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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Fünfter Abschnitt. Von Statüen,
sehen wir in Deutschland, in so manchen Gärten der Fürsten, eine Menge von leeren
Vasen aufgestellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt sind besonders die Gärten Ita-
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mit phantastischen Spielwerken und seltsamen Spitzfindigkeiten angefüllt. Hier
sind nur einige Beyspiele dieser Art aus dem berühmten Garten des großherzoglichen
Lustschlosses Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiäner mit
Entzücken reden. Man lese und urtheile selbst.

Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch
des Jupiters, dessen glänzender Donnerkeil Wasser spritzt, verweilen wir zuerst bey
den Künsten der langen Grotten, an der Seite des Schlosses. Eine davon, mit dem
Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein sogenanntes Meer von hellem Wasser,
aus welchem sich Felsen erheben, die mit Corallen und Meerschnecken bedeckt sind.
Unvermuthet erscheint ein Triton, der auf einer Seemuschel bläset. Sogleich eröff-
net sich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muschel sitzend,
von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Wasser ausspeyen. Zwo an-
dere Muscheln, aus deren Mitte hohe Wasserstrahlen hervorspritzen, begleiten sie auf
beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte siehet man auf großen Wasser-
schalen zwo erzene Harpyen, die Wasser ausspeyen, noch zwo andere, die mit mosai-
scher Arbeit bekleidet sind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Wasser
umgedrehet wird; zu seinen Füßen sind in einem kleinen Teiche Enten, die sich ins
Wasser tauchen und trinken. Eine andere Grotte stellt eine Badstube vor, die rings-
um mit Spiegeln bedeckt ist. Indeß man sich auf allen Seiten erblickt, weicht der
Boden unter den Füßen, und man wird ganz naß. Fast in allen Grotten sind be-
triegerische Sitze an den Wänden angebracht; setzt man sich nieder, so spritzt ein
Wasserstrahl unter den Füßen gerade empor. Weiter sieht man in den Grotten Schä-
fer mit ihren Heerden, Wassermühlen im vollen Gange, kleine Bildsäulen, die hin
und her gehen, singende Vögel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der
Hand, aus einer sich öffnenden Thür hervorkommt, und unter dem Schall eines Du-
delsacks, den ein naher Hirte bläst, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo
sie Wasser schöpft, worauf sie ihren Weg zurückkehrt. Man nennt diese Dame Sa-
maritana.
Diesem Kunststücke gegenüber ist eine Festung, die von einer großen
Menge Soldaten von außen bestürmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und
Flinten spritzen Wasser aus. Man hört die Trommel schlagen und ein gewaltiges
Geräusch, alles wird durchs Wasser in diese Bewegung gesetzt. -- Unter der Treppe,
wo man in den Garten von Seiten des Schlosses hinabsteigt, steht in einer Grotte die

Bild-
*) Aus Jagemanns Briefen über Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.

Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen,
ſehen wir in Deutſchland, in ſo manchen Gaͤrten der Fuͤrſten, eine Menge von leeren
Vaſen aufgeſtellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt ſind beſonders die Gaͤrten Ita-
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mit phantaſtiſchen Spielwerken und ſeltſamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier
ſind nur einige Beyſpiele dieſer Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen
Luſtſchloſſes Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiaͤner mit
Entzuͤcken reden. Man leſe und urtheile ſelbſt.

