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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Anhang.
welches die Schäferwohnung heißt, und mit hohen Bäumen umgeben ist. Ein
Zimmer darin ist mit Silhouetten von des Lords Familie und Freunden geziert.
So sonderbar dieser Anblick ist, so sollen sie doch sehr ähnlich seyn. Das andere
ist mit Kupferstichen versehen, welche Landschaften und Prospecte der vorzüglichsten
Landhäuser und Gärten vorstellen. Die Treppe ist mit alten Landcharten und Lie-
dern beklebt. Dies ist nicht nur unterhaltend, sondern stimmt auch mit dem Cha-
rakter eines Hirten überein, den man sich als den Bewohner dieses Hauses vorstel-
len muß.

Wollten Sie den offenen Gang auf dieser Höhe bis ganz ans Ende fortsetzen,
so würden Sie vielleicht noch vielerley Abwechselungen in der Landschaft finden. Aber
ich muß gestehen, daß die Verführung für mich nicht stark genug war, um den
reizenden Ort, wo ich mich befand, zu verlassen. Nachdem ich lange genug dar-
auf verweilet hatte, war ich nunmehr auch darauf bedacht, die andern Theile des
Waldes zu besuchen. Die Ebene, worauf ich mein Augenmerk im Weitergehen
richtete, bestand aus einem sehr fruchtbaren Boden mit einem so feinen Rasen, wie
in einem Boulingrin, oder wie auf den Hügeln in Wilthshire. Sie ist auf beyden
Seiten abhängig, und läuft wellenförmig längst dem Fuße der Waldung fort. Hin
und wieder ist sie mit Klumpen von Kiefern, Eichen und alten Taxusbäumen be-
setzt, die den Heerden in den heißen Monaten einen erfrischenden Schatten geben.

Auf der Seite eines schönen Amphitheaters, welches der Hügel formirt, und
wo man eine liebliche Aussicht hat, folgte ich einem Fußsteige, und kam bald an
die Rotunde. Dies artige Gebäude hat viel ähnliches mit der zu Hagley, ist
aber, wie mich dünkt, nicht so helle. Es liegt auf einer Höhe, von der das Au-
ge eine liebliche abwechselnde Landschaft vor sich sieht.

Hier unterscheidet man am besten die Haine von Hagley, die Clentischen
Hügel, den Wald von Wichtberry und den Obelisk, ferner die Stadt Dudley
bis zu ihrem verfallenen Schlosse auf dem Gipfel eines steilen Hügels und in der
Nachbarschaft von andern, die theils angebauet, theils mit Waldung besetzt sind;
zwischen diesen und Clent entdeckt man sehr deutlich ein Stück von den Leasowes,
und die Capelle auf dem Hügel Brierly. Diese Gegenstände formiren einen an-
genehmen Horizont: es giebt aber andere, die man mehr zu seinen Füßen hat; vor-
nehmlich die Schulwohnung, die am Rande einer unangebaueten Strecke zwischen
allerley Pflanzungen von Kiefern, grünen Wildbahnen, und fruchtbaren Feldern
wie eingeschlossen liegt.

Das artige Gebäude reizt nicht nur das Auge, sondern erregt auch wärmere
Empfindungen, wenn man weiß, daß hier durch die Freygebigkeit einer Dame,

nämlich

Anhang.
welches die Schaͤferwohnung heißt, und mit hohen Baͤumen umgeben iſt. Ein
Zimmer darin iſt mit Silhouetten von des Lords Familie und Freunden geziert.
So ſonderbar dieſer Anblick iſt, ſo ſollen ſie doch ſehr aͤhnlich ſeyn. Das andere
iſt mit Kupferſtichen verſehen, welche Landſchaften und Proſpecte der vorzuͤglichſten
Landhaͤuſer und Gaͤrten vorſtellen. Die Treppe iſt mit alten Landcharten und Lie-
dern beklebt. Dies iſt nicht nur unterhaltend, ſondern ſtimmt auch mit dem Cha-
rakter eines Hirten uͤberein, den man ſich als den Bewohner dieſes Hauſes vorſtel-
len muß.

Wollten Sie den offenen Gang auf dieſer Hoͤhe bis ganz ans Ende fortſetzen,
ſo wuͤrden Sie vielleicht noch vielerley Abwechſelungen in der Landſchaft finden. Aber
ich muß geſtehen, daß die Verfuͤhrung fuͤr mich nicht ſtark genug war, um den
reizenden Ort, wo ich mich befand, zu verlaſſen. Nachdem ich lange genug dar-
auf verweilet hatte, war ich nunmehr auch darauf bedacht, die andern Theile des
Waldes zu beſuchen. Die Ebene, worauf ich mein Augenmerk im Weitergehen
richtete, beſtand aus einem ſehr fruchtbaren Boden mit einem ſo feinen Raſen, wie
in einem Boulingrin, oder wie auf den Huͤgeln in Wilthſhire. Sie iſt auf beyden
Seiten abhaͤngig, und laͤuft wellenfoͤrmig laͤngſt dem Fuße der Waldung fort. Hin
und wieder iſt ſie mit Klumpen von Kiefern, Eichen und alten Taxusbaͤumen be-
ſetzt, die den Heerden in den heißen Monaten einen erfriſchenden Schatten geben.

