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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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nicht in Wildfremde -- und weshalb auch
das?) umschaffen, und Alles bis auf die Rück-
erinnerung ihrer ehemaligen Bekanntschaft
vertilgen. Würde nicht diese Geschlechts-
Einkleidung auf einmal den einzigen Unter-
schied, den die Natur beabsichtiget hat, zwi-
schen beiden Geschlechtern festsetzen, ohne
dadurch einen bürgerlichen Unterschied her-
auszubringen oder zu erzwingen, und ohne
dadurch Sitten und Wohlstand im mindesten
in Gefahr zu setzen? Dies wäre der Glocken-
schlag, welcher Erziehung und Unterricht der
Geschlechter- und Bürgerbestimmung näher
bringen würde. -- War nicht schon bei den
Römern eine ähnliche Einrichtung in Hinsicht
auf das männliche Geschlecht? und sagt nicht
die Geschichte, dass der Jüngling Vaterlands-
liebe und alle grosse Eigenschaften eines
Römers mit der toga virili (mit dem Manns-
kleide) anlegte? Es ist eine Schande, eine
Stunde länger zu leben, als man hätte leben
sollen; -- allein es bleibt eine eben so grosse
Schande, eine Stunde früher zu leben anzufan-
gen, als man dazu fähig ist -- und so wie

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nicht in Wildfremde — und weshalb auch
das?) umschaffen, und Alles bis auf die Rück-
erinnerung ihrer ehemaligen Bekanntschaft
vertilgen. Würde nicht diese Geschlechts-
Einkleidung auf einmal den einzigen Unter-
schied, den die Natur beabsichtiget hat, zwi-
schen beiden Geschlechtern festsetzen, ohne
dadurch einen bürgerlichen Unterschied her-
auszubringen oder zu erzwingen, und ohne
dadurch Sitten und Wohlstand im mindesten
in Gefahr zu setzen? Dies wäre der Glocken-
schlag, welcher Erziehung und Unterricht der
Geschlechter- und Bürgerbestimmung näher
bringen würde. — War nicht schon bei den
Römern eine ähnliche Einrichtung in Hinsicht
auf das männliche Geschlecht? und sagt nicht
die Geschichte, daſs der Jüngling Vaterlands-
liebe und alle groſse Eigenschaften eines
Römers mit der toga virili (mit dem Manns-
kleide) anlegte? Es ist eine Schande, eine
Stunde länger zu leben, als man hätte leben
sollen; — allein es bleibt eine eben so groſse
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gen, als man dazu fähig ist — und so wie

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[229/0237] nicht in Wildfremde — und weshalb auch das?) umschaffen, und Alles bis auf die Rück- erinnerung ihrer ehemaligen Bekanntschaft vertilgen. Würde nicht diese Geschlechts- Einkleidung auf einmal den einzigen Unter- schied, den die Natur beabsichtiget hat, zwi- schen beiden Geschlechtern festsetzen, ohne dadurch einen bürgerlichen Unterschied her- auszubringen oder zu erzwingen, und ohne dadurch Sitten und Wohlstand im mindesten in Gefahr zu setzen? Dies wäre der Glocken- schlag, welcher Erziehung und Unterricht der Geschlechter- und Bürgerbestimmung näher bringen würde. — War nicht schon bei den Römern eine ähnliche Einrichtung in Hinsicht auf das männliche Geschlecht? und sagt nicht die Geschichte, daſs der Jüngling Vaterlands- liebe und alle groſse Eigenschaften eines Römers mit der toga virili (mit dem Manns- kleide) anlegte? Es ist eine Schande, eine Stunde länger zu leben, als man hätte leben sollen; — allein es bleibt eine eben so groſse Schande, eine Stunde früher zu leben anzufan- gen, als man dazu fähig ist — und so wie P 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/237>, abgerufen am 28.04.2024.