Ohne des Rieſen zu gedenken, in deſſen Bauch ſich eine Grotte befindet, noch
des Jupiters, deſſen glaͤnzender Donnerkeil Waſſer ſpritzt, verweilen wir zuerſt bey
den Kuͤnſten der langen Grotten, an der Seite des Schloſſes. Eine davon, mit dem
Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein ſogenanntes Meer von hellem Waſſer,
aus welchem ſich Felſen erheben, die mit Corallen und Meerſchnecken bedeckt ſind.
Unvermuthet erſcheint ein Triton, der auf einer Seemuſchel blaͤſet. Sogleich eroͤff-
net ſich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muſchel ſitzend,
von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Waſſer ausſpeyen. Zwo an-
dere Muſcheln, aus deren Mitte hohe Waſſerſtrahlen hervorſpritzen, begleiten ſie auf
beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte ſiehet man auf großen Waſſer-
ſchalen zwo erzene Harpyen, die Waſſer ausſpeyen, noch zwo andere, die mit moſai-
ſcher Arbeit bekleidet ſind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Waſſer
umgedrehet wird; zu ſeinen Fuͤßen ſind in einem kleinen Teiche Enten, die ſich ins
Waſſer tauchen und trinken. Eine andere Grotte ſtellt eine Badſtube vor, die rings-
um mit Spiegeln bedeckt iſt. Indeß man ſich auf allen Seiten erblickt, weicht der
Boden unter den Fuͤßen, und man wird ganz naß. Faſt in allen Grotten ſind be-
triegeriſche Sitze an den Waͤnden angebracht; ſetzt man ſich nieder, ſo ſpritzt ein
Waſſerſtrahl unter den Fuͤßen gerade empor. Weiter ſieht man in den Grotten Schaͤ-
fer mit ihren Heerden, Waſſermuͤhlen im vollen Gange, kleine Bildſaͤulen, die hin
und her gehen, ſingende Voͤgel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der
Hand, aus einer ſich oͤffnenden Thuͤr hervorkommt, und unter dem Schall eines Du-
delſacks, den ein naher Hirte blaͤſt, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo
ſie Waſſer ſchoͤpft, worauf ſie ihren Weg zuruͤckkehrt. Man nennt dieſe Dame Sa-
maritana.
Dieſem Kunſtſtuͤcke gegenuͤber iſt eine Feſtung, die von einer großen
Menge Soldaten von außen beſtuͤrmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und
Flinten ſpritzen Waſſer aus. Man hoͤrt die Trommel ſchlagen und ein gewaltiges
Geraͤuſch, alles wird durchs Waſſer in dieſe Bewegung geſetzt. — Unter der Treppe,
wo man in den Garten von Seiten des Schloſſes hinabſteigt, ſteht in einer Grotte die

Bild-
*) Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.
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[152/0162] Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen, ſehen wir in Deutſchland, in ſo manchen Gaͤrten der Fuͤrſten, eine Menge von leeren Vaſen aufgeſtellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt ſind beſonders die Gaͤrten Ita- liens mit phantaſtiſchen Spielwerken und ſeltſamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier ſind nur einige Beyſpiele dieſer Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen Luſtſchloſſes Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiaͤner mit Entzuͤcken reden. Man leſe und urtheile ſelbſt. Ohne des Rieſen zu gedenken, in deſſen Bauch ſich eine Grotte befindet, noch des Jupiters, deſſen glaͤnzender Donnerkeil Waſſer ſpritzt, verweilen wir zuerſt bey den Kuͤnſten der langen Grotten, an der Seite des Schloſſes. Eine davon, mit dem Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein ſogenanntes Meer von hellem Waſſer, aus welchem ſich Felſen erheben, die mit Corallen und Meerſchnecken bedeckt ſind. Unvermuthet erſcheint ein Triton, der auf einer Seemuſchel blaͤſet. Sogleich eroͤff- net ſich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muſchel ſitzend, von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Waſſer ausſpeyen. Zwo an- dere Muſcheln, aus deren Mitte hohe Waſſerſtrahlen hervorſpritzen, begleiten ſie auf beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte ſiehet man auf großen Waſſer- ſchalen zwo erzene Harpyen, die Waſſer ausſpeyen, noch zwo andere, die mit moſai- ſcher Arbeit bekleidet ſind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Waſſer umgedrehet wird; zu ſeinen Fuͤßen ſind in einem kleinen Teiche Enten, die ſich ins Waſſer tauchen und trinken. Eine andere Grotte ſtellt eine Badſtube vor, die rings- um mit Spiegeln bedeckt iſt. Indeß man ſich auf allen Seiten erblickt, weicht der Boden unter den Fuͤßen, und man wird ganz naß. Faſt in allen Grotten ſind be- triegeriſche Sitze an den Waͤnden angebracht; ſetzt man ſich nieder, ſo ſpritzt ein Waſſerſtrahl unter den Fuͤßen gerade empor. Weiter ſieht man in den Grotten Schaͤ- fer mit ihren Heerden, Waſſermuͤhlen im vollen Gange, kleine Bildſaͤulen, die hin und her gehen, ſingende Voͤgel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der Hand, aus einer ſich oͤffnenden Thuͤr hervorkommt, und unter dem Schall eines Du- delſacks, den ein naher Hirte blaͤſt, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo ſie Waſſer ſchoͤpft, worauf ſie ihren Weg zuruͤckkehrt. Man nennt dieſe Dame Sa- maritana. Dieſem Kunſtſtuͤcke gegenuͤber iſt eine Feſtung, die von einer großen Menge Soldaten von außen beſtuͤrmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und Flinten ſpritzen Waſſer aus. Man hoͤrt die Trommel ſchlagen und ein gewaltiges Geraͤuſch, alles wird durchs Waſſer in dieſe Bewegung geſetzt. — Unter der Treppe, wo man in den Garten von Seiten des Schloſſes hinabſteigt, ſteht in einer Grotte die Bild- *) Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/162>, abgerufen am 24.11.2024.