Rednerstühle ersteigt? In der allgemeinen und sichtbaren Kirche giebt es Lehrerinnen, so wie Lehrer, ohne dass beide examinirt und ordi- nirt sind --
Es ist dem andern Geschlecht eine scho- nende Gutmüthigkeit im historischen Urtheil eigen; doch verstehen es Weiber, ein Faktum, so wie einen Menschen, (immerhin so verwik- kelt als möglich) aufzulösen und zu concen- triren. Auch können sie jenen Totaleindruck, den Faktum und Mensch auf sie machen, Andern mittheilen, welches uns schwerer wird. -- Glückseligkeit ist, so wie Wahrheit und Gottheit, eine Einheit; diese Einheit in Allem herauszubringen, ist eine hohe Weis- heit, und, wir wollen gerecht seyn -- sie ist den Weibern eigen. Bei uns wird oft eine Sache, die auch anders scheinen kann, die diesem oder jenem Sonderlinge wirklich anders vorkam, gleich zum Gegenstande eines gelehr- ten Streites. Da haben wir denn eine extra- feine Geschicklichkeit, die Zweifelsgründe bald zu verstecken, bald wieder sichtbar zu machen, ihrer Grösse eine Elle zuzugeben oder
Rednerstühle ersteigt? In der allgemeinen und sichtbaren Kirche giebt es Lehrerinnen, so wie Lehrer, ohne daſs beide examinirt und ordi- nirt sind —
Es ist dem andern Geschlecht eine scho- nende Gutmüthigkeit im historischen Urtheil eigen; doch verstehen es Weiber, ein Faktum, so wie einen Menschen, (immerhin so verwik- kelt als möglich) aufzulösen und zu concen- triren. Auch können sie jenen Totaleindruck, den Faktum und Mensch auf sie machen, Andern mittheilen, welches uns schwerer wird. — Glückseligkeit ist, so wie Wahrheit und Gottheit, eine Einheit; diese Einheit in Allem herauszubringen, ist eine hohe Weis- heit, und, wir wollen gerecht seyn — sie ist den Weibern eigen. Bei uns wird oft eine Sache, die auch anders scheinen kann, die diesem oder jenem Sonderlinge wirklich anders vorkam, gleich zum Gegenstande eines gelehr- ten Streites. Da haben wir denn eine extra- feine Geschicklichkeit, die Zweifelsgründe bald zu verstecken, bald wieder sichtbar zu machen, ihrer Gröſse eine Elle zuzugeben oder
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Rednerstühle ersteigt? In der allgemeinen und
sichtbaren Kirche giebt es Lehrerinnen, so wie
Lehrer, ohne daſs beide examinirt und ordi-
nirt sind —
Es ist dem andern Geschlecht eine scho-
nende Gutmüthigkeit im historischen Urtheil
eigen; doch verstehen es Weiber, ein Faktum,
so wie einen Menschen, (immerhin so verwik-
kelt als möglich) aufzulösen und zu concen-
triren. Auch können sie jenen Totaleindruck,
den Faktum und Mensch auf sie machen,
Andern mittheilen, welches uns schwerer
wird. — Glückseligkeit ist, so wie Wahrheit
und Gottheit, eine Einheit; diese Einheit in
Allem herauszubringen, ist eine hohe Weis-
heit, und, wir wollen gerecht seyn — sie ist
den Weibern eigen. Bei uns wird oft eine
Sache, die auch anders scheinen kann, die
diesem oder jenem Sonderlinge wirklich anders
vorkam, gleich zum Gegenstande eines gelehr-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/294>, abgerufen am 27.11.2024.
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