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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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Anhang. Beschreibungen

Gehet man linker Hand fort, so bleibt der Fuß am Ufer eines flachliegenden
Teichs in einem schönen Gebüsche von Platanen und Tulpenbäumen stehen; an der
Seite wird der Teich von einem Gewächshause eingefaßt, das wie eine gothische Ka-
pelle verzieret ist, und vor sich hin erhebt sich über das Wasser eine schöne Brücke, die
nach einer weiten offenen mit einzelnen Klumpen seltener Bäume besetzten Ebene führet,
welche sich oberwärts in eine Anhöhe mit solchen Bäumen bepflanzt endiget. Eine
lachende Aussicht, durch eine vom General Banner ehedem aufgeworfene, jetzt aber
mit hohen Buchen bewachsene Schanze, durch einen Berg mit guten Obstbäumen
und durch einen in der Entfernung weiter hinliegenden offenen Teich und freye Korn-
felder herrlicher gemacht.

Ein breiter sich schlängelnder Weg bringt uns an der Seite der Anhöhe durch
ein englisches Thor in ein Lustgehölze einheimischer Bäume und Sträucher, die älteste
Anlage des Orts. In solchen ziehen sich viele schön belaubte Gänge rechter Hand
hinauf, und außerdem finden sich noch hin und wieder mit grünem Epheu besetzte und
umwundene Plätze, ingleichen runde einsame Kabinette mit steinernen Bänken zum
Ausruhen.

Das Holz wird oberwärts mit einem auf einer Anhöhe angelegten erhabenen
großen Sitze eingeschränkt, von welchem das Auge eine weite Aussicht in die Flächen
des Herzogthums Magdeburg und Halberstadt, auf die eine Meile weit entlegene
braunschweigische Stadt Schöningen, und am Rücken des Waldes hinauf bey guter
heiterer Witterung so gar auf das hoch liegende Schloß Ballenstädt im Fürstenthum
Anhalt-Bernburg hat. Die Aussicht wird endlich vom Brocken und den Harz-
Gebirgen umgränzt.

Der Hintergrund dieser schönen Gegend wird von hohen Waldbäumen einge-
schlossen; die zunächst liegende Forstabtheilung des so genannten blauen Bergs enthält
aber für den Alterthumsforscher noch einige unaufgegrabene deutsche Grabhügel mit
alten ehrwürdigen Buchen und Hainbuchen besetzt, da hingegen verschiedene eröffnete
Gräber ihre Schätze an Urnen und andern Sachen schon geliefert haben. Die Schä-
fersche
Beschreibung giebt solche namentlich an. Bey ihr können wir uns mit etwas
lebhafter Vorstellung leicht unter die ältesten Bewohner dieser Gegenden versetzen und
unsere Einbildungskraft beschäfftigen. Wir empfinden alsdenn in heiliger Stille Ge-
fühl der Druiden; um uns her liegen die Ueberbleibsel alter deutscher jetzt unbekannter
Helden und Heerführer, guter Väter ihrer Stämme, biederer Männer. Sie ath-
meten Freyheit, das größte Geschenk des Sterblichen; in ihren Versammlungen
herrschte Ernst und Offenherzigkeit; treu gegen einander und fest mit einander verbun-
den, schützte der starknervigte Arm den schwächern; der blühende Jüngling folgte, ohne

zu
Anhang. Beſchreibungen

Gehet man linker Hand fort, ſo bleibt der Fuß am Ufer eines flachliegenden
Teichs in einem ſchoͤnen Gebuͤſche von Platanen und Tulpenbaͤumen ſtehen; an der
Seite wird der Teich von einem Gewaͤchshauſe eingefaßt, das wie eine gothiſche Ka-
pelle verzieret iſt, und vor ſich hin erhebt ſich uͤber das Waſſer eine ſchoͤne Bruͤcke, die
nach einer weiten offenen mit einzelnen Klumpen ſeltener Baͤume beſetzten Ebene fuͤhret,
welche ſich oberwaͤrts in eine Anhoͤhe mit ſolchen Baͤumen bepflanzt endiget. Eine
lachende Ausſicht, durch eine vom General Banner ehedem aufgeworfene, jetzt aber
mit hohen Buchen bewachſene Schanze, durch einen Berg mit guten Obſtbaͤumen
und durch einen in der Entfernung weiter hinliegenden offenen Teich und freye Korn-
felder herrlicher gemacht.

Ein breiter ſich ſchlaͤngelnder Weg bringt uns an der Seite der Anhoͤhe durch
ein engliſches Thor in ein Luſtgehoͤlze einheimiſcher Baͤume und Straͤucher, die aͤlteſte
Anlage des Orts. In ſolchen ziehen ſich viele ſchoͤn belaubte Gaͤnge rechter Hand
hinauf, und außerdem finden ſich noch hin und wieder mit gruͤnem Epheu beſetzte und
umwundene Plaͤtze, ingleichen runde einſame Kabinette mit ſteinernen Baͤnken zum
Ausruhen.

Das Holz wird oberwaͤrts mit einem auf einer Anhoͤhe angelegten erhabenen
großen Sitze eingeſchraͤnkt, von welchem das Auge eine weite Ausſicht in die Flaͤchen
des Herzogthums Magdeburg und Halberſtadt, auf die eine Meile weit entlegene
braunſchweigiſche Stadt Schoͤningen, und am Ruͤcken des Waldes hinauf bey guter
heiterer Witterung ſo gar auf das hoch liegende Schloß Ballenſtaͤdt im Fuͤrſtenthum
Anhalt-Bernburg hat. Die Ausſicht wird endlich vom Brocken und den Harz-
Gebirgen umgraͤnzt.

