Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Gewohnheit wird so leicht zur andern
Natur, dass die Franzosen, welche die Placke-
reien eines Terray, und die Härte eines Mear-
pou
ertrugen, sich hinreichend glücklich schätz-
ten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der un-
würdigste, Theil die durch die Zehnten der
Wi[tt]wen und die Sparpfennige der Elenden
gefüllten Freudenbecher des Staats in unmässi-
gen Zügen leeren konnte, während der an-
dere grössere und arbeitende Theil, unter dem
Joche der Willkühr der Despotie und der Dürf-
tigkeit schmachtend, doch noch immer das
Glück hatte, so gut es sich thun liess, zu
springen und zu singen, zu hüpfen und zu
pfeifen. -- Bei einem so leichten, über Alles
sich wegsetzenden und mit einem Chanson sich
aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese
Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skor-
pionen, um so weniger fühlbar, da es an den
Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichne-
ten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst
der Augen Theil nahm -- und dieses Völkchen
lernte es je länger je mehr ertragen, dass jene
den Freudenkelch für sich allein behielten und

A 5

Die Gewohnheit wird so leicht zur andern
Natur, daſs die Franzosen, welche die Placke-
reien eines Terray, und die Härte eines Mear-
pou
ertrugen, sich hinreichend glücklich schätz-
ten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der un-
würdigste, Theil die durch die Zehnten der
Wi[tt]wen und die Sparpfennige der Elenden
gefüllten Freudenbecher des Staats in unmäſsi-
gen Zügen leeren konnte, während der an-
dere gröſsere und arbeitende Theil, unter dem
Joche der Willkühr der Despotie und der Dürf-
tigkeit schmachtend, doch noch immer das
Glück hatte, so gut es sich thun lieſs, zu
springen und zu singen, zu hüpfen und zu
pfeifen. — Bei einem so leichten, über Alles
sich wegsetzenden und mit einem Chanson sich
aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese
Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skor-
pionen, um so weniger fühlbar, da es an den
Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichne-
ten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst
der Augen Theil nahm — und dieses Völkchen
lernte es je länger je mehr ertragen, daſs jene
den Freudenkelch für sich allein behielten und

A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="9"/>
        <p>Die Gewohnheit wird so leicht zur andern<lb/>
Natur, da&#x017F;s die Franzosen, welche die Placke-<lb/>
reien eines <hi rendition="#i">Terray</hi>, und die Härte eines <hi rendition="#i">Mear-<lb/>
pou</hi> ertrugen, sich hinreichend glücklich schätz-<lb/>
ten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der un-<lb/>
würdigste, Theil die durch die Zehnten der<lb/>
Wi<supplied>tt</supplied>wen und die Sparpfennige der Elenden<lb/>
gefüllten Freudenbecher des Staats in unmä&#x017F;si-<lb/>
gen Zügen leeren konnte, während der an-<lb/>
dere grö&#x017F;sere und arbeitende Theil, unter dem<lb/>
Joche der Willkühr der Despotie und der Dürf-<lb/>
tigkeit schmachtend, doch noch immer das<lb/>
Glück hatte, so gut es sich thun lie&#x017F;s, zu<lb/>
springen und zu singen, zu hüpfen und zu<lb/>
pfeifen. &#x2014; Bei einem so leichten, über Alles<lb/>
sich wegsetzenden und mit einem <hi rendition="#i">Chanson</hi> sich<lb/>
aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese<lb/>
Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skor-<lb/>
pionen, um so weniger fühlbar, da es an den<lb/>
Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichne-<lb/>
ten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst<lb/>
der Augen Theil nahm &#x2014; und dieses Völkchen<lb/>
lernte es je länger je mehr ertragen, da&#x017F;s jene<lb/>
den <hi rendition="#i">Freudenkelch</hi> für sich allein behielten und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0017] Die Gewohnheit wird so leicht zur andern Natur, daſs die Franzosen, welche die Placke- reien eines Terray, und die Härte eines Mear- pou ertrugen, sich hinreichend glücklich schätz- ten, wenn nur ein kleiner, vielleicht der un- würdigste, Theil die durch die Zehnten der Wittwen und die Sparpfennige der Elenden gefüllten Freudenbecher des Staats in unmäſsi- gen Zügen leeren konnte, während der an- dere gröſsere und arbeitende Theil, unter dem Joche der Willkühr der Despotie und der Dürf- tigkeit schmachtend, doch noch immer das Glück hatte, so gut es sich thun lieſs, zu springen und zu singen, zu hüpfen und zu pfeifen. — Bei einem so leichten, über Alles sich wegsetzenden und mit einem Chanson sich aus aller Noth helfenden Völkchen, war diese Zuchtruthe, theils mit Peitschen, theils mit Skor- pionen, um so weniger fühlbar, da es an den Gallatagen und Staatsfesten der Ausgezeichne- ten unter ihm, durch ein Freibillet vermittelst der Augen Theil nahm — und dieses Völkchen lernte es je länger je mehr ertragen, daſs jene den Freudenkelch für sich allein behielten und A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/17
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/17>, abgerufen am 24.11.2024.