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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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Monumenten und Inschriften.

So vortrefflich auch diese Anlage zu Stowe ist, so lassen sich doch, wo man
etwa eine ähnliche Nachahmung von den elysäischen Feldern machen will, noch ver-
schiedene Umstände verbessern. Die Idee von Elysium ist zugleich erhaben und rei-
zend, und stimmt sehr glücklich mit den herrlichsten Wirkungen eines heitern Gartens
zusammen. Zuvörderst muß zu einer solchen Anlage eine Gegend ausgesucht werden,
die lachende Anmuth mit Ruhe verbindet. Eine Gegend, die kein Sturm erschüttert,
die nur sanfte Winde erfrischen; ein weites, freyes, hügelichtes Gefilde; keine
Gebirge, nur die Gränze mit kleinen Bergen umschlossen, zwischen welchen sich Aus-
sichten in die entferntesten Landschaften eröffnen, und die Vorstellung von Fortgang, von
Unermeßlichkeit geben; liebliche Zusammensetzung von frischem Rasen, von spielenden
Bächen, von hellgrünenden und lange blühenden Gebüschen, von luftigen Gruppen ho-
her, edler und seltener Bäume, die angenehme Durchsichten zwischen ihren Stämmen
verstatten; Hügel mit einem dicken Gemisch stark duftender Kräuter und Blumen mit
glänzenden Farben bepflanzt; keine Wasserfälle, welche die Ruhe unterbrechen, keine
Tempel, noch andere Gebäude, die den Begriff der Einschränkung oder Verschließung
erregen; keine Thiere, die viel Bewegung und Geräusch verursachen, und die feyerliche
zu den süßesten Empfindungen des Vergnügens einladende Stille stören; nur etwa ei-
nige kleine Vögel, die hie und da sich in der Dämmerung des Laubes wiegen, und die
sanftern Melodien der Liebe durch duftende Gebüsche hinathmen. Der Eingang sey
wild verwachsen, überschattet, von Bäumen mit schwärzlichem Laub verdunkelt und
öde; er lasse nichts angenehmes erwarten, verwildere immer tiefer; und auf einmal
breche das helle, lachende, entzückende Elysium hervor.

Devenere locos laetos, et amoena vireta
Fortunatorum nemorum, sedesque beatas,
Largior hic campos aether, et lumine vertit
Purpureo --

Virgil. Aen. VI.

Die Bildnisse der glückseligen Bewohner dieser Gefilde müssen nicht alle auf einmal in
die Augen fallen, sondern nach und nach, zwischen Blumenhügeln, Gruppen von blü-
henden Sträuchern und Hainen; immer an einem Ort, in einer Stellung, mit einem
Ausdruck, der dem Charakter gemäß ist; bald in einsamen Entzückungen, bald in ge-
sellschaftlichen Unterredungen. Keine Büsten, die nur eine halbe Wirkung haben,
sondern Statüen in Lebensgröße. Nicht ganz im Freyen, wodurch der Marmor zu

viel
III Band. S
Monumenten und Inſchriften.

So vortrefflich auch dieſe Anlage zu Stowe iſt, ſo laſſen ſich doch, wo man
etwa eine aͤhnliche Nachahmung von den elyſaͤiſchen Feldern machen will, noch ver-
ſchiedene Umſtaͤnde verbeſſern. Die Idee von Elyſium iſt zugleich erhaben und rei-
zend, und ſtimmt ſehr gluͤcklich mit den herrlichſten Wirkungen eines heitern Gartens
zuſammen. Zuvoͤrderſt muß zu einer ſolchen Anlage eine Gegend ausgeſucht werden,
die lachende Anmuth mit Ruhe verbindet. Eine Gegend, die kein Sturm erſchuͤttert,
die nur ſanfte Winde erfriſchen; ein weites, freyes, huͤgelichtes Gefilde; keine
Gebirge, nur die Graͤnze mit kleinen Bergen umſchloſſen, zwiſchen welchen ſich Aus-
ſichten in die entfernteſten Landſchaften eroͤffnen, und die Vorſtellung von Fortgang, von
Unermeßlichkeit geben; liebliche Zuſammenſetzung von friſchem Raſen, von ſpielenden
Baͤchen, von hellgruͤnenden und lange bluͤhenden Gebuͤſchen, von luftigen Gruppen ho-
her, edler und ſeltener Baͤume, die angenehme Durchſichten zwiſchen ihren Staͤmmen
verſtatten; Huͤgel mit einem dicken Gemiſch ſtark duftender Kraͤuter und Blumen mit
glaͤnzenden Farben bepflanzt; keine Waſſerfaͤlle, welche die Ruhe unterbrechen, keine
Tempel, noch andere Gebaͤude, die den Begriff der Einſchraͤnkung oder Verſchließung
erregen; keine Thiere, die viel Bewegung und Geraͤuſch verurſachen, und die feyerliche
zu den ſuͤßeſten Empfindungen des Vergnuͤgens einladende Stille ſtoͤren; nur etwa ei-
nige kleine Voͤgel, die hie und da ſich in der Daͤmmerung des Laubes wiegen, und die
ſanftern Melodien der Liebe durch duftende Gebuͤſche hinathmen. Der Eingang ſey
wild verwachſen, uͤberſchattet, von Baͤumen mit ſchwaͤrzlichem Laub verdunkelt und
oͤde; er laſſe nichts angenehmes erwarten, verwildere immer tiefer; und auf einmal
breche das helle, lachende, entzuͤckende Elyſium hervor.

