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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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der Alten und der Neuen.
angenehme Art überrascht, indem man, wenn man noch nicht einmal zu steigen
glaubt, sie schon erstiegen hat. Hinter sich hat das Landhaus das apeninische Ge-
birge, wiewohl noch in einer ziemlichen Entfernung. Von daher kömmt an heitern
und stillen Tagen eine frische Luft; aber der Wind ist nicht scharf, noch gar zu stark,
weil er von der Entfernung des Orts, woher er weht, geschwächt wird." Noch
weiter malt Plinius die Anmuth dieses Landsitzes aus.

Der Kühlung sowohl als der Aussicht wegen baueten die Römer zum Theil
ihre Villen nicht blos an den Ufern, sondern oft selbst in das Meer hinein. Nicht
des prächtigen, aber spätern Landhauses des Diokletian zu Spalatro in Dalma-
tien
[Spaltenumbruch] *) zu gedenken, so waren die Lusthäuser der verschütteten Städte, die nicht auf
einer Höhe, wie die zu Pompeji lagen, der Gesundheit und des Vergnügens wegen
ins Meer hineingeführt. Die Ville des Cicero bey Astura **) lag im Meer;
auch Lucullus [Spaltenumbruch] ***) bauete bey Baja Wohnungen von seinem Landhause bis ins
Meer hinein. Dieß ist die Gewohnheit, deren Horaz +) erwähnt, und die dem
Statius ++) Veranlassung gab, eine liebliche landschaftliche Abendscene zu malen.

Quum iam fessa dies, et in aequora montis opaci
Vmbra cadit, vitreoque natant praetoria ponto.

Andere vornehme Römer, als Lucullus, Marius, Pompejus, Cäsar baueten
um Baja Villen auf den höchsten Spitzen der Berge, vielleicht aus Stolz, vielleicht
der weitern Aussicht wegen, vielleicht um sich dadurch den Vortheil kriegerischer
Wachthäuser zu verschaffen. +++) Dieses scheint, als Pracht und Größe stiegen,
mehr gewöhnlich geworden zu seyn.

Der weiße Marmor, der besonders in den letzten Zeiten der Republik zu den
römischen Landhäusern gebraucht ward, mußte ihnen ein sehr lebhaftes Ansehen ge-
ben, und in der Ferne von einer schönen Wirkung seyn. Man begnügte sich zuletzt
nicht mehr mit den einheimischen Marmorarten; man holte sie aus Griechenland
und andern entlegenen Gegenden, und suchte dadurch selbst die Schönheit der Tempel
zu übertreffen. ++++)

Wenn
*) Von den Ruinen dieses Gebäudes ist
folgendes ein wichtiges Werk: The Ruins
of the Palace of the Emperor Diocletian
at Spalatro in Dalmatia by R. Adam, fol.
London
1764.
**) Ad Atticum lib. 12. epist. 20.
***) Plutarch. in vita Luculli.
+) Lib. 3. od. 1.
++) Lib. 2. sylv.
+++) Seneca epist. 51.
++++) Iuvenal. Sat. 14.
I Band. C

der Alten und der Neuen.
angenehme Art uͤberraſcht, indem man, wenn man noch nicht einmal zu ſteigen
glaubt, ſie ſchon erſtiegen hat. Hinter ſich hat das Landhaus das apeniniſche Ge-
birge, wiewohl noch in einer ziemlichen Entfernung. Von daher koͤmmt an heitern
und ſtillen Tagen eine friſche Luft; aber der Wind iſt nicht ſcharf, noch gar zu ſtark,
weil er von der Entfernung des Orts, woher er weht, geſchwaͤcht wird.“ Noch
weiter malt Plinius die Anmuth dieſes Landſitzes aus.

Der Kuͤhlung ſowohl als der Ausſicht wegen baueten die Roͤmer zum Theil
ihre Villen nicht blos an den Ufern, ſondern oft ſelbſt in das Meer hinein. Nicht
des praͤchtigen, aber ſpaͤtern Landhauſes des Diokletian zu Spalatro in Dalma-
tien
[Spaltenumbruch] *) zu gedenken, ſo waren die Luſthaͤuſer der verſchuͤtteten Staͤdte, die nicht auf
einer Hoͤhe, wie die zu Pompeji lagen, der Geſundheit und des Vergnuͤgens wegen
ins Meer hineingefuͤhrt. Die Ville des Cicero bey Aſtura **) lag im Meer;
auch Lucullus [Spaltenumbruch] ***) bauete bey Baja Wohnungen von ſeinem Landhauſe bis ins
Meer hinein. Dieß iſt die Gewohnheit, deren Horaz †) erwaͤhnt, und die dem
Statius ††) Veranlaſſung gab, eine liebliche landſchaftliche Abendſcene zu malen.

Quum iam feſſa dies, et in aequora montis opaci
Vmbra cadit, vitreoque natant praetoria ponto.

