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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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der Alten und der Neuen.
Himmel, und eine ungemeine nicht zu beschreibende Milde der Luft. Von der
Schönheit der Gärten sagt er übrigens kein Wort.

Die Ebene von Scio (das berühmte Chios der Griechen) nordwärts der Stadt
bestehet nach Pokoks Erzählung *) aus lauter Gärten mit Lusthäusern. Sie sind
größtentheils kleine Wälder von Orangen- und Limonienbäumen. Die schönsten
haben sowohl in der Mitte, als auch auf der rechten und linken Seite einen Spazier-
gang. An demselben stehen zu beyden Seiten viereckige Säulen, zwischen welchen
Sitze von Quadersteinen sind. Einige haben in ihren Gärten Capellen und darunter
ein Familienbegräbniß. Hieher begeben sich fast alle Einwohner zur Sommerszeit
aus der Stadt, wohin sie im Winter wieder zurückkehren. -- Auch Chandler **)
giebt von dieser Insel ein kleines angenehmes Gemälde. Haine von regelmäßig ge-
pflanzten Limonien, Pomeranzen- und Citronenbäumen durchwürzen die Luft mit dem
Dufte ihrer Blüthen, und entzücken mit ihren goldenen Früchten zugleich das Auge.
Myrthen und Jesminen sind unter sie gemischt, nebst Oelbäumen, und Palmen und
Cypressen.

Pokok ***) erwähnt auch der Gärten, wodurch Damascus berühmt ist.
Alles, was an ihnen schön ist, kömmt von dem vielen Wasser her, wovon man hier
Herr ist; sie sind mit vielen und mannigfaltigen Arten von Bäumen angefüllt, und
gehören zu den besten in jenen Gegenden. Die morgenländischen Gärten, setzt er
hinzu, sind in der That nur Baumgärten oder Waldungen fruchtbarer Bäume, die
nicht regelmäßig, sondern nur in schmale Reihen gesetzt sind. Durch manche Gär-
ten sind kleine Bäche geleitet; andere sind mit offenen Wasserbehältnissen, oder mit
springendem Wasser und allerley kleinen Wasserkünsten geziert. In diesen und in
den angenehmen Sommerhäusern besteht vornehmlich ihre Schönheit. Das Volk
bringt oft den ganzen Tag in diesen Gärten zu, und deswegen sind stets einige verpach-
tet, in welchen die Gäste von den Früchten frey essen können, was ihnen gefällt.
Diejenigen, welche Häuser in ihren Gärten haben, begeben sich im Sommer sehr oft
auf einige Tage dahin. -- Es ist übrigens leicht zu gedenken, daß unter allen Him-
melsstrichen, die so sehr der Wut der Sonnenstralen ausgesetzt sind, der Einwohner
von seinen Gartenplätzen nichts mehr als Schatten der Bäume, Kühlung des Wassers
und Erfrischung der Früchte fordert, und sich gerne begnügt, wenn er diese Vortheile

hat.
*) Beschreibung des Morgenlandes. Aus dem Engl. 1755. 3ter Th. S. 5.
**) Reisen in klein Asien. Aus dem Engl. 1776. S. 66.
***) 2ter Th. 1754. S. 180.
I Band. O

der Alten und der Neuen.
Himmel, und eine ungemeine nicht zu beſchreibende Milde der Luft. Von der
Schoͤnheit der Gaͤrten ſagt er uͤbrigens kein Wort.

Die Ebene von Scio (das beruͤhmte Chios der Griechen) nordwaͤrts der Stadt
beſtehet nach Pokoks Erzaͤhlung *) aus lauter Gaͤrten mit Luſthaͤuſern. Sie ſind
groͤßtentheils kleine Waͤlder von Orangen- und Limonienbaͤumen. Die ſchoͤnſten
haben ſowohl in der Mitte, als auch auf der rechten und linken Seite einen Spazier-
gang. An demſelben ſtehen zu beyden Seiten viereckige Saͤulen, zwiſchen welchen
Sitze von Quaderſteinen ſind. Einige haben in ihren Gaͤrten Capellen und darunter
ein Familienbegraͤbniß. Hieher begeben ſich faſt alle Einwohner zur Sommerszeit
aus der Stadt, wohin ſie im Winter wieder zuruͤckkehren. — Auch Chandler **)
giebt von dieſer Inſel ein kleines angenehmes Gemaͤlde. Haine von regelmaͤßig ge-
pflanzten Limonien, Pomeranzen- und Citronenbaͤumen durchwuͤrzen die Luft mit dem
Dufte ihrer Bluͤthen, und entzuͤcken mit ihren goldenen Fruͤchten zugleich das Auge.
Myrthen und Jesminen ſind unter ſie gemiſcht, nebſt Oelbaͤumen, und Palmen und
Cypreſſen.

