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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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von Gärten.
Menschheit unterdrückt, wo die stumme, durch Dulden ausgemergelte, Armuth nur
dem Auge des mitleidigen Zuschauers klagt, die noch immer ungemilderten Leiden
klagt, wozu der schuldlose nützliche Sclave weinend geboren wird, und worunter er
weinend stirbt! --

Wohlthätig und edel sind deine Wirkungen, goldne Freyheit! Man schaut sie
auch hier. Der Landmann, der hier die heiligen Rechte genießt, die ihm die Natur
gab, und die nur die dummste Art von Tyranney ihm entreißen konnte, fühlt seine
Brust mit Gesinnungen befruchtet, die unter dem Felsen der Sclaverey nicht aufkei-
men können. Er fühlt sich frey und edel, als Mensch; Muth, Fleiß, Freude über
sein Eigenthum, Treue gegen seinen Landesherrn aus Empfindung der Pflicht, häus-
liche Tugend und in ihrem Gefolge häusliche Glückseligkeit, ruhige Aussicht in die
Zukunft beleben ihn zum nützlichen Genuß seiner Tage. Er arbeitet, er genießt;
er giebt seine Abgaben ohne Verzug, und erlaubt sich nicht, daß sie ihm abgefordert
werden.

In einem solchen Lande, über ein solches Volk verdient ein solcher Fürst zu herr-
schen, als der ist, den es sich selbst zu seinem Glücke wählen würde, wenn er nicht
schon von der Vorsehung dazu bestimmt wäre. Einfacher und wohlthätiger kann kein
Prinz regieren. Er hört, Er beurtheilt alles selbst; Er ist immer Vater Seiner
Unterthanen, auch wenn Er als Richter über ihre Angelegenheiten entscheidet. Sie
lieben Ihn, wie man in dem ersten Weltalter den Vater liebte, der seine Kinder seg-
nete; sie ehren Ihn, wie man damals den Weisesten im Volke ehrte, der noch selbst,
ohne Räthe, Verordnungen geben konnte. Sein Haus stellt dem Lande ein Beyspiel
dar, nicht blos, daß auch ein Fürst im Schooß seiner Familie glücklich seyn kann,
sondern vielmehr, daß Er es nur seyn will, wie jeder Hausvater unter seinem Volke
es seyn soll, durch Wahrheit, Frömmigkeit, Eintracht und ungeschminkte Einfalt
häuslicher Tugend. Durch die Einrichtung Seines Hofes, wo Weisheit bey fürst-
lichem Anstand wohnt, und durch die Bildung Seiner liebenswürdigen Prinzen,
sichert Er Seinen Unterthanen das Glück ferner Tage zu, das Glück, in Ihnen einst
wieder zu besitzen, was Er und Sein Bruder *) ihnen waren; das wohlthätigste
Vermächtniß, bey dessen Andenken jedem Auge, so sehr es sich erheitert, gleichwohl
noch eine Thräne der Wehmuth entsinkt.

Das Schloß Augustenburg, das der geliebte Fürst mit seiner Familie be-
wohnt, liegt bey einem Flecken gleichen Namens, ganz nahe an der Einbucht eines
Meerbusens, den die Ostsee zwischen der Insel und dem Lande Sundewitt bildet.

Und
*) Se. Durchl. der Prinz Aemil August, königl. dänischer General u. s. w.

von Gaͤrten.
Menſchheit unterdruͤckt, wo die ſtumme, durch Dulden ausgemergelte, Armuth nur
dem Auge des mitleidigen Zuſchauers klagt, die noch immer ungemilderten Leiden
klagt, wozu der ſchuldloſe nuͤtzliche Sclave weinend geboren wird, und worunter er
weinend ſtirbt! —

Wohlthaͤtig und edel ſind deine Wirkungen, goldne Freyheit! Man ſchaut ſie
auch hier. Der Landmann, der hier die heiligen Rechte genießt, die ihm die Natur
gab, und die nur die dummſte Art von Tyranney ihm entreißen konnte, fuͤhlt ſeine
Bruſt mit Geſinnungen befruchtet, die unter dem Felſen der Sclaverey nicht aufkei-
men koͤnnen. Er fuͤhlt ſich frey und edel, als Menſch; Muth, Fleiß, Freude uͤber
ſein Eigenthum, Treue gegen ſeinen Landesherrn aus Empfindung der Pflicht, haͤus-
liche Tugend und in ihrem Gefolge haͤusliche Gluͤckſeligkeit, ruhige Ausſicht in die
Zukunft beleben ihn zum nuͤtzlichen Genuß ſeiner Tage. Er arbeitet, er genießt;
er giebt ſeine Abgaben ohne Verzug, und erlaubt ſich nicht, daß ſie ihm abgefordert
werden.