Andere vornehme Roͤmer, als Lucullus, Marius, Pompejus, Caͤſar baueten
um Baja Villen auf den hoͤchſten Spitzen der Berge, vielleicht aus Stolz, vielleicht
der weitern Ausſicht wegen, vielleicht um ſich dadurch den Vortheil kriegeriſcher
Wachthaͤuſer zu verſchaffen. †††) Dieſes ſcheint, als Pracht und Groͤße ſtiegen,
mehr gewoͤhnlich geworden zu ſeyn.

Der weiße Marmor, der beſonders in den letzten Zeiten der Republik zu den
roͤmiſchen Landhaͤuſern gebraucht ward, mußte ihnen ein ſehr lebhaftes Anſehen ge-
ben, und in der Ferne von einer ſchoͤnen Wirkung ſeyn. Man begnuͤgte ſich zuletzt
nicht mehr mit den einheimiſchen Marmorarten; man holte ſie aus Griechenland
und andern entlegenen Gegenden, und ſuchte dadurch ſelbſt die Schoͤnheit der Tempel
zu uͤbertreffen. ††††)

Wenn
*) Von den Ruinen dieſes Gebaͤudes iſt
folgendes ein wichtiges Werk: The Ruins
of the Palace of the Emperor Diocletian
at Spalatro in Dalmatia by R. Adam, fol.
London
1764.
**) Ad Atticum lib. 12. epiſt. 20.
***) Plutarch. in vita Luculli.
†) Lib. 3. od. 1.
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[17/0031] der Alten und der Neuen. angenehme Art uͤberraſcht, indem man, wenn man noch nicht einmal zu ſteigen glaubt, ſie ſchon erſtiegen hat. Hinter ſich hat das Landhaus das apeniniſche Ge- birge, wiewohl noch in einer ziemlichen Entfernung. Von daher koͤmmt an heitern und ſtillen Tagen eine friſche Luft; aber der Wind iſt nicht ſcharf, noch gar zu ſtark, weil er von der Entfernung des Orts, woher er weht, geſchwaͤcht wird.“ Noch weiter malt Plinius die Anmuth dieſes Landſitzes aus. Der Kuͤhlung ſowohl als der Ausſicht wegen baueten die Roͤmer zum Theil ihre Villen nicht blos an den Ufern, ſondern oft ſelbſt in das Meer hinein. Nicht des praͤchtigen, aber ſpaͤtern Landhauſes des Diokletian zu Spalatro in Dalma- tien *) zu gedenken, ſo waren die Luſthaͤuſer der verſchuͤtteten Staͤdte, die nicht auf einer Hoͤhe, wie die zu Pompeji lagen, der Geſundheit und des Vergnuͤgens wegen ins Meer hineingefuͤhrt. Die Ville des Cicero bey Aſtura **) lag im Meer; auch Lucullus ***) bauete bey Baja Wohnungen von ſeinem Landhauſe bis ins Meer hinein. Dieß iſt die Gewohnheit, deren Horaz †) erwaͤhnt, und die dem Statius ††) Veranlaſſung gab, eine liebliche landſchaftliche Abendſcene zu malen. Quum iam feſſa dies, et in aequora montis opaci Vmbra cadit, vitreoque natant praetoria ponto. Andere vornehme Roͤmer, als Lucullus, Marius, Pompejus, Caͤſar baueten um Baja Villen auf den hoͤchſten Spitzen der Berge, vielleicht aus Stolz, vielleicht der weitern Ausſicht wegen, vielleicht um ſich dadurch den Vortheil kriegeriſcher Wachthaͤuſer zu verſchaffen. †††) Dieſes ſcheint, als Pracht und Groͤße ſtiegen, mehr gewoͤhnlich geworden zu ſeyn. Der weiße Marmor, der beſonders in den letzten Zeiten der Republik zu den roͤmiſchen Landhaͤuſern gebraucht ward, mußte ihnen ein ſehr lebhaftes Anſehen ge- ben, und in der Ferne von einer ſchoͤnen Wirkung ſeyn. Man begnuͤgte ſich zuletzt nicht mehr mit den einheimiſchen Marmorarten; man holte ſie aus Griechenland und andern entlegenen Gegenden, und ſuchte dadurch ſelbſt die Schoͤnheit der Tempel zu uͤbertreffen. ††††) Wenn *) Von den Ruinen dieſes Gebaͤudes iſt folgendes ein wichtiges Werk: The Ruins of the Palace of the Emperor Diocletian at Spalatro in Dalmatia by R. Adam, fol. London 1764. **) Ad Atticum lib. 12. epiſt. 20. ***) Plutarch. in vita Luculli. †) Lib. 3. od. 1. ††) Lib. 2. ſylv. †††) Seneca epiſt. 51. ††††) Iuvenal. Sat. 14. I Band. C

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/31>, abgerufen am 28.03.2024.