Zweyter Abschn. Bestimmung des Begriffs vom Garten.
Diese Bemerkungen, die sich bey einiger Ueberlegung von selbst anbieten, leiten uns zu dem Begriff vom Garten. Er kann nichts anders seyn, als eine von der Kunst*)nachgebildete Gegend, zur Verstärkung ihrer natürlichen Wirkung.
Demnach, so viel besonders charakterisirte Gegenden es giebt, oder so viel Ge- genden sich zu einem bestimmten Charakter ausbilden lassen, so viel besondre einfache Gärten dürfen wir unterscheiden. Alles, was zur festern Bestimmung und zur Ver- stärkung der natürlichen Wirkung einer Gegend beyträgt, das gehört in das Gebiet der Gartenkunst; alles aber, was diese Wirkung stört, schwächt, unterbricht, unge- wiß macht, ist von ihrer Gränze zu verbannen.
Dies giebt nun auch den Unterschied an, der sich zwischen einem Garten und einer blos natürlichen Gegend befindet. Da die Natur in der Bildung ihrer Land- schaften, bey so vielen höhern Zwecken, nicht allezeit auf eine genaue und sorgfältige Bestimmung der verschiedenen Charaktere der Gegenden sich einschränken kann; so entspringt zuweilen daraus eine Art von Verwilderung und Vermischung, die zwar in das Ganze ihrer großen Gemälde wohl einstimmt, aber weniger in kleinern Räumen gefällt, wo das Auge in seinem Urtheil nicht zerstreut, noch geblendet wird. Eine Gegend kann daher blühend, reizend, entzückend seyn. Allein ihr Charakter ist nicht immer rein, noch bestimmt genug; nicht immer aus der großen Masse hervorspringend genug; auch fehlt ihrer Rohigkeit alle Milde, alle Verschönerung, welche die Cultur mittheilt, alle Verstärkung ihrer Eindrücke, die von Genie und Geschmack durch die Künste der Bearbeitung, der Anpflanzung und der Bebauung bewirkt wird.
[Abbildung]
*) S. 1sten B. S. 145. 155. 156.
Zweyter Abſchn. Beſtimmung des Begriffs vom Garten.
Dieſe Bemerkungen, die ſich bey einiger Ueberlegung von ſelbſt anbieten, leiten uns zu dem Begriff vom Garten. Er kann nichts anders ſeyn, als eine von der Kunſt*)nachgebildete Gegend, zur Verſtaͤrkung ihrer natuͤrlichen Wirkung.
Demnach, ſo viel beſonders charakteriſirte Gegenden es giebt, oder ſo viel Ge- genden ſich zu einem beſtimmten Charakter ausbilden laſſen, ſo viel beſondre einfache Gaͤrten duͤrfen wir unterſcheiden. Alles, was zur feſtern Beſtimmung und zur Ver- ſtaͤrkung der natuͤrlichen Wirkung einer Gegend beytraͤgt, das gehoͤrt in das Gebiet der Gartenkunſt; alles aber, was dieſe Wirkung ſtoͤrt, ſchwaͤcht, unterbricht, unge- wiß macht, iſt von ihrer Graͤnze zu verbannen.
Dies giebt nun auch den Unterſchied an, der ſich zwiſchen einem Garten und einer blos natuͤrlichen Gegend befindet. Da die Natur in der Bildung ihrer Land- ſchaften, bey ſo vielen hoͤhern Zwecken, nicht allezeit auf eine genaue und ſorgfaͤltige Beſtimmung der verſchiedenen Charaktere der Gegenden ſich einſchraͤnken kann; ſo entſpringt zuweilen daraus eine Art von Verwilderung und Vermiſchung, die zwar in das Ganze ihrer großen Gemaͤlde wohl einſtimmt, aber weniger in kleinern Raͤumen gefaͤllt, wo das Auge in ſeinem Urtheil nicht zerſtreut, noch geblendet wird. Eine Gegend kann daher bluͤhend, reizend, entzuͤckend ſeyn. Allein ihr Charakter iſt nicht immer rein, noch beſtimmt genug; nicht immer aus der großen Maſſe hervorſpringend genug; auch fehlt ihrer Rohigkeit alle Milde, alle Verſchoͤnerung, welche die Cultur mittheilt, alle Verſtaͤrkung ihrer Eindruͤcke, die von Genie und Geſchmack durch die Kuͤnſte der Bearbeitung, der Anpflanzung und der Bebauung bewirkt wird.
[Abbildung]
*) S. 1ſten B. S. 145. 155. 156.
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Zweyter Abſchn. Beſtimmung des Begriffs vom Garten.
Dieſe Bemerkungen, die ſich bey einiger Ueberlegung von ſelbſt anbieten, leiten
uns zu dem Begriff vom Garten. Er kann nichts anders ſeyn, als eine von der
Kunſt *) nachgebildete Gegend, zur Verſtaͤrkung ihrer natuͤrlichen Wirkung.
Demnach, ſo viel beſonders charakteriſirte Gegenden es giebt, oder ſo viel Ge-
genden ſich zu einem beſtimmten Charakter ausbilden laſſen, ſo viel beſondre einfache
Gaͤrten duͤrfen wir unterſcheiden. Alles, was zur feſtern Beſtimmung und zur Ver-
ſtaͤrkung der natuͤrlichen Wirkung einer Gegend beytraͤgt, das gehoͤrt in das Gebiet
der Gartenkunſt; alles aber, was dieſe Wirkung ſtoͤrt, ſchwaͤcht, unterbricht, unge-
wiß macht, iſt von ihrer Graͤnze zu verbannen.
Dies giebt nun auch den Unterſchied an, der ſich zwiſchen einem Garten und
einer blos natuͤrlichen Gegend befindet. Da die Natur in der Bildung ihrer Land-
ſchaften, bey ſo vielen hoͤhern Zwecken, nicht allezeit auf eine genaue und ſorgfaͤltige
Beſtimmung der verſchiedenen Charaktere der Gegenden ſich einſchraͤnken kann; ſo
entſpringt zuweilen daraus eine Art von Verwilderung und Vermiſchung, die zwar in
das Ganze ihrer großen Gemaͤlde wohl einſtimmt, aber weniger in kleinern Raͤumen
gefaͤllt, wo das Auge in ſeinem Urtheil nicht zerſtreut, noch geblendet wird. Eine
Gegend kann daher bluͤhend, reizend, entzuͤckend ſeyn. Allein ihr Charakter iſt nicht
immer rein, noch beſtimmt genug; nicht immer aus der großen Maſſe hervorſpringend
genug; auch fehlt ihrer Rohigkeit alle Milde, alle Verſchoͤnerung, welche die Cultur
mittheilt, alle Verſtaͤrkung ihrer Eindruͤcke, die von Genie und Geſchmack durch die
Kuͤnſte der Bearbeitung, der Anpflanzung und der Bebauung bewirkt wird.
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*) S. 1ſten B. S. 145. 155. 156.
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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/30>, abgerufen am 26.07.2024.
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