Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten von einer anmuthigen Landgegend umringt werden: dieses alles macht zusammenwirklich einen Auftritt von Pracht und Größe aus. Die verschiedenen Wildbahnen werden durch die schönsten Bäume von einander stentheils
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten von einer anmuthigen Landgegend umringt werden: dieſes alles macht zuſammenwirklich einen Auftritt von Pracht und Groͤße aus. Die verſchiedenen Wildbahnen werden durch die ſchoͤnſten Baͤume von einander ſtentheils
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Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
von einer anmuthigen Landgegend umringt werden: dieſes alles macht zuſammen
wirklich einen Auftritt von Pracht und Groͤße aus.
Die verſchiedenen Wildbahnen werden durch die ſchoͤnſten Baͤume von einander
abgeſondert, welche bisweilen in weitſchichtige, von Lichtſtrahlen durchkreuzte und von
einem jeden Luͤftchen durchdrungene Haine aufwachſen, noch weit oͤfterer aber vermit-
telſt ihrer zuſammenſtoßenden in einander geflochtenen Zweige einen tiefen undurch-
dringlichen Schatten verbreiten. Große weit ausgeſtreckte und tief herabhaͤngende
Aeſte verſperren oft die Ausſicht. Bisweilen iſt ein leerer Raum mit lebendigem
Gehoͤlze, mit Haſelſtraͤuchen, Dorngebuͤſchen und Hagebuchen angefuͤllt, deren bu-
ſchigte Haͤupter ſich mit dem Laubwerk der Baͤume vermiſchen, und deren ſchwache
Reiſer in unzaͤhlbarer Menge ſich um ihre Staͤmme herum verſammeln, und auf dieſe
Art die Waldung verdicken und verfinſtern. Hier und da beſtehet die Abtheilung
blos aus ſolchem lebendigen Gehoͤlze, welches, weil es nicht ſo gepreßt und erſtickt
wird, weit ſtaͤrker aufſchießet, ſich viel weiter ausbreitet, und oben in ein niedrig ge-
woͤlbtes Gebuͤſche zuſammenlaͤuft. An andern Orten verdunkelt ſich der Schatten
unter den hohen Schwibboͤgen der laͤngſten Eſchen, oder dehnet ſich unter den Aeſten
der ehrwuͤrdigſten Eichen in der Breite; dieſe zeigen ſich in allen moͤglichen Geſtalten,
in welchen Baͤume nur wachſen koͤnnen. Der Boden unter denſelben iſt bisweilen
beynahe voͤllig eben, bisweilen ein wenig erhaben, insgemein aber ſehr irregulaͤr und
ganz ungleich. An verſchiedenen Orten laufen große Hoͤhlungen an den Seiten der
Berge herab, die ſeit Jahrhunderten in den ſtuͤrmiſchen Monaten von dem herab-
ſchießenden Waſſer ausgewaſchen ſind; denn ſehr bejahrte, mitten in dieſen Canaͤlen
ſtehende Eichen beweiſen ihr Alterthum. Einige unter denſelben erhalten ſich die
meiſte Zeit des Jahres hindurch ganz trocken; in andern aber fallen kleine Gewaͤſſer
den ganzen Sommer hindurch herab. Sie ſind ſowohl tief als breit; die Seiten ſind
gemeiniglich ſteil, und oft ſenkrecht abgebrochen oder ausgehoͤhlt; und die auf den
Ufern ſtehenden Baͤume verlaͤngern nicht ſelten ihre gaͤnzlich bemoosten Wurzeln uͤber
dieſe Waſſergraben, bis in den jenſeitigen Boden hinuͤber. Tief unten in einem von
dieſen Schluften iſt unter einem dicken Schatten von wilden Kaſtanienbaͤumen eine
platte Bank, in der Mitte verſchiedener kleiner Stroͤme und Waſſerfaͤlle, die zwiſchen
großen frey liegenden Steinen und den Kloͤtzern abgeſtorbener Baͤume, welche den
Boden unterbrechen, dahin rauſchen. Auf dem Rande eines andern Canals, der
ſich durch eine zahlreiche Dolenhecke unterſcheidet, befindet ſich in einer noch wildern
Lage, neben einem tiefern Abgrunde, und in einer noch dichtern Finſterniß, eine
Huͤtte. Die Waſſerfaͤlle ſind hier beynahe ſenkrecht; die Wurzeln verſchiedener von
den herumſtehenden Baͤumen ſind, nachdem die Erde ganz weggeſpuͤlt worden, mei-
ſtentheils
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