Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

nicht unendlich gewinnen? Nicht die Nym-
phe Egeria, welche Numa selbst, nicht Py-
thia, welche die Helden des Alterthums um
Rath fragten, wenn sie Gesetze geben, wenn
sie Länder erobern wollten, nicht die Aspa-
sien und Phrynen, zu denen ein Perikles, ein
Sokrates in die Schule ging, um Weisheit und
Regierungskunst zu lernen -- sollen sich hier
der Beispiellehrstühle bemächtigen. Jene hat
die Fabel in ein ätherisches Gewand gehüllt
und sie unserm Auge zu weit entrückt, als
dass wir sie noch ferner dem Geschlechte zum
Vortheil anrechnen könnten, ob sie gleich sei-
nen Namen führen und keine Fabel ohne
Wahrheits-Ingredienz anfängt und vorhanden
ist -- So hiess der Grosoncle eines von den
weltberühmten Lügnern neuerer Zeit, Josephs
Balsamo, der sich Graf Cagliostro nannte:
Cagliostro -- Lauter Lügen halten so wenig
zusammen, dass nie etwas Vernünftiges, etwas
Ganzes herausgebracht werden kann -- Will
man den poetischen Tugenden jener weibli-
chen Heldennamen keine Glorie und keinen
Ehrenschein einräumen -- immerhin! wir ha-

nicht unendlich gewinnen? Nicht die Nym-
phe Egeria, welche Numa selbst, nicht Py-
thia, welche die Helden des Alterthums um
Rath fragten, wenn sie Gesetze geben, wenn
sie Länder erobern wollten, nicht die Aspa-
sien und Phrynen, zu denen ein Perikles, ein
Sokrates in die Schule ging, um Weisheit und
Regierungskunst zu lernen — sollen sich hier
der Beispiellehrstühle bemächtigen. Jene hat
die Fabel in ein ätherisches Gewand gehüllt
und sie unserm Auge zu weit entrückt, als
daſs wir sie noch ferner dem Geschlechte zum
Vortheil anrechnen könnten, ob sie gleich sei-
nen Namen führen und keine Fabel ohne
Wahrheits-Ingredienz anfängt und vorhanden
ist — So hieſs der Grosoncle eines von den
weltberühmten Lügnern neuerer Zeit, Josephs
Balsamo, der sich Graf Cagliostro nannte:
Cagliostro — Lauter Lügen halten so wenig
zusammen, daſs nie etwas Vernünftiges, etwas
Ganzes herausgebracht werden kann — Will
man den poëtischen Tugenden jener weibli-
chen Heldennamen keine Glorie und keinen
Ehrenschein einräumen — immerhin! wir ha-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0246" n="238"/>
nicht unendlich gewinnen? Nicht die Nym-<lb/>
phe <hi rendition="#i">Egeria</hi>, welche <hi rendition="#i">Numa</hi> selbst, nicht <hi rendition="#i">Py-<lb/>
thia</hi>, welche die Helden des Alterthums um<lb/>
Rath fragten, wenn sie Gesetze geben, wenn<lb/>
sie Länder erobern wollten, nicht die <hi rendition="#i">Aspa-<lb/>
sien</hi> und <hi rendition="#i">Phrynen</hi>, zu denen ein <hi rendition="#i">Perikles</hi>, ein<lb/><hi rendition="#i">Sokrates</hi> in die Schule ging, um Weisheit und<lb/>
Regierungskunst zu lernen &#x2014; sollen sich hier<lb/>
der Beispiellehrstühle bemächtigen. Jene hat<lb/>
die Fabel in ein ätherisches Gewand gehüllt<lb/>
und sie unserm Auge zu weit entrückt, als<lb/>
da&#x017F;s wir sie noch ferner dem Geschlechte zum<lb/>
Vortheil anrechnen könnten, ob sie gleich sei-<lb/>
nen Namen führen und keine Fabel ohne<lb/>
Wahrheits-Ingredienz anfängt und vorhanden<lb/>
ist &#x2014; So hie&#x017F;s der Grosoncle eines von den<lb/>
weltberühmten Lügnern neuerer Zeit, <hi rendition="#i">Josephs<lb/>
Balsamo</hi>, der sich <hi rendition="#i">Graf Cagliostro</hi> nannte:<lb/><hi rendition="#i">Cagliostro</hi> &#x2014; Lauter Lügen halten so wenig<lb/>
zusammen, da&#x017F;s nie etwas Vernünftiges, etwas<lb/>
Ganzes herausgebracht werden kann &#x2014; Will<lb/>
man den poëtischen Tugenden jener weibli-<lb/>
chen Heldennamen keine Glorie und keinen<lb/>
Ehrenschein einräumen &#x2014; immerhin! wir ha-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0246] nicht unendlich gewinnen? Nicht die Nym- phe Egeria, welche Numa selbst, nicht Py- thia, welche die Helden des Alterthums um Rath fragten, wenn sie Gesetze geben, wenn sie Länder erobern wollten, nicht die Aspa- sien und Phrynen, zu denen ein Perikles, ein Sokrates in die Schule ging, um Weisheit und Regierungskunst zu lernen — sollen sich hier der Beispiellehrstühle bemächtigen. Jene hat die Fabel in ein ätherisches Gewand gehüllt und sie unserm Auge zu weit entrückt, als daſs wir sie noch ferner dem Geschlechte zum Vortheil anrechnen könnten, ob sie gleich sei- nen Namen führen und keine Fabel ohne Wahrheits-Ingredienz anfängt und vorhanden ist — So hieſs der Grosoncle eines von den weltberühmten Lügnern neuerer Zeit, Josephs Balsamo, der sich Graf Cagliostro nannte: Cagliostro — Lauter Lügen halten so wenig zusammen, daſs nie etwas Vernünftiges, etwas Ganzes herausgebracht werden kann — Will man den poëtischen Tugenden jener weibli- chen Heldennamen keine Glorie und keinen Ehrenschein einräumen — immerhin! wir ha-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/246
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/246>, abgerufen am 28.04.2024.