Rahmen fassen; wenn sie so ungestraft blin- den Lärm zu machen, die Vernunft in blöd- sinnigen Sentenzen gefangen nehmen, den gu- ten Ruf trefflicher Männer als gute Prise an- sehen, und von Rechtswegen fünf gerade ge- hen lassen können -- wird man nicht, wohl zu merken! bei würdigen Recensenten, denen jene unbärtigen Grosssprecher nicht werth sind die Schuhriemen zu lösen, die weit kleineren Reskripten-Freiheiten, die sie sich herausneh- men, ganz gern übersehen? Ich habe in Wahrheit nichts gegen Recensenten, die sich wie wohlthätige Egel an unsere Bücher hän- gen, um ihnen das böse Blut abzusaugen; vielmehr wünsch' ich herzlich, dass dieser Blutdurst ihnen allerseits nach Stand und Ver- dienst wohl bekommen möge. Wenn aber Mücken um ein Paar Blutstropfen mich verfolgen, und meinen Nahmen (wahrlich ein Paar Blutstropfen) entwenden wollen; so bitt' ich diese Anekdotensauger in Erwägung zu nehmen, dass ein Buch darum keinen Finger- lang oder Fingerbreit schlechter oder besser wird, weil man weiss, dass es diesen oder
D d 3
Rahmen fassen; wenn sie so ungestraft blin- den Lärm zu machen, die Vernunft in blöd- sinnigen Sentenzen gefangen nehmen, den gu- ten Ruf trefflicher Männer als gute Prise an- sehen, und von Rechtswegen fünf gerade ge- hen lassen können — wird man nicht, wohl zu merken! bei würdigen Recensenten, denen jene unbärtigen Groſssprecher nicht werth sind die Schuhriemen zu lösen, die weit kleineren Reskripten-Freiheiten, die sie sich herausneh- men, ganz gern übersehen? Ich habe in Wahrheit nichts gegen Recensenten, die sich wie wohlthätige Egel an unsere Bücher hän- gen, um ihnen das böse Blut abzusaugen; vielmehr wünsch’ ich herzlich, daſs dieser Blutdurst ihnen allerseits nach Stand und Ver- dienst wohl bekommen möge. Wenn aber Mücken um ein Paar Blutstropfen mich verfolgen, und meinen Nahmen (wahrlich ein Paar Blutstropfen) entwenden wollen; so bitt’ ich diese Anekdotensauger in Erwägung zu nehmen, daſs ein Buch darum keinen Finger- lang oder Fingerbreit schlechter oder besser wird, weil man weiſs, daſs es diesen oder
D d 3
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0429"n="421"/>
Rahmen fassen; wenn sie so ungestraft blin-<lb/>
den Lärm zu machen, die Vernunft in blöd-<lb/>
sinnigen Sentenzen gefangen nehmen, den gu-<lb/>
ten Ruf trefflicher Männer als gute Prise an-<lb/>
sehen, und von Rechtswegen fünf gerade ge-<lb/>
hen lassen können — wird man nicht, wohl<lb/>
zu merken! bei würdigen Recensenten, denen<lb/>
jene unbärtigen Groſssprecher nicht werth sind<lb/>
die Schuhriemen zu lösen, die weit kleineren<lb/>
Reskripten-Freiheiten, die sie sich herausneh-<lb/>
men, ganz gern übersehen? Ich habe in<lb/>
Wahrheit nichts gegen Recensenten, die sich<lb/>
wie wohlthätige Egel an unsere Bücher hän-<lb/>
gen, um ihnen das böse Blut abzusaugen;<lb/>
vielmehr wünsch’ ich herzlich, daſs dieser<lb/>
Blutdurst ihnen allerseits nach Stand und Ver-<lb/>
dienst wohl bekommen möge. Wenn aber<lb/>
Mücken um ein Paar Blutstropfen mich<lb/>
verfolgen, und meinen Nahmen (wahrlich ein<lb/>
Paar Blutstropfen) entwenden wollen; so bitt’<lb/>
ich diese Anekdotensauger in Erwägung zu<lb/>
nehmen, daſs ein Buch darum keinen Finger-<lb/>
lang oder Fingerbreit schlechter oder besser<lb/>
wird, weil man weiſs, daſs es diesen oder<lb/><fwplace="bottom"type="sig">D d 3</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[421/0429]
Rahmen fassen; wenn sie so ungestraft blin-
den Lärm zu machen, die Vernunft in blöd-
sinnigen Sentenzen gefangen nehmen, den gu-
ten Ruf trefflicher Männer als gute Prise an-
sehen, und von Rechtswegen fünf gerade ge-
hen lassen können — wird man nicht, wohl
zu merken! bei würdigen Recensenten, denen
jene unbärtigen Groſssprecher nicht werth sind
die Schuhriemen zu lösen, die weit kleineren
Reskripten-Freiheiten, die sie sich herausneh-
men, ganz gern übersehen? Ich habe in
Wahrheit nichts gegen Recensenten, die sich
wie wohlthätige Egel an unsere Bücher hän-
gen, um ihnen das böse Blut abzusaugen;
vielmehr wünsch’ ich herzlich, daſs dieser
Blutdurst ihnen allerseits nach Stand und Ver-
dienst wohl bekommen möge. Wenn aber
Mücken um ein Paar Blutstropfen mich
verfolgen, und meinen Nahmen (wahrlich ein
Paar Blutstropfen) entwenden wollen; so bitt’
ich diese Anekdotensauger in Erwägung zu
nehmen, daſs ein Buch darum keinen Finger-
lang oder Fingerbreit schlechter oder besser
wird, weil man weiſs, daſs es diesen oder
D d 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/429>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.