tern und sein Inventarium zu vergrössern. Die Menschen wurden Bürger; allein sie fingen ihre Bürgerschaft nicht damit an, diesen ihren bürgerlichen Verfassungen Ordnung, Dauer und Regelmässigkeit beizulegen. Noch jetzt lernt man in der Gesellschaft gesellig seyn, und nichts lässt sich so wenig theoretisch be- greifen, als diese Kunst. Die ersten Gesell- schaften dehnten sich bloss durch Gewalt der Waffen über andere aus, und gaben sich Mü- he, ihre freien Nachbarn nicht zu ihren Mit- bürgern und Freunden, sondern zu ihren Skla- ven zu machen. So entsprang, erweiterte und bildete sich der Römische Staat; und dass dies der Uranfang aller grossen bürgerlichen Gesell- schaften war, bezeuget die Geschichte vom fin- stern Anfange bis zum angeblich lichten Ende. Immer hatte man Waffen in den Händen, man mochte seinen Freunden und seinen Feinden Gesetze vorschreiben, man mochte über An- ordnungen zum Besten des Staates rathschlagen, oder über Bürgerrechte entscheiden. So wa- ren und blieben die Männer in Rücksicht ih- rer Weiber in Machtvortheilen, und liessen
tern und sein Inventarium zu vergröſsern. Die Menschen wurden Bürger; allein sie fingen ihre Bürgerschaft nicht damit an, diesen ihren bürgerlichen Verfassungen Ordnung, Dauer und Regelmäſsigkeit beizulegen. Noch jetzt lernt man in der Gesellschaft gesellig seyn, und nichts läſst sich so wenig theoretisch be- greifen, als diese Kunst. Die ersten Gesell- schaften dehnten sich bloſs durch Gewalt der Waffen über andere aus, und gaben sich Mü- he, ihre freien Nachbarn nicht zu ihren Mit- bürgern und Freunden, sondern zu ihren Skla- ven zu machen. So entsprang, erweiterte und bildete sich der Römische Staat; und daſs dies der Uranfang aller groſsen bürgerlichen Gesell- schaften war, bezeuget die Geschichte vom fin- stern Anfange bis zum angeblich lichten Ende. Immer hatte man Waffen in den Händen, man mochte seinen Freunden und seinen Feinden Gesetze vorschreiben, man mochte über An- ordnungen zum Besten des Staates rathschlagen, oder über Bürgerrechte entscheiden. So wa- ren und blieben die Männer in Rücksicht ih- rer Weiber in Machtvortheilen, und lieſsen
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tern und sein Inventarium zu vergröſsern. Die
Menschen wurden Bürger; allein sie fingen
ihre Bürgerschaft nicht damit an, diesen ihren
bürgerlichen Verfassungen Ordnung, Dauer
und Regelmäſsigkeit beizulegen. Noch jetzt
lernt man in der Gesellschaft gesellig seyn,
und nichts läſst sich so wenig theoretisch be-
greifen, als diese Kunst. Die ersten Gesell-
schaften dehnten sich bloſs durch Gewalt der
Waffen über andere aus, und gaben sich Mü-
he, ihre freien Nachbarn nicht zu ihren Mit-
bürgern und Freunden, sondern zu ihren Skla-
ven zu machen. So entsprang, erweiterte und
bildete sich der Römische Staat; und daſs dies
der Uranfang aller groſsen bürgerlichen Gesell-
schaften war, bezeuget die Geschichte vom fin-
stern Anfange bis zum angeblich lichten Ende.
Immer hatte man Waffen in den Händen, man
mochte seinen Freunden und seinen Feinden
Gesetze vorschreiben, man mochte über An-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/133>, abgerufen am 24.11.2024.
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