Schwächlichkeit versinken könne, dass sie sich ungestraft berauben lasse, ohne das Raubschloss oder Raubnest zu zerstören? Längst sind Männer nur Titularherren, Besitzer in partibus infide- lium. -- Und wie! Deutsche, deren Vorfahren ihre Weiber achteten, da der Rath derselben ih- nen wichtig, ihre Aussprüche ihnen heilig waren, wenn sie die Zukunft aufklärten, vielleicht wei- se genug, sie nach ihrem Willen zu lenken -- (eine ehrwürdige prophetische Kunst!) Deut- sche, die, wenn es gleich von ihnen heisst, dass sie viel für Geld thun, ihre Weiber nicht wie die Römer (als wären sie Hausrath) einkauften; Deutsche -- sollten ihrer Vorfah- ren so unwerth seyn! Was ist anständiger: mit dem andern Geschlechte gleichen Schritt zu halten, oder uns von ihm, ohne dass wir es wissen, leiten und führen zu lassen? Nur die Zeichen der Regierung sind uns werth, die Regierung verkaufen wir für ein schnödes Linsengericht; und eine kluge Frau lässt sich von dem Manne zur Regierungs-Repräsentan- tin erkiesen, dem hier kein Hochverrath ahn- det, und der (weil doch Hochmuth dem
Schwächlichkeit versinken könne, daſs sie sich ungestraft berauben lasse, ohne das Raubschloſs oder Raubnest zu zerstören? Längst sind Männer nur Titularherren, Besitzer in partibus infide- lium. — Und wie! Deutsche, deren Vorfahren ihre Weiber achteten, da der Rath derselben ih- nen wichtig, ihre Aussprüche ihnen heilig waren, wenn sie die Zukunft aufklärten, vielleicht wei- se genug, sie nach ihrem Willen zu lenken — (eine ehrwürdige prophetische Kunst!) Deut- sche, die, wenn es gleich von ihnen heiſst, daſs sie viel für Geld thun, ihre Weiber nicht wie die Römer (als wären sie Hausrath) einkauften; Deutsche — sollten ihrer Vorfah- ren so unwerth seyn! Was ist anständiger: mit dem andern Geschlechte gleichen Schritt zu halten, oder uns von ihm, ohne daſs wir es wissen, leiten und führen zu lassen? Nur die Zeichen der Regierung sind uns werth, die Regierung verkaufen wir für ein schnödes Linsengericht; und eine kluge Frau läſst sich von dem Manne zur Regierungs-Repräsentan- tin erkiesen, dem hier kein Hochverrath ahn- det, und der (weil doch Hochmuth dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0118"n="110"/>
Schwächlichkeit versinken könne, daſs sie sich<lb/>
ungestraft berauben lasse, ohne das Raub<hirendition="#i">schloſs</hi><lb/>
oder Raub<hirendition="#i">nest</hi> zu zerstören? Längst sind Männer<lb/>
nur Titularherren, Besitzer <hirendition="#i">in partibus infide-<lb/>
lium.</hi>— Und wie! Deutsche, deren Vorfahren<lb/>
ihre Weiber achteten, da der Rath derselben ih-<lb/>
nen wichtig, ihre Aussprüche ihnen heilig waren,<lb/>
wenn sie die Zukunft aufklärten, vielleicht wei-<lb/>
se genug, sie nach ihrem Willen zu <hirendition="#i">lenken</hi>—<lb/>
(eine ehrwürdige prophetische Kunst!) Deut-<lb/>
sche, die, wenn es gleich von ihnen heiſst,<lb/><hirendition="#i">daſs sie viel für Geld thun,</hi> ihre Weiber<lb/>
nicht wie die Römer (als wären sie Hausrath)<lb/>
einkauften; Deutsche — sollten ihrer Vorfah-<lb/>
ren so unwerth seyn! Was ist anständiger:<lb/>
mit dem andern Geschlechte gleichen Schritt<lb/>
zu halten, oder uns von ihm, ohne daſs wir<lb/>
es wissen, leiten und führen zu lassen? Nur<lb/>
die <hirendition="#i">Zeichen</hi> der Regierung sind uns werth,<lb/>
die <hirendition="#i">Regierung</hi> verkaufen wir für ein schnödes<lb/>
Linsengericht; und eine kluge Frau läſst sich<lb/>
von dem Manne zur Regierungs-Repräsentan-<lb/>
tin erkiesen, dem hier kein Hochverrath ahn-<lb/>
det, und der (weil doch Hochmuth dem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[110/0118]
Schwächlichkeit versinken könne, daſs sie sich
ungestraft berauben lasse, ohne das Raubschloſs
oder Raubnest zu zerstören? Längst sind Männer
nur Titularherren, Besitzer in partibus infide-
lium. — Und wie! Deutsche, deren Vorfahren
ihre Weiber achteten, da der Rath derselben ih-
nen wichtig, ihre Aussprüche ihnen heilig waren,
wenn sie die Zukunft aufklärten, vielleicht wei-
se genug, sie nach ihrem Willen zu lenken —
(eine ehrwürdige prophetische Kunst!) Deut-
sche, die, wenn es gleich von ihnen heiſst,
daſs sie viel für Geld thun, ihre Weiber
nicht wie die Römer (als wären sie Hausrath)
einkauften; Deutsche — sollten ihrer Vorfah-
ren so unwerth seyn! Was ist anständiger:
mit dem andern Geschlechte gleichen Schritt
zu halten, oder uns von ihm, ohne daſs wir
es wissen, leiten und führen zu lassen? Nur
die Zeichen der Regierung sind uns werth,
die Regierung verkaufen wir für ein schnödes
Linsengericht; und eine kluge Frau läſst sich
von dem Manne zur Regierungs-Repräsentan-
tin erkiesen, dem hier kein Hochverrath ahn-
det, und der (weil doch Hochmuth dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/118>, abgerufen am 15.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.