innern Proſpecte vervielfaͤltigen oder bald durch weitlaͤuftig gepflanzte, bald durch enger ſich zuſammenziehende, bald durch ſich aufthuͤrmende, bald durch niedrige Baͤume und dahinſinkendes Buſchwerk, bald durch heitre, bald durch finſtre Gruppen viele treffliche Ausſichten bilden, zwiſchen welchen das Auge in die Ferne auf einen intereſſanten Gegenſtand, auf ein angenehmes Gar- tengebaͤude, auf ein Dorf, auf eine Kirche geleitet wird; man kann geraͤumige Ge- genden fuͤr eine Heerde abſondern, die ſo viel zur Ausſtaffirung und Belebung einer Landſchaft wirkt; man kann weite Plaͤtze mit reichen Pflanzungen von Blumen und bluͤhenden Straͤuchern aufheitern, und hinter ihnen dichte Haufen hochaufſteigender Baͤume anpflanzen, die den Anſchauer mit der Erwartung einer verborgenen Anhoͤhe taͤuſchen. Schon durch dieſe Mittel kann der Gartenkuͤnſtler der Ebene ihr todtes und duͤrftiges Anſehen nehmen und ſie in gartenmaͤßige Scenen umſchaffen. Da eine ſolche Situation faſt gar nicht durch fließendes Waſſer belebt werden kann, ſo muͤſſen freye und anmuthig verzierte Raſen und froͤhliche Gruppen und Hayne, beſonders von auslaͤndiſchen und ſeltenen Baͤumen, am meiſten zu ihrer Verſchoͤnerung beytragen.
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nach dem Charakter der Gegenden.
Wo die Natur in der erſten Bildung Erhebungen und Senkungen des Bodens
verſagt hat, und nichts als eine Ebene liefert, da muß der Gartenkuͤnſtler, wenn er
in einer ſolchen Gegend eine betraͤchtliche Anlage machen ſoll, ſeine ganze Einbildungs-
kraft anſtrengen, um die Maͤngel dieſer Lage zu verbeſſern. Man kann die ebene
Flaͤche hie und da in ſanfte Ungleichheiten umarbeiten und ihr dadurch ein froͤhliches
Anſehen mittheilen; man kann Huͤgel aufwerfen, ihren Gipfel mit hohen Gruppen
noch mehr erhoͤhen und ihre hinfließenden Abhaͤnge zu ſchoͤnern Raſen bereiten; man
kann an der ausgegrabenen Stelle einen See mit einer Inſel anlegen, und ihn mit
allerley Gefluͤgel beleben; man kann die innern Proſpecte vervielfaͤltigen oder bald
durch weitlaͤuftig gepflanzte, bald durch enger ſich zuſammenziehende, bald durch ſich
aufthuͤrmende, bald durch niedrige Baͤume und dahinſinkendes Buſchwerk, bald durch
heitre, bald durch finſtre Gruppen viele treffliche Ausſichten bilden, zwiſchen welchen
das Auge in die Ferne auf einen intereſſanten Gegenſtand, auf ein angenehmes Gar-
tengebaͤude, auf ein Dorf, auf eine Kirche geleitet wird; man kann geraͤumige Ge-
genden fuͤr eine Heerde abſondern, die ſo viel zur Ausſtaffirung und Belebung einer
Landſchaft wirkt; man kann weite Plaͤtze mit reichen Pflanzungen von Blumen und
bluͤhenden Straͤuchern aufheitern, und hinter ihnen dichte Haufen hochaufſteigender
Baͤume anpflanzen, die den Anſchauer mit der Erwartung einer verborgenen Anhoͤhe
taͤuſchen. Schon durch dieſe Mittel kann der Gartenkuͤnſtler der Ebene ihr todtes
und duͤrftiges Anſehen nehmen und ſie in gartenmaͤßige Scenen umſchaffen. Da eine
ſolche Situation faſt gar nicht durch fließendes Waſſer belebt werden kann, ſo muͤſſen
freye und anmuthig verzierte Raſen und froͤhliche Gruppen und Hayne, beſonders von
auslaͤndiſchen und ſeltenen Baͤumen, am meiſten zu ihrer Verſchoͤnerung beytragen.
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/45>, abgerufen am 27.07.2024.
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