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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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der Alten und der Neuen.
nicht anders schön finden zu können, als wenn sie Blumen zeigten, die unter einem
fremden Himmel geboren waren und viel gekostet hatten. Die Blumenzucht ward
eine sehr einträgliche Kunst, und dieser Geschmack breitete sich auch in Deutschland,
besonders in den Seestädten und benachbarten Gegenden aus. Jetzt scheint er sehr
gefallen zu seyn, vielleicht weil ihn eine unsinnige Liebhaberey zu kostbar machte, als
daß er lange stehen konnte. [Spaltenumbruch] *)

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6.
Gärten in England.

Der gesunde Geschmack der Engländer macht ihnen das Landleben schätzbar,
auf dessen Veredelung sie das verwenden, was andere Nationen in ihren Hauptstädten
durchbringen. Der Reichthum, die Pracht und der Geschmack der brittischen
Lords ist nicht in London, sondern auf ihren Landsitzen in den Provinzen sichtbar.
Das gelinde Klima, die natürliche Fruchtbarkeit und Schönheit ihres Landes, der
Wohlstand der Felder, die glückliche Freyheit sind nicht geringe Reizungen für diese
Nation, wovon ein großer Theil so sehr, als der Schweizer, das Landleben liebt.

Die
*) Die Stadtregister von Alkmaar be-
zeugen, daß man im Jahr 1637 hundert
und zwanzig Tulpen mit ihrer Brut zum
Nutzen des Waisenhauses öffentlich für
neunzigtausend Gulden verkaufte. Eine
[Spaltenumbruch] einzige, der Vicekönig, ward um viertau-
send zweyhundert und drey Gulden ver-
kauft; eine andere, der Admiral von Enk-
huysen, um fünftausend zweyhundert
Gulden.
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der Alten und der Neuen.
nicht anders ſchoͤn finden zu koͤnnen, als wenn ſie Blumen zeigten, die unter einem
fremden Himmel geboren waren und viel gekoſtet hatten. Die Blumenzucht ward
eine ſehr eintraͤgliche Kunſt, und dieſer Geſchmack breitete ſich auch in Deutſchland,
beſonders in den Seeſtaͤdten und benachbarten Gegenden aus. Jetzt ſcheint er ſehr
gefallen zu ſeyn, vielleicht weil ihn eine unſinnige Liebhaberey zu koſtbar machte, als
daß er lange ſtehen konnte. [Spaltenumbruch] *)

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6.
Gaͤrten in England.

Der geſunde Geſchmack der Englaͤnder macht ihnen das Landleben ſchaͤtzbar,
auf deſſen Veredelung ſie das verwenden, was andere Nationen in ihren Hauptſtaͤdten
durchbringen. Der Reichthum, die Pracht und der Geſchmack der brittiſchen
Lords iſt nicht in London, ſondern auf ihren Landſitzen in den Provinzen ſichtbar.
Das gelinde Klima, die natuͤrliche Fruchtbarkeit und Schoͤnheit ihres Landes, der
Wohlſtand der Felder, die gluͤckliche Freyheit ſind nicht geringe Reizungen fuͤr dieſe
Nation, wovon ein großer Theil ſo ſehr, als der Schweizer, das Landleben liebt.

Die
*) Die Stadtregiſter von Alkmaar be-
zeugen, daß man im Jahr 1637 hundert
und zwanzig Tulpen mit ihrer Brut zum
Nutzen des Waiſenhauſes oͤffentlich fuͤr
neunzigtauſend Gulden verkaufte. Eine
[Spaltenumbruch] einzige, der Vicekoͤnig, ward um viertau-
ſend zweyhundert und drey Gulden ver-
kauft; eine andere, der Admiral von Enk-
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Gulden.
G 3
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[53/0067] der Alten und der Neuen. nicht anders ſchoͤn finden zu koͤnnen, als wenn ſie Blumen zeigten, die unter einem fremden Himmel geboren waren und viel gekoſtet hatten. Die Blumenzucht ward eine ſehr eintraͤgliche Kunſt, und dieſer Geſchmack breitete ſich auch in Deutſchland, beſonders in den Seeſtaͤdten und benachbarten Gegenden aus. Jetzt ſcheint er ſehr gefallen zu ſeyn, vielleicht weil ihn eine unſinnige Liebhaberey zu koſtbar machte, als daß er lange ſtehen konnte. *) [Abbildung] 6. Gaͤrten in England. Der geſunde Geſchmack der Englaͤnder macht ihnen das Landleben ſchaͤtzbar, auf deſſen Veredelung ſie das verwenden, was andere Nationen in ihren Hauptſtaͤdten durchbringen. Der Reichthum, die Pracht und der Geſchmack der brittiſchen Lords iſt nicht in London, ſondern auf ihren Landſitzen in den Provinzen ſichtbar. Das gelinde Klima, die natuͤrliche Fruchtbarkeit und Schoͤnheit ihres Landes, der Wohlſtand der Felder, die gluͤckliche Freyheit ſind nicht geringe Reizungen fuͤr dieſe Nation, wovon ein großer Theil ſo ſehr, als der Schweizer, das Landleben liebt. Die *) Die Stadtregiſter von Alkmaar be- zeugen, daß man im Jahr 1637 hundert und zwanzig Tulpen mit ihrer Brut zum Nutzen des Waiſenhauſes oͤffentlich fuͤr neunzigtauſend Gulden verkaufte. Eine einzige, der Vicekoͤnig, ward um viertau- ſend zweyhundert und drey Gulden ver- kauft; eine andere, der Admiral von Enk- huyſen, um fuͤnftauſend zweyhundert Gulden. G 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/67>, abgerufen am 28.03.2024.