Devenere locos laetos, et amoena vireta
Fortunatorum nemorum, ſedesque beatas,
Largior hic campos aether, et lumine vertit
Purpureo —

Virgil. Aen. VI.

Die Bildniſſe der gluͤckſeligen Bewohner dieſer Gefilde muͤſſen nicht alle auf einmal in
die Augen fallen, ſondern nach und nach, zwiſchen Blumenhuͤgeln, Gruppen von bluͤ-
henden Straͤuchern und Hainen; immer an einem Ort, in einer Stellung, mit einem
Ausdruck, der dem Charakter gemaͤß iſt; bald in einſamen Entzuͤckungen, bald in ge-
ſellſchaftlichen Unterredungen. Keine Buͤſten, die nur eine halbe Wirkung haben,
ſondern Statuͤen in Lebensgroͤße. Nicht ganz im Freyen, wodurch der Marmor zu

viel
III Band. S
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[137/0141] Monumenten und Inſchriften. So vortrefflich auch dieſe Anlage zu Stowe iſt, ſo laſſen ſich doch, wo man etwa eine aͤhnliche Nachahmung von den elyſaͤiſchen Feldern machen will, noch ver- ſchiedene Umſtaͤnde verbeſſern. Die Idee von Elyſium iſt zugleich erhaben und rei- zend, und ſtimmt ſehr gluͤcklich mit den herrlichſten Wirkungen eines heitern Gartens zuſammen. Zuvoͤrderſt muß zu einer ſolchen Anlage eine Gegend ausgeſucht werden, die lachende Anmuth mit Ruhe verbindet. Eine Gegend, die kein Sturm erſchuͤttert, die nur ſanfte Winde erfriſchen; ein weites, freyes, huͤgelichtes Gefilde; keine Gebirge, nur die Graͤnze mit kleinen Bergen umſchloſſen, zwiſchen welchen ſich Aus- ſichten in die entfernteſten Landſchaften eroͤffnen, und die Vorſtellung von Fortgang, von Unermeßlichkeit geben; liebliche Zuſammenſetzung von friſchem Raſen, von ſpielenden Baͤchen, von hellgruͤnenden und lange bluͤhenden Gebuͤſchen, von luftigen Gruppen ho- her, edler und ſeltener Baͤume, die angenehme Durchſichten zwiſchen ihren Staͤmmen verſtatten; Huͤgel mit einem dicken Gemiſch ſtark duftender Kraͤuter und Blumen mit glaͤnzenden Farben bepflanzt; keine Waſſerfaͤlle, welche die Ruhe unterbrechen, keine Tempel, noch andere Gebaͤude, die den Begriff der Einſchraͤnkung oder Verſchließung erregen; keine Thiere, die viel Bewegung und Geraͤuſch verurſachen, und die feyerliche zu den ſuͤßeſten Empfindungen des Vergnuͤgens einladende Stille ſtoͤren; nur etwa ei- nige kleine Voͤgel, die hie und da ſich in der Daͤmmerung des Laubes wiegen, und die ſanftern Melodien der Liebe durch duftende Gebuͤſche hinathmen. Der Eingang ſey wild verwachſen, uͤberſchattet, von Baͤumen mit ſchwaͤrzlichem Laub verdunkelt und oͤde; er laſſe nichts angenehmes erwarten, verwildere immer tiefer; und auf einmal breche das helle, lachende, entzuͤckende Elyſium hervor. Devenere locos laetos, et amoena vireta Fortunatorum nemorum, ſedesque beatas, Largior hic campos aether, et lumine vertit Purpureo — Virgil. Aen. VI. Die Bildniſſe der gluͤckſeligen Bewohner dieſer Gefilde muͤſſen nicht alle auf einmal in die Augen fallen, ſondern nach und nach, zwiſchen Blumenhuͤgeln, Gruppen von bluͤ- henden Straͤuchern und Hainen; immer an einem Ort, in einer Stellung, mit einem Ausdruck, der dem Charakter gemaͤß iſt; bald in einſamen Entzuͤckungen, bald in ge- ſellſchaftlichen Unterredungen. Keine Buͤſten, die nur eine halbe Wirkung haben, ſondern Statuͤen in Lebensgroͤße. Nicht ganz im Freyen, wodurch der Marmor zu viel III Band. S

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/141>, abgerufen am 22.11.2024.