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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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des Mitleidens, wie es sehr oft bei uns der
Fall ist. Seht! wie schön wissen sie selbst
bei angestammter Etiquette, bei den patenti-
sirten Manieren noch zu modificiren! Auch
sogar bei der Liebe halten sie sich nicht an
das Formular und an die Agende -- Wir ha-
ben unsern Kubach, und alles ist in bekann-
ter Melodie
-- Von Weibern könnte man
sogar sagen: sie lieben insgesammt, doch jede
liebet anders
. -- Zur Hoffnung haben sie eine
ausserordentliche Anlage; überall wollen sie
Aussicht: ein Garten, der sie ihnen raubt,
ist ihnen ein Gefängniss -- Die gnädige
Frau ist in guter Hoffnung, heisst: sie
wird bald Mutter werden --. Wir wollen
alles fröhlich um uns haben, wenn wir es
sind, und legen diese Fröhlichkeit unserm Cir-
kel so nahe, dass, er mag wollen oder nicht,
er einstimmen muss -- Weiber machen Al-
les fröhlich, wenn sie es sind. Alle ihre Fe-
ste sind Erndtefeste, Laubhüttentage, welche
die Natur geheiligt hat; bei den unsrigen wer-
den Kanonen gelös't -- sie können sich ohne
Tafelmusik behelfen. (Der leibliche, geistli-

che

des Mitleidens, wie es sehr oft bei uns der
Fall ist. Seht! wie schön wissen sie selbst
bei angestammter Etiquette, bei den patenti-
sirten Manieren noch zu modificiren! Auch
sogar bei der Liebe halten sie sich nicht an
das Formular und an die Agende — Wir ha-
ben unsern Kubach, und alles ist in bekann-
ter Melodie
— Von Weibern könnte man
sogar sagen: sie lieben insgesammt, doch jede
liebet anders
. — Zur Hoffnung haben sie eine
auſserordentliche Anlage; überall wollen sie
Aussicht: ein Garten, der sie ihnen raubt,
ist ihnen ein Gefängniſs — Die gnädige
Frau ist in guter Hoffnung, heiſst: sie
wird bald Mutter werden —. Wir wollen
alles fröhlich um uns haben, wenn wir es
sind, und legen diese Fröhlichkeit unserm Cir-
kel so nahe, daſs, er mag wollen oder nicht,
er einstimmen muſs — Weiber machen Al-
les fröhlich, wenn sie es sind. Alle ihre Fe-
ste sind Erndtefeste, Laubhüttentage, welche
die Natur geheiligt hat; bei den unsrigen wer-
den Kanonen gelös’t — sie können sich ohne
Tafelmusik behelfen. (Der leibliche, geistli-

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[256/0264] des Mitleidens, wie es sehr oft bei uns der Fall ist. Seht! wie schön wissen sie selbst bei angestammter Etiquette, bei den patenti- sirten Manieren noch zu modificiren! Auch sogar bei der Liebe halten sie sich nicht an das Formular und an die Agende — Wir ha- ben unsern Kubach, und alles ist in bekann- ter Melodie — Von Weibern könnte man sogar sagen: sie lieben insgesammt, doch jede liebet anders. — Zur Hoffnung haben sie eine auſserordentliche Anlage; überall wollen sie Aussicht: ein Garten, der sie ihnen raubt, ist ihnen ein Gefängniſs — Die gnädige Frau ist in guter Hoffnung, heiſst: sie wird bald Mutter werden —. Wir wollen alles fröhlich um uns haben, wenn wir es sind, und legen diese Fröhlichkeit unserm Cir- kel so nahe, daſs, er mag wollen oder nicht, er einstimmen muſs — Weiber machen Al- les fröhlich, wenn sie es sind. Alle ihre Fe- ste sind Erndtefeste, Laubhüttentage, welche die Natur geheiligt hat; bei den unsrigen wer- den Kanonen gelös’t — sie können sich ohne Tafelmusik behelfen. (Der leibliche, geistli- che

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/264>, abgerufen am 13.05.2024.