Der Hintergrund dieſer ſchoͤnen Gegend wird von hohen Waldbaͤumen einge-
ſchloſſen; die zunaͤchſt liegende Forſtabtheilung des ſo genannten blauen Bergs enthaͤlt
aber fuͤr den Alterthumsforſcher noch einige unaufgegrabene deutſche Grabhuͤgel mit
alten ehrwuͤrdigen Buchen und Hainbuchen beſetzt, da hingegen verſchiedene eroͤffnete
Graͤber ihre Schaͤtze an Urnen und andern Sachen ſchon geliefert haben. Die Schaͤ-
ferſche
Beſchreibung giebt ſolche namentlich an. Bey ihr koͤnnen wir uns mit etwas
lebhafter Vorſtellung leicht unter die aͤlteſten Bewohner dieſer Gegenden verſetzen und
unſere Einbildungskraft beſchaͤfftigen. Wir empfinden alsdenn in heiliger Stille Ge-
fuͤhl der Druiden; um uns her liegen die Ueberbleibſel alter deutſcher jetzt unbekannter
Helden und Heerfuͤhrer, guter Vaͤter ihrer Staͤmme, biederer Maͤnner. Sie ath-
meten Freyheit, das groͤßte Geſchenk des Sterblichen; in ihren Verſammlungen
herrſchte Ernſt und Offenherzigkeit; treu gegen einander und feſt mit einander verbun-
den, ſchuͤtzte der ſtarknervigte Arm den ſchwaͤchern; der bluͤhende Juͤngling folgte, ohne

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[242/0246] Anhang. Beſchreibungen Gehet man linker Hand fort, ſo bleibt der Fuß am Ufer eines flachliegenden Teichs in einem ſchoͤnen Gebuͤſche von Platanen und Tulpenbaͤumen ſtehen; an der Seite wird der Teich von einem Gewaͤchshauſe eingefaßt, das wie eine gothiſche Ka- pelle verzieret iſt, und vor ſich hin erhebt ſich uͤber das Waſſer eine ſchoͤne Bruͤcke, die nach einer weiten offenen mit einzelnen Klumpen ſeltener Baͤume beſetzten Ebene fuͤhret, welche ſich oberwaͤrts in eine Anhoͤhe mit ſolchen Baͤumen bepflanzt endiget. Eine lachende Ausſicht, durch eine vom General Banner ehedem aufgeworfene, jetzt aber mit hohen Buchen bewachſene Schanze, durch einen Berg mit guten Obſtbaͤumen und durch einen in der Entfernung weiter hinliegenden offenen Teich und freye Korn- felder herrlicher gemacht. Ein breiter ſich ſchlaͤngelnder Weg bringt uns an der Seite der Anhoͤhe durch ein engliſches Thor in ein Luſtgehoͤlze einheimiſcher Baͤume und Straͤucher, die aͤlteſte Anlage des Orts. In ſolchen ziehen ſich viele ſchoͤn belaubte Gaͤnge rechter Hand hinauf, und außerdem finden ſich noch hin und wieder mit gruͤnem Epheu beſetzte und umwundene Plaͤtze, ingleichen runde einſame Kabinette mit ſteinernen Baͤnken zum Ausruhen. Das Holz wird oberwaͤrts mit einem auf einer Anhoͤhe angelegten erhabenen großen Sitze eingeſchraͤnkt, von welchem das Auge eine weite Ausſicht in die Flaͤchen des Herzogthums Magdeburg und Halberſtadt, auf die eine Meile weit entlegene braunſchweigiſche Stadt Schoͤningen, und am Ruͤcken des Waldes hinauf bey guter heiterer Witterung ſo gar auf das hoch liegende Schloß Ballenſtaͤdt im Fuͤrſtenthum Anhalt-Bernburg hat. Die Ausſicht wird endlich vom Brocken und den Harz- Gebirgen umgraͤnzt. Der Hintergrund dieſer ſchoͤnen Gegend wird von hohen Waldbaͤumen einge- ſchloſſen; die zunaͤchſt liegende Forſtabtheilung des ſo genannten blauen Bergs enthaͤlt aber fuͤr den Alterthumsforſcher noch einige unaufgegrabene deutſche Grabhuͤgel mit alten ehrwuͤrdigen Buchen und Hainbuchen beſetzt, da hingegen verſchiedene eroͤffnete Graͤber ihre Schaͤtze an Urnen und andern Sachen ſchon geliefert haben. Die Schaͤ- ferſche Beſchreibung giebt ſolche namentlich an. Bey ihr koͤnnen wir uns mit etwas lebhafter Vorſtellung leicht unter die aͤlteſten Bewohner dieſer Gegenden verſetzen und unſere Einbildungskraft beſchaͤfftigen. Wir empfinden alsdenn in heiliger Stille Ge- fuͤhl der Druiden; um uns her liegen die Ueberbleibſel alter deutſcher jetzt unbekannter Helden und Heerfuͤhrer, guter Vaͤter ihrer Staͤmme, biederer Maͤnner. Sie ath- meten Freyheit, das groͤßte Geſchenk des Sterblichen; in ihren Verſammlungen herrſchte Ernſt und Offenherzigkeit; treu gegen einander und feſt mit einander verbun- den, ſchuͤtzte der ſtarknervigte Arm den ſchwaͤchern; der bluͤhende Juͤngling folgte, ohne zu

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/246>, abgerufen am 21.11.2024.