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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Welt, wo nicht ein Gebäude, so doch eine
Hütte zu zimmern, und ein Ebenbild unseres
Geistes, eine Einheit zu schaffen, die ohne
Forscherblick weder in der Weltgeschichte,
noch auch in der Geschichte jedes einzelnen
Menschen, gefunden werden kann. Ohne die-
sen Geist der Wahrheit ist und bleibt jede
Lebensbeschreibung ein Roman, der Verfasser
gehe so offen zu Werke als möglich, oder
verstecke sich unter die Bäume im Garten. --
Zu Geschichtforschern, Auslegern des mensch-
lichen Geistes, zu Seelengelehrten, zu Sehern,
gehört Studium seiner selbst; und nur in die-
ser Rücksicht ist sich selbst zu kennen eine
grosse Lehre! Nur ein Geschichtschreiber,
der diese Salbung empfing, weiss die Reihe
der Dinge zu übersehen, und Ursache und
Wirkung unter Einen Hut zu bringen. -- Es
giebt historische Ergänzungen, wo uns so we-
nig ein lästiges Ungefähr untergeschoben wird.
dass wir weder gerade noch seitwärts etwas
gegen diese Ergänzungen einwenden mögen,
wenn wir auch könnten. --

Seht! nicht Überlegenheit des Körpers,

G 4

Welt, wo nicht ein Gebäude, so doch eine
Hütte zu zimmern, und ein Ebenbild unseres
Geistes, eine Einheit zu schaffen, die ohne
Forscherblick weder in der Weltgeschichte,
noch auch in der Geschichte jedes einzelnen
Menschen, gefunden werden kann. Ohne die-
sen Geist der Wahrheit ist und bleibt jede
Lebensbeschreibung ein Roman, der Verfasser
gehe so offen zu Werke als möglich, oder
verstecke sich unter die Bäume im Garten. —
Zu Geschichtforschern, Auslegern des mensch-
lichen Geistes, zu Seelengelehrten, zu Sehern,
gehört Studium seiner selbst; und nur in die-
ser Rücksicht ist sich selbst zu kennen eine
groſse Lehre! Nur ein Geschichtschreiber,
der diese Salbung empfing, weiſs die Reihe
der Dinge zu übersehen, und Ursache und
Wirkung unter Einen Hut zu bringen. — Es
giebt historische Ergänzungen, wo uns so we-
nig ein lästiges Ungefähr untergeschoben wird.
daſs wir weder gerade noch seitwärts etwas
gegen diese Ergänzungen einwenden mögen,
wenn wir auch könnten. —

Seht! nicht Überlegenheit des Körpers,

G 4
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[103/0111] Welt, wo nicht ein Gebäude, so doch eine Hütte zu zimmern, und ein Ebenbild unseres Geistes, eine Einheit zu schaffen, die ohne Forscherblick weder in der Weltgeschichte, noch auch in der Geschichte jedes einzelnen Menschen, gefunden werden kann. Ohne die- sen Geist der Wahrheit ist und bleibt jede Lebensbeschreibung ein Roman, der Verfasser gehe so offen zu Werke als möglich, oder verