Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.von Gärten. zu ermüden, den Fußtapfen seines Vaters, und weichliche Trägheit entehrte nicht dasMenschengeschlecht. Die Gattinn hieng allein am Arme ihres Mannes, ihre Kin- der gehörten beyden eigenthümlich, und sie sahen sich darinn vervielfältigt und für die Zukunft erhalten. Rohe Natur! sagt wohl hier einer oder der andere; sie war jedoch glücklich, diese rohe Natur, und erst dann hörte wahre Deutschheit auf zu seyn, als der Römer Trug und List in die Nation brachte. An diesen Orten blieb indessen nach der Geschichte auch der Deutsche unbezwungen; hier lebte er friedlich, zum wenigsten zeigen seine Grabmäler einen lang fortgedauerten Aufenthalt eines Stammes an. Und so ruhig und friedlich ist auch der ganze Hain, den man ferner betritt. Gerade aus bleibt das Auge auf einem weiten Raum einer eilf Morgen großen Gehet man von der diesseits liegenden Anhöhe in dem Gange herab, so ladet Man kommt in die Mitte der Pflanzung, und siehet durch Bäume beschattet hier IV Band. J i
von Gaͤrten. zu ermuͤden, den Fußtapfen ſeines Vaters, und weichliche Traͤgheit entehrte nicht dasMenſchengeſchlecht. Die Gattinn hieng allein am Arme ihres Mannes, ihre Kin- der gehoͤrten beyden eigenthuͤmlich, und ſie ſahen ſich darinn vervielfaͤltigt und fuͤr die Zukunft erhalten. Rohe Natur! ſagt wohl hier einer oder der andere; ſie war jedoch gluͤcklich, dieſe rohe Natur, und erſt dann hoͤrte wahre Deutſchheit auf zu ſeyn, als der Roͤmer Trug und Liſt in die Nation brachte. An dieſen Orten blieb indeſſen nach der Geſchichte auch der Deutſche unbezwungen; hier lebte er friedlich, zum wenigſten zeigen ſeine Grabmaͤler einen lang fortgedauerten Aufenthalt eines Stammes an. Und ſo ruhig und friedlich iſt auch der ganze Hain, den man ferner betritt. Gerade aus bleibt das Auge auf einem weiten Raum einer eilf Morgen großen Gehet man von der dieſſeits liegenden Anhoͤhe in dem Gange herab, ſo ladet Man kommt in die Mitte der Pflanzung, und ſiehet durch Baͤume beſchattet hier IV Band. J i
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von Gaͤrten.
zu ermuͤden, den Fußtapfen ſeines Vaters, und weichliche Traͤgheit entehrte nicht das
Menſchengeſchlecht. Die Gattinn hieng allein am Arme ihres Mannes, ihre Kin-
der gehoͤrten beyden eigenthuͤmlich, und ſie ſahen ſich darinn vervielfaͤltigt und fuͤr die
Zukunft erhalten. Rohe Natur! ſagt wohl hier einer oder der andere; ſie war jedoch
gluͤcklich, dieſe rohe Natur, und erſt dann hoͤrte wahre Deutſchheit auf zu ſeyn, als
der Roͤmer Trug und Liſt in die Nation brachte. An dieſen Orten blieb indeſſen nach
der Geſchichte auch der Deutſche unbezwungen; hier lebte er friedlich, zum wenigſten
zeigen ſeine Grabmaͤler einen lang fortgedauerten Aufenthalt eines Stammes an.
Und ſo ruhig und friedlich iſt auch der ganze Hain, den man ferner betritt.
Eine deutſche Eichenpflanzung, mit dazwiſchen gebrachten aus Saamen erzogenen
Staͤmmen in ſchoͤnen Gaͤngen durchſchnitten, hinter der an der Seite herab ein juͤn-
geres Holz von Birken, Ahornen, und Lerchenbaͤumen liegt, bringt uns auf einen
breiten Weg, auf welchem man einen ehemaligen Steinbruch, eine Eisgrube und nach
Helmſtaͤdt belegene Felder von der Hoͤhe uͤberſehen kann.
Gerade aus bleibt das Auge auf einem weiten Raum einer eilf Morgen großen
Pflanzung amerikaniſcher und anderer ſeltener Laubbaͤume hangen, eine Pflanzung von
zwey Anhoͤhen und einem langen Thale, ein ehemals im Holze belegener Teich, den
der Schoͤpfer dieſer Anlagen, der verſtorbene wuͤrdige Hofrichter von Veltheim, zuerſt
zu einer erweiterten Anlage waͤhlte, und vor ohngefaͤhr 23 Jahren bepflanzen ließ.
Alſo nicht mehr eine junge Anlage iſt es; hohe erwachſene und ausgewachſene Staͤm-
me finden ſich daſelbſt, und man ſiehet den Zoͤgling von Nordamerika hier in ſeinem
beſten Wuchſe und dadurch fuͤr ſeine neue Stelle dankbar.
Gehet man von der dieſſeits liegenden Anhoͤhe in dem Gange herab, ſo ladet
eine mit Raſen und Roſen und Geißblatt eingefaßte offene Gruft, ein ehemaliger
Steinſchurf, zur Ruhe ein. Man hat um ſich her juͤngere ſeltene Staͤmme, auch
durch den weniger guten Boden im Wuchſe mehr zuruͤckgeſetzte Baͤume, die daher
eine etwas offene Ausſicht erlauben, vor ihr hin einige ſchoͤne hohe Baͤume, Tulpen-
baͤume aus dem noͤrdlichen Amerika, die durch ihr fremdes Blatt gleich beym erſten
Anblick neu ſcheinen, bey genauerer Aufmerkſamkeit mit ſchoͤnen gelblichen Blumen
oder auch Saamenzapfen belaſtet.
Man kommt in die Mitte der Pflanzung, und ſiehet durch Baͤume beſchattet
einen offenen breiten langen Gang. Americaniſche Ulmen, virginiſche Traubenkir-
ſchen, Platanen, Tulpenbaͤume, caroliniſche Linden, Scharlacheichen, kaſtanien-
blaͤttrige, weidenblaͤttrige und ſchwarze Eichen, amerikaniſche Nußbaͤume, rothe
Ahorne, Negunder und franzoͤſiſche und penſylvaniſche Ahorne, Silberpappeln, vir-
giniſche Maulbeerbaͤume u. ſ. w. mit vielen ſeltenen Straͤuchern durchzogen, wechſeln
hier
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