schlechte aufnehmen? sie, welche die Sphäre ihrer Zeitgenossen durchbrechen und, ohne sich nach Brücken umzusehen, mit Geistesflü- geln sich erheben und, wenn es nicht gehen will -- sich hinaus denken und wie Felix auf einen gelegenern Augenblick warten? -- Oder wie! ist es Wollust, keine Wollust zu genie- ssen? ist es ein Göttermahl, zu fasten? ist bloss Streben unsere Tugend, und Hoffnung unser Glück --? Beweiset nicht ein grosser Theil der Weiber, dass edle Seelen auch in Ketten frei sind, wie ein Herrscher bei ent- gegengesetzter Denkart sich in selbsteigener Sklaverei befindet? Der schlechteste Herr, der nur zu finden war! So diente Alexander, und Diogenes war frei -- Alexander! dem ein Seeräuber in die Augen zu sagen den Alexan- der-Muth hatte: kleine Diebe hängt man -- Diogenes! der, als Alexander ihm Gelegenheit gab, sich eine Pension zu erbitten, (und eine grössere, als alle zusammen genommen, die Friedrich II seinen Leib-Philosophen und Dichtern gab) nur verlangte, dass Se. Alexan- drische Majestät geruhen möchte, ihm, der
schlechte aufnehmen? sie, welche die Sphäre ihrer Zeitgenossen durchbrechen und, ohne sich nach Brücken umzusehen, mit Geistesflü- geln sich erheben und, wenn es nicht gehen will — sich hinaus denken und wie Felix auf einen gelegenern Augenblick warten? — Oder wie! ist es Wollust, keine Wollust zu genie- ſsen? ist es ein Göttermahl, zu fasten? ist bloſs Streben unsere Tugend, und Hoffnung unser Glück —? Beweiset nicht ein groſser Theil der Weiber, daſs edle Seelen auch in Ketten frei sind, wie ein Herrscher bei ent- gegengesetzter Denkart sich in selbsteigener Sklaverei befindet? Der schlechteste Herr, der nur zu finden war! So diente Alexander, und Diogenes war frei — Alexander! dem ein Seeräuber in die Augen zu sagen den Alexan- der-Muth hatte: kleine Diebe hängt man — Diogenes! der, als Alexander ihm Gelegenheit gab, sich eine Pension zu erbitten, (und eine gröſsere, als alle zusammen genommen, die Friedrich II seinen Leib-Philosophen und Dichtern gab) nur verlangte, daſs Se. Alexan- drische Majestät geruhen möchte, ihm, der
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schlechte aufnehmen? sie, welche die Sphäre
ihrer Zeitgenossen durchbrechen und, ohne
sich nach Brücken umzusehen, mit Geistesflü-
geln sich erheben und, wenn es nicht gehen
will — sich hinaus denken und wie Felix auf
einen gelegenern Augenblick warten? — Oder
wie! ist es Wollust, keine Wollust zu genie-
ſsen? ist es ein Göttermahl, zu fasten? ist
bloſs Streben unsere Tugend, und Hoffnung
unser Glück —? Beweiset nicht ein groſser
Theil der Weiber, daſs edle Seelen auch in
Ketten frei sind, wie ein Herrscher bei ent-
gegengesetzter Denkart sich in selbsteigener
Sklaverei befindet? Der schlechteste Herr, der
nur zu finden war! So diente Alexander, und
Diogenes war frei — Alexander! dem ein
Seeräuber in die Augen zu sagen den Alexan-
der-Muth hatte: kleine Diebe hängt man —
Diogenes! der, als Alexander ihm Gelegenheit
gab, sich eine Pension zu erbitten, (und eine
gröſsere, als alle zusammen genommen, die
Friedrich II seinen Leib-Philosophen und
Dichtern gab) nur verlangte, daſs Se. Alexan-
drische Majestät geruhen möchte, ihm, der
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/186>, abgerufen am 25.11.2024.
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