Pokok ***) erwaͤhnt auch der Gaͤrten, wodurch Damaſcus beruͤhmt iſt.
Alles, was an ihnen ſchoͤn iſt, koͤmmt von dem vielen Waſſer her, wovon man hier
Herr iſt; ſie ſind mit vielen und mannigfaltigen Arten von Baͤumen angefuͤllt, und
gehoͤren zu den beſten in jenen Gegenden. Die morgenlaͤndiſchen Gaͤrten, ſetzt er
hinzu, ſind in der That nur Baumgaͤrten oder Waldungen fruchtbarer Baͤume, die
nicht regelmaͤßig, ſondern nur in ſchmale Reihen geſetzt ſind. Durch manche Gaͤr-
ten ſind kleine Baͤche geleitet; andere ſind mit offenen Waſſerbehaͤltniſſen, oder mit
ſpringendem Waſſer und allerley kleinen Waſſerkuͤnſten geziert. In dieſen und in
den angenehmen Sommerhaͤuſern beſteht vornehmlich ihre Schoͤnheit. Das Volk
bringt oft den ganzen Tag in dieſen Gaͤrten zu, und deswegen ſind ſtets einige verpach-
tet, in welchen die Gaͤſte von den Fruͤchten frey eſſen koͤnnen, was ihnen gefaͤllt.
Diejenigen, welche Haͤuſer in ihren Gaͤrten haben, begeben ſich im Sommer ſehr oft
auf einige Tage dahin. — Es iſt uͤbrigens leicht zu gedenken, daß unter allen Him-
melsſtrichen, die ſo ſehr der Wut der Sonnenſtralen ausgeſetzt ſind, der Einwohner
von ſeinen Gartenplaͤtzen nichts mehr als Schatten der Baͤume, Kuͤhlung des Waſſers
und Erfriſchung der Fruͤchte fordert, und ſich gerne begnuͤgt, wenn er dieſe Vortheile

hat.
*) Beſchreibung des Morgenlandes. Aus dem Engl. 1755. 3ter Th. S. 5.
**) Reiſen in klein Aſien. Aus dem Engl. 1776. S. 66.
***) 2ter Th. 1754. S. 180.
I Band. O
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[105/0119] der Alten und der Neuen. Himmel, und eine ungemeine nicht zu beſchreibende Milde der Luft. Von der Schoͤnheit der Gaͤrten ſagt er uͤbrigens kein Wort. Die Ebene von Scio (das beruͤhmte Chios der Griechen) nordwaͤrts der Stadt beſtehet nach Pokoks Erzaͤhlung *) aus lauter Gaͤrten mit Luſthaͤuſern. Sie ſind groͤßtentheils kleine Waͤlder von Orangen- und Limonienbaͤumen. Die ſchoͤnſten haben ſowohl in der Mitte, als auch auf der rechten und linken Seite einen Spazier- gang. An demſelben ſtehen zu beyden Seiten viereckige Saͤulen, zwiſchen welchen Sitze von Quaderſteinen ſind. Einige haben in ihren Gaͤrten Capellen und darunter ein Familienbegraͤbniß. Hieher begeben ſich faſt alle Einwohner zur Sommerszeit aus der Stadt, wohin ſie im Winter wieder zuruͤckkehren. — Auch Chandler **) giebt von dieſer Inſel ein kleines angenehmes Gemaͤlde. Haine von regelmaͤßig ge- pflanzten Limonien, Pomeranzen- und Citronenbaͤumen durchwuͤrzen die Luft mit dem Dufte ihrer Bluͤthen, und entzuͤcken mit ihren goldenen Fruͤchten zugleich das Auge. Myrthen und Jesminen ſind unter ſie gemiſcht, nebſt Oelbaͤumen, und Palmen und Cypreſſen. Pokok ***) erwaͤhnt auch der Gaͤrten, wodurch Damaſcus beruͤhmt iſt. Alles, was an ihnen ſchoͤn iſt, koͤmmt von dem vielen Waſſer her, wovon man hier Herr iſt; ſie ſind mit vielen und mannigfaltigen Arten von Baͤumen angefuͤllt, und gehoͤren zu den beſten in jenen Gegenden. Die morgenlaͤndiſchen Gaͤrten, ſetzt er hinzu, ſind in der That nur Baumgaͤrten oder Waldungen fruchtbarer Baͤume, die nicht regelmaͤßig, ſondern nur in ſchmale Reihen geſetzt ſind. Durch manche Gaͤr- ten ſind kleine Baͤche geleitet; andere ſind mit offenen Waſſerbehaͤltniſſen, oder mit ſpringendem Waſſer und allerley kleinen Waſſerkuͤnſten geziert. In dieſen und in den angenehmen Sommerhaͤuſern beſteht vornehmlich ihre Schoͤnheit. Das Volk bringt oft den ganzen Tag in dieſen Gaͤrten zu, und deswegen ſind ſtets einige verpach- tet, in welchen die Gaͤſte von den Fruͤchten frey eſſen koͤnnen, was ihnen gefaͤllt. Diejenigen, welche Haͤuſer in ihren Gaͤrten haben, begeben ſich im Sommer ſehr oft auf einige Tage dahin. — Es iſt uͤbrigens leicht zu gedenken, daß unter allen Him- melsſtrichen, die ſo ſehr der Wut der Sonnenſtralen ausgeſetzt ſind, der Einwohner von ſeinen Gartenplaͤtzen nichts mehr als Schatten der Baͤume, Kuͤhlung des Waſſers und Erfriſchung der Fruͤchte fordert, und ſich gerne begnuͤgt, wenn er dieſe Vortheile hat. *) Beſchreibung des Morgenlandes. Aus dem Engl. 1755. 3ter Th. S. 5. **) Reiſen in klein Aſien. Aus dem Engl. 1776. S. 66. ***) 2ter Th. 1754. S. 180. I Band. O

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/119>, abgerufen am 22.11.2024.