hinweg über jene politischen Tiraden, über jene politischen Metaphern und jenen politi- schen Salto mortale, wählen die Natur zu ih- rer Lehrerin, und richten mehr aus, als Ex- cellenzen durch abgenutzte, verrathene und verkaufte Kniffe, die den beschrieenen Na- men Künste bei weitem noch nicht einmal verdienen --! Können Weiber nicht zeigen und verbergen, was sie wollen? Haben sie nicht eine Offenheit, durch die sie mehr, als durch Zurückhaltung, ausrichten? eine unver- gleichliche Biegsamkeit der Gedanken, eine Helle im Ausdruck, eine Geschmeidigkeit im Urtheil --? Ihr Mienenspiel, ihr Glück und ihr Verdienst, mit geringen Hülssmitteln die grössten Wirkungen zu bewerkstelligen -- ih- re Kunst, jedem einen Spiegel vorzuhalten, worin er sieht, was sie wollen; ihre gelenkige Zunge, wodurch sie ihren Ideen eine Macht beilegen, die Alles überwindet: -- dies sind Eigenschaften, wodurch sie alles ausrichten. Man nimmt nur die Wirkung an sich wahr, und sieht sich vergebens nach den Ursachen um, welche die Weiber sehr künstlich zu
hinweg über jene politischen Tiraden, über jene politischen Metaphern und jenen politi- schen Salto mortale, wählen die Natur zu ih- rer Lehrerin, und richten mehr aus, als Ex- cellenzen durch abgenutzte, verrathene und verkaufte Kniffe, die den beschrieenen Na- men Künste bei weitem noch nicht einmal verdienen —! Können Weiber nicht zeigen und verbergen, was sie wollen? Haben sie nicht eine Offenheit, durch die sie mehr, als durch Zurückhaltung, ausrichten? eine unver- gleichliche Biegsamkeit der Gedanken, eine Helle im Ausdruck, eine Geschmeidigkeit im Urtheil —? Ihr Mienenspiel, ihr Glück und ihr Verdienst, mit geringen Hülſsmitteln die gröſsten Wirkungen zu bewerkstelligen — ih- re Kunst, jedem einen Spiegel vorzuhalten, worin er sieht, was sie wollen; ihre gelenkige Zunge, wodurch sie ihren Ideen eine Macht beilegen, die Alles überwindet: — dies sind Eigenschaften, wodurch sie alles ausrichten. Man nimmt nur die Wirkung an sich wahr, und sieht sich vergebens nach den Ursachen um, welche die Weiber sehr künstlich zu
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[308/0316]
hinweg über jene politischen Tiraden, über
jene politischen Metaphern und jenen politi-
schen Salto mortale, wählen die Natur zu ih-
rer Lehrerin, und richten mehr aus, als Ex-
cellenzen durch abgenutzte, verrathene und
verkaufte Kniffe, die den beschrieenen Na-
men Künste bei weitem noch nicht einmal
verdienen —! Können Weiber nicht zeigen
und verbergen, was sie wollen? Haben sie
nicht eine Offenheit, durch die sie mehr, als
durch Zurückhaltung, ausrichten? eine unver-
gleichliche Biegsamkeit der Gedanken, eine
Helle im Ausdruck, eine Geschmeidigkeit im
Urtheil —? Ihr Mienenspiel, ihr Glück und
ihr Verdienst, mit geringen Hülſsmitteln die
gröſsten Wirkungen zu bewerkstelligen — ih-
re Kunst, jedem einen Spiegel vorzuhalten,
worin er sieht, was sie wollen; ihre gelenkige
Zunge, wodurch sie ihren Ideen eine Macht
beilegen, die Alles überwindet: — dies sind
Eigenschaften, wodurch sie alles ausrichten.
Man nimmt nur die Wirkung an sich wahr,
und sieht sich vergebens nach den Ursachen
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/316>, abgerufen am 25.11.2024.
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