In einem ſolchen Lande, uͤber ein ſolches Volk verdient ein ſolcher Fuͤrſt zu herr-
ſchen, als der iſt, den es ſich ſelbſt zu ſeinem Gluͤcke waͤhlen wuͤrde, wenn er nicht
ſchon von der Vorſehung dazu beſtimmt waͤre. Einfacher und wohlthaͤtiger kann kein
Prinz regieren. Er hoͤrt, Er beurtheilt alles ſelbſt; Er iſt immer Vater Seiner
Unterthanen, auch wenn Er als Richter uͤber ihre Angelegenheiten entſcheidet. Sie
lieben Ihn, wie man in dem erſten Weltalter den Vater liebte, der ſeine Kinder ſeg-
nete; ſie ehren Ihn, wie man damals den Weiſeſten im Volke ehrte, der noch ſelbſt,
ohne Raͤthe, Verordnungen geben konnte. Sein Haus ſtellt dem Lande ein Beyſpiel
dar, nicht blos, daß auch ein Fuͤrſt im Schooß ſeiner Familie gluͤcklich ſeyn kann,
ſondern vielmehr, daß Er es nur ſeyn will, wie jeder Hausvater unter ſeinem Volke
es ſeyn ſoll, durch Wahrheit, Froͤmmigkeit, Eintracht und ungeſchminkte Einfalt
haͤuslicher Tugend. Durch die Einrichtung Seines Hofes, wo Weisheit bey fuͤrſt-
lichem Anſtand wohnt, und durch die Bildung Seiner liebenswuͤrdigen Prinzen,
ſichert Er Seinen Unterthanen das Gluͤck ferner Tage zu, das Gluͤck, in Ihnen einſt
wieder zu beſitzen, was Er und Sein Bruder *) ihnen waren; das wohlthaͤtigſte
Vermaͤchtniß, bey deſſen Andenken jedem Auge, ſo ſehr es ſich erheitert, gleichwohl
noch eine Thraͤne der Wehmuth entſinkt.

Das Schloß Auguſtenburg, das der geliebte Fuͤrſt mit ſeiner Familie be-
wohnt, liegt bey einem Flecken gleichen Namens, ganz nahe an der Einbucht eines
Meerbuſens, den die Oſtſee zwiſchen der Inſel und dem Lande Sundewitt bildet.

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*) Se. Durchl. der Prinz Aemil Auguſt, koͤnigl. daͤniſcher General u. ſ. w.
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[183/0187] von Gaͤrten. Menſchheit unterdruͤckt, wo die ſtumme, durch Dulden ausgemergelte, Armuth nur dem Auge des mitleidigen Zuſchauers klagt, die noch immer ungemilderten Leiden klagt, wozu der ſchuldloſe nuͤtzliche Sclave weinend geboren wird, und worunter er weinend ſtirbt! — Wohlthaͤtig und edel ſind deine Wirkungen, goldne Freyheit! Man ſchaut ſie auch hier. Der Landmann, der hier die heiligen Rechte genießt, die ihm die Natur gab, und die nur die dummſte Art von Tyranney ihm entreißen konnte, fuͤhlt ſeine Bruſt mit Geſinnungen befruchtet, die unter dem Felſen der Sclaverey nicht aufkei- men koͤnnen. Er fuͤhlt ſich frey und edel, als Menſch; Muth, Fleiß, Freude uͤber ſein Eigenthum, Treue gegen ſeinen Landesherrn aus Empfindung der Pflicht, haͤus- liche Tugend und in ihrem Gefolge haͤusliche Gluͤckſeligkeit, ruhige Ausſicht in die Zukunft beleben ihn zum nuͤtzlichen Genuß ſeiner Tage. Er arbeitet, er genießt; er giebt ſeine Abgaben ohne Verzug, und erlaubt ſich nicht, daß ſie ihm abgefordert werden. In einem ſolchen Lande, uͤber ein ſolches Volk verdient ein ſolcher Fuͤrſt zu herr- ſchen, als der iſt, den es ſich ſelbſt zu ſeinem Gluͤcke waͤhlen wuͤrde, wenn er nicht ſchon von der Vorſehung dazu beſtimmt waͤre. Einfacher und wohlthaͤtiger kann kein Prinz regieren. Er hoͤrt, Er beurtheilt alles ſelbſt; Er iſt immer Vater Seiner Unterthanen, auch wenn Er als Richter uͤber ihre Angelegenheiten entſcheidet. Sie lieben Ihn, wie man in dem erſten Weltalter den Vater liebte, der ſeine Kinder ſeg- nete; ſie ehren Ihn, wie man damals den Weiſeſten im Volke ehrte, der noch ſelbſt, ohne Raͤthe, Verordnungen geben konnte. Sein Haus ſtellt dem Lande ein Beyſpiel dar, nicht blos, daß auch ein Fuͤrſt im Schooß ſeiner Familie gluͤcklich ſeyn kann, ſondern vielmehr, daß Er es nur ſeyn will, wie jeder Hausvater unter ſeinem Volke es ſeyn ſoll, durch Wahrheit, Froͤmmigkeit, Eintracht und ungeſchminkte Einfalt haͤuslicher Tugend. Durch die Einrichtung Seines Hofes, wo Weisheit bey fuͤrſt- lichem Anſtand wohnt, und durch die Bildung Seiner liebenswuͤrdigen Prinzen, ſichert Er Seinen Unterthanen das Gluͤck ferner Tage zu, das Gluͤck, in Ihnen einſt wieder zu beſitzen, was Er und Sein Bruder *) ihnen waren; das wohlthaͤtigſte Vermaͤchtniß, bey deſſen Andenken jedem Auge, ſo ſehr es ſich erheitert, gleichwohl noch eine Thraͤne der Wehmuth entſinkt. Das Schloß Auguſtenburg, das der geliebte Fuͤrſt mit ſeiner Familie be- wohnt, liegt bey einem Flecken gleichen Namens, ganz nahe an der Einbucht eines Meerbuſens, den die Oſtſee zwiſchen der Inſel und dem Lande Sundewitt bildet. Und *) Se. Durchl. der Prinz Aemil Auguſt, koͤnigl. daͤniſcher General u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/187>, abgerufen am 21.11.2024.