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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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zuweisen hat, sagte: "Gäbe es einen Gottes-
leugner, er würde sich beim Anblick von
Philadelphia, einer so wohleingerichteten Stadt,
bekehren;" und die Erde, diese grosse Stadt
Philadelphia
, sollte so viel nicht über den
Gottesleugner vermögen, so bald er aufhört,
Alles nach seiner eigenen kleinen Elle zu mes-
sen? Nicht auf unsere Meinungen, sondern
auf das kommt es am Ende an, was diese
Meinungen aus uns machten. -- -- Das
Glück der Unschuld, die Würde der Natur,
der Drang nach Freiheit, die Freude eines
stillen Lebens, der hohe Werth der Kunst
sich in sein Schicksal zu finden, sind Haupt-
gegenstände der Weiber. Wie man aus dem
Umgange den Menschen kennt, so bestimmen
seine Lieblingsgegenstände seinen Verstand und
seinen Willen -- Jene Verschiedenheiten des
Ausdrucks, jenes Zurückhalten, ist bei Wei-
bern nicht wie bei uns Heuchelei; um Alles
würden sie gewisse Dinge nicht sagen, einer
gewissen sittlichen Reinheit der Sprache nicht
ungetreu werden, und in plumpe Zweideutig-
keiten und Zoten fallen, wenn auch diese

zuweisen hat, sagte: »Gäbe es einen Gottes-
leugner, er würde sich beim Anblick von
Philadelphia, einer so wohleingerichteten Stadt,
bekehren;» und die Erde, diese groſse Stadt
Philadelphia
, sollte so viel nicht über den
Gottesleugner vermögen, so bald er aufhört,
Alles nach seiner eigenen kleinen Elle zu mes-
sen? Nicht auf unsere Meinungen, sondern
auf das kommt es am Ende an, was diese
Meinungen aus uns machten. — — Das
Glück der Unschuld, die Würde der Natur,
der Drang nach Freiheit, die Freude eines
stillen Lebens, der hohe Werth der Kunst
sich in sein Schicksal zu finden, sind Haupt-
gegenstände der Weiber. Wie man aus dem
Umgange den Menschen kennt, so bestimmen
seine Lieblingsgegenstände seinen Verstand und
seinen Willen — Jene Verschiedenheiten des
Ausdrucks, jenes Zurückhalten, ist bei Wei-
bern nicht wie bei uns Heuchelei; um Alles
würden sie gewisse Dinge nicht sagen, einer
gewissen sittlichen Reinheit der Sprache nicht
ungetreu werden, und in plumpe Zweideutig-
keiten und Zoten fallen, wenn auch diese

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[250/0258] zuweisen hat, sagte: »Gäbe es einen Gottes- leugner, er würde sich beim Anblick von Philadelphia, einer so wohleingerichteten Stadt, bekehren;» und die Erde, diese groſse Stadt Philadelphia, sollte so viel nicht über den Gottesleugner vermögen, so bald er aufhört, Alles nach seiner eigenen kleinen Elle zu mes- sen? Nicht auf unsere Meinungen, sondern auf das kommt es am Ende an, was diese Meinungen aus uns machten. — — Das Glück der Unschuld, die Würde der Natur, der Drang nach Freiheit, die Freude eines stillen Lebens, der hohe Werth der Kunst sich in sein Schicksal zu finden, sind Haupt- gegenstände der Weiber. Wie man aus dem Umgange den Menschen kennt, so bestimmen seine Lieblingsgegenstände seinen Verstand und seinen Willen — Jene Verschiedenheiten des Ausdrucks, jenes Zurückhalten, ist bei Wei- bern nicht wie bei uns Heuchelei; um Alles würden sie gewisse Dinge nicht sagen, einer gewissen sittlichen Reinheit der Sprache nicht ungetreu werden, und in plumpe Zweideutig- keiten und Zoten fallen, wenn auch diese

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/258>, abgerufen am 12.05.2024.