Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

etwas Imaginaires, sondern immer etwas
Wirkliches zum Grunde zu legen, wenn
wir uns gleich die schnödeste Mühe geben,
sie zu Romanen zu gewöhnen, um sie,
kraft der Reminiscenzen dieser Lektüre,
aus der wirklichen Welt hinauszubringen --
Weiber haben mehr Geist, als Wissenschaft;
Männer mehr Wissenschaft als Lebens-Philo-
sophie, und leicht vergisst unser Geschlecht,
dass man nach Tugend und Rechtschaffenheit
am ersten trachten muss, wenn uns alles An-
dere zufallen soll. Bettelmönche haben oft
grössere Gewalt als Eminenzen; Diese haben
nicht Zeit, nicht Lust, es auf das Seelen-Re-
giment anzulegen, da hingegen Jene wirkliche
Seelen-Despoten sind, ob sie gleich (etwas
bescheidener) sich bloss Seelsorger nennen.
Ich schrieb keine Grammatik, wo man die
Ausnahme gleich hinter der Regel verzeichnet:
das Zeichnen sollte den kalligraphischen Übun-
gen vorgehen, und die Geschichte, nach dem
Vorschlage geprüfter Pädagogen, rückwärts vor-
getragen werden. -- Ich werde mich für hin-
reichend befriedigt halten, wenn man mir im

Gan-

etwas Imaginaires, sondern immer etwas
Wirkliches zum Grunde zu legen, wenn
wir uns gleich die schnödeste Mühe geben,
sie zu Romanen zu gewöhnen, um sie,
kraft der Reminiscenzen dieser Lektüre,
aus der wirklichen Welt hinauszubringen —
Weiber haben mehr Geist, als Wissenschaft;
Männer mehr Wissenschaft als Lebens-Philo-
sophie, und leicht vergiſst unser Geschlecht,
daſs man nach Tugend und Rechtschaffenheit
am ersten trachten muſs, wenn uns alles An-
dere zufallen soll. Bettelmönche haben oft
gröſsere Gewalt als Eminenzen; Diese haben
nicht Zeit, nicht Lust, es auf das Seelen-Re-
giment anzulegen, da hingegen Jene wirkliche
Seelen-Despoten sind, ob sie gleich (etwas
bescheidener) sich bloſs Seelsorger nennen.
Ich schrieb keine Grammatik, wo man die
Ausnahme gleich hinter der Regel verzeichnet:
das Zeichnen sollte den kalligraphischen Übun-
gen vorgehen, und die Geschichte, nach dem
Vorschlage geprüfter Pädagogen, rückwärts vor-
getragen werden. — Ich werde mich für hin-
reichend befriedigt halten, wenn man mir im

Gan-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0424" n="416"/>
etwas Imaginaires, sondern immer etwas<lb/>
Wirkliches zum Grunde zu legen, wenn<lb/>
wir uns gleich die schnödeste Mühe geben,<lb/>
sie zu Romanen zu gewöhnen, um sie,<lb/>
kraft der Reminiscenzen dieser Lektüre,<lb/>
aus der wirklichen Welt hinauszubringen &#x2014;<lb/>
Weiber haben mehr Geist, als Wissenschaft;<lb/>
Männer mehr Wissenschaft als Lebens-Philo-<lb/>
sophie, und leicht vergi&#x017F;st unser Geschlecht,<lb/>
da&#x017F;s man nach Tugend und Rechtschaffenheit<lb/>
am ersten trachten mu&#x017F;s, wenn uns alles An-<lb/>
dere zufallen soll. Bettelmönche haben oft<lb/>
grö&#x017F;sere Gewalt als Eminenzen; Diese haben<lb/>
nicht Zeit, nicht Lust, es auf das Seelen-Re-<lb/>
giment anzulegen, da hingegen Jene wirkliche<lb/>
Seelen-Despoten sind, ob sie gleich (etwas<lb/>
bescheidener) sich blo&#x017F;s Seelsorger nennen.<lb/>
Ich schrieb keine Grammatik, wo man die<lb/>
Ausnahme gleich hinter der Regel verzeichnet:<lb/>
das Zeichnen sollte den kalligraphischen Übun-<lb/>
gen vorgehen, und die Geschichte, nach dem<lb/>
Vorschlage geprüfter Pädagogen, rückwärts vor-<lb/>
getragen werden. &#x2014; Ich werde mich für hin-<lb/>
reichend befriedigt halten, wenn man mir im<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gan-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[416/0424] etwas Imaginaires, sondern immer etwas Wirkliches zum Grunde zu legen, wenn wir uns gleich die schnödeste Mühe geben, sie zu Romanen zu gewöhnen, um sie, kraft der Reminiscenzen dieser Lektüre, aus der wirklichen Welt hinauszubringen — Weiber haben mehr Geist, als Wissenschaft; Männer mehr Wissenschaft als Lebens-Philo- sophie, und leicht vergiſst unser Geschlecht, daſs man nach Tugend und Rechtschaffenheit am ersten trachten muſs, wenn uns alles An- dere zufallen soll. Bettelmönche haben oft gröſsere Gewalt als Eminenzen; Diese haben nicht Zeit, nicht Lust, es auf das Seelen-Re- giment anzulegen, da hingegen Jene wirkliche Seelen-Despoten sind, ob sie gleich (etwas bescheidener) sich bloſs Seelsorger nennen. Ich schrieb keine Grammatik, wo man die Ausnahme gleich hinter der Regel verzeichnet: das Zeichnen sollte den kalligraphischen Übun- gen vorgehen, und die Geschichte, nach dem Vorschlage geprüfter Pädagogen, rückwärts vor- getragen werden. — Ich werde mich für hin- reichend befriedigt halten, wenn man mir im Gan-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/424
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/424>, abgerufen am 24.11.2024.