Auf der Seite eines ſchoͤnen Amphitheaters, welches der Huͤgel formirt, und
wo man eine liebliche Ausſicht hat, folgte ich einem Fußſteige, und kam bald an
die Rotunde. Dies artige Gebaͤude hat viel aͤhnliches mit der zu Hagley, iſt
aber, wie mich duͤnkt, nicht ſo helle. Es liegt auf einer Hoͤhe, von der das Au-
ge eine liebliche abwechſelnde Landſchaft vor ſich ſieht.

Hier unterſcheidet man am beſten die Haine von Hagley, die Clentiſchen
Huͤgel, den Wald von Wichtberry und den Obelisk, ferner die Stadt Dudley
bis zu ihrem verfallenen Schloſſe auf dem Gipfel eines ſteilen Huͤgels und in der
Nachbarſchaft von andern, die theils angebauet, theils mit Waldung beſetzt ſind;
zwiſchen dieſen und Clent entdeckt man ſehr deutlich ein Stuͤck von den Leaſowes,
und die Capelle auf dem Huͤgel Brierly. Dieſe Gegenſtaͤnde formiren einen an-
genehmen Horizont: es giebt aber andere, die man mehr zu ſeinen Fuͤßen hat; vor-
nehmlich die Schulwohnung, die am Rande einer unangebaueten Strecke zwiſchen
allerley Pflanzungen von Kiefern, gruͤnen Wildbahnen, und fruchtbaren Feldern
wie eingeſchloſſen liegt.

Das artige Gebaͤude reizt nicht nur das Auge, ſondern erregt auch waͤrmere
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[168/0172] Anhang. welches die Schaͤferwohnung heißt, und mit hohen Baͤumen umgeben iſt. Ein Zimmer darin iſt mit Silhouetten von des Lords Familie und Freunden geziert. So ſonderbar dieſer Anblick iſt, ſo ſollen ſie doch ſehr aͤhnlich ſeyn. Das andere iſt mit Kupferſtichen verſehen, welche Landſchaften und Proſpecte der vorzuͤglichſten Landhaͤuſer und Gaͤrten vorſtellen. Die Treppe iſt mit alten Landcharten und Lie- dern beklebt. Dies iſt nicht nur unterhaltend, ſondern ſtimmt auch mit dem Cha- rakter eines Hirten uͤberein, den man ſich als den Bewohner dieſes Hauſes vorſtel- len muß. Wollten Sie den offenen Gang auf dieſer Hoͤhe bis ganz ans Ende fortſetzen, ſo wuͤrden Sie vielleicht noch vielerley Abwechſelungen in der Landſchaft finden. Aber ich muß geſtehen, daß die Verfuͤhrung fuͤr mich nicht ſtark genug war, um den reizenden Ort, wo ich mich befand, zu verlaſſen. Nachdem ich lange genug dar- auf verweilet hatte, war ich nunmehr auch darauf bedacht, die andern Theile des Waldes zu beſuchen. Die Ebene, worauf ich mein Augenmerk im Weitergehen richtete, beſtand aus einem ſehr fruchtbaren Boden mit einem ſo feinen Raſen, wie in einem Boulingrin, oder wie auf den Huͤgeln in Wilthſhire. Sie iſt auf beyden Seiten abhaͤngig, und laͤuft wellenfoͤrmig laͤngſt dem Fuße der Waldung fort. Hin und wieder iſt ſie mit Klumpen von Kiefern, Eichen und alten Taxusbaͤumen be- ſetzt, die den Heerden in den heißen Monaten einen erfriſchenden Schatten geben. Auf der Seite eines ſchoͤnen Amphitheaters, welches der Huͤgel formirt, und wo man eine liebliche Ausſicht hat, folgte ich einem Fußſteige, und kam bald an die Rotunde. Dies artige Gebaͤude hat viel aͤhnliches mit der zu Hagley, iſt aber, wie mich duͤnkt, nicht ſo helle. Es liegt auf einer Hoͤhe, von der das Au- ge eine liebliche abwechſelnde Landſchaft vor ſich ſieht. Hier unterſcheidet man am beſten die Haine von Hagley, die Clentiſchen Huͤgel, den Wald von Wichtberry und den Obelisk, ferner die Stadt Dudley bis zu ihrem verfallenen Schloſſe auf dem Gipfel eines ſteilen Huͤgels und in der Nachbarſchaft von andern, die theils angebauet, theils mit Waldung beſetzt ſind; zwiſchen dieſen und Clent entdeckt man ſehr deutlich ein Stuͤck von den Leaſowes, und die Capelle auf dem Huͤgel Brierly. Dieſe Gegenſtaͤnde formiren einen an- genehmen Horizont: es giebt aber andere, die man mehr zu ſeinen Fuͤßen hat; vor- nehmlich die Schulwohnung, die am Rande einer unangebaueten Strecke zwiſchen allerley Pflanzungen von Kiefern, gruͤnen Wildbahnen, und fruchtbaren Feldern wie eingeſchloſſen liegt. Das artige Gebaͤude reizt nicht nur das Auge, ſondern erregt auch waͤrmere Empfindungen, wenn man weiß, daß hier durch die Freygebigkeit einer Dame, naͤmlich

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/172>, abgerufen am 24.11.2024.