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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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Zweyter Abschnitt. Untersuchung des alten

Die Ursachen, die zur Ausbreitung dieses Geschmacks beygetragen hatten, tru-
gen auch allerdings dazu bey, daß er sich so lange in seinem Ansehen erhielt. Allein
mit ihnen vereinigten sich noch einige andere. Die kleinern Eigenthümer glaubten
dem Beyspiel der Fürsten folgen zu dürfen; die Nachahmung vervielfältigte die Co-
pien; und man fieng bald an sich zu überreden, daß das, was man so allgemein sich
ausbreiten sah, keiner Verbesserung mehr bedürftig sey. Man nahm, wiewohl sehr
unrichtig, als eine Grundregel an, daß ein Garten, wegen der nahen Verbindung
mit dem Gebäude, den Vorschriften der Baukunst unterworfen seyn, und in demsel-
ben nicht weniger Ebenmaaß, Symmetrie und Genauigkeit herrschen müsse. Die
Lehrer der Baukunst in Italien, Frankreich und Deutschland, welche die
Gartenkunst mit in den Bezirk ihrer Regeln hineinzogen, verbreiteten eben dieses
Vorurtheil, und dieses war desto nachtheiliger, da sie fast die einzigen Schriftsteller
waren, die von der Anlage der Gärten handelten. Die Gartenkunst war unter ihren
Händen nichts anders, als Architektur auf die Erdfläche angewandt. Die Land-
schaftmaler wagten es nicht, sich diesem Geschmack entgegen zu setzen; vielmehr nah-
men sie auch noch da, wo ihnen freye Wahl überlassen war, ihre Ideen von den
Gartenstücken, die ihnen vor Augen lagen, und vergaßen in diesem Theil der Nach-
ahmung auf das Vorbild, die Natur, achtsam zu seyn.

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II. Ent-
Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten

Die Urſachen, die zur Ausbreitung dieſes Geſchmacks beygetragen hatten, tru-
gen auch allerdings dazu bey, daß er ſich ſo lange in ſeinem Anſehen erhielt. Allein
mit ihnen vereinigten ſich noch einige andere. Die kleinern Eigenthuͤmer glaubten
dem Beyſpiel der Fuͤrſten folgen zu duͤrfen; die Nachahmung vervielfaͤltigte die Co-
pien; und man fieng bald an ſich zu uͤberreden, daß das, was man ſo allgemein ſich
ausbreiten ſah, keiner Verbeſſerung mehr beduͤrftig ſey. Man nahm, wiewohl ſehr
unrichtig, als eine Grundregel an, daß ein Garten, wegen der nahen Verbindung
mit dem Gebaͤude, den Vorſchriften der Baukunſt unterworfen ſeyn, und in demſel-
ben nicht weniger Ebenmaaß, Symmetrie und Genauigkeit herrſchen muͤſſe. Die
Lehrer der Baukunſt in Italien, Frankreich und Deutſchland, welche die
Gartenkunſt mit in den Bezirk ihrer Regeln hineinzogen, verbreiteten eben dieſes
Vorurtheil, und dieſes war deſto nachtheiliger, da ſie faſt die einzigen Schriftſteller
waren, die von der Anlage der Gaͤrten handelten. Die Gartenkunſt war unter ihren
Haͤnden nichts anders, als Architektur auf die Erdflaͤche angewandt. Die Land-
ſchaftmaler wagten es nicht, ſich dieſem Geſchmack entgegen zu ſetzen; vielmehr nah-
men ſie auch noch da, wo ihnen freye Wahl uͤberlaſſen war, ihre Ideen von den
Gartenſtuͤcken, die ihnen vor Augen lagen, und vergaßen in dieſem Theil der Nach-
ahmung auf das Vorbild, die Natur, achtſam zu ſeyn.

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II. Ent-
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[120/0134] Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten Die Urſachen, die zur Ausbreitung dieſes Geſchmacks beygetragen hatten, tru- gen auch allerdings dazu bey, daß er ſich ſo lange in ſeinem Anſehen erhielt. Allein mit ihnen vereinigten ſich noch einige andere. Die kleinern Eigenthuͤmer glaubten dem Beyſpiel der Fuͤrſten folgen zu duͤrfen; die Nachahmung vervielfaͤltigte die Co- pien; und man fieng bald an ſich zu uͤberreden, daß das, was man ſo allgemein ſich ausbreiten ſah, keiner Verbeſſerung mehr beduͤrftig ſey. Man nahm, wiewohl ſehr unrichtig, als eine Grundregel an, daß ein Garten, wegen der nahen Verbindung mit dem Gebaͤude, den Vorſchriften der Baukunſt unterworfen ſeyn, und in demſel- ben nicht weniger Ebenmaaß, Symmetrie und Genauigkeit herrſchen muͤſſe. Die Lehrer der Baukunſt in Italien, Frankreich und Deutſchland, welche die Gartenkunſt mit in den Bezirk ihrer Regeln hineinzogen, verbreiteten eben dieſes Vorurtheil, und dieſes war deſto nachtheiliger, da ſie faſt die einzigen Schriftſteller waren, die von der Anlage der Gaͤrten handelten. Die Gartenkunſt war unter ihren Haͤnden nichts anders, als Architektur auf die Erdflaͤche angewandt. Die Land- ſchaftmaler wagten es nicht, ſich dieſem Geſchmack entgegen zu ſetzen; vielmehr nah- men ſie auch noch da, wo ihnen freye Wahl uͤberlaſſen war, ihre Ideen von den Gartenſtuͤcken, die ihnen vor Augen lagen, und vergaßen in dieſem Theil der Nach- ahmung auf das Vorbild, die Natur, achtſam zu ſeyn. [Abbildung] II. Ent-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/134>, abgerufen am 21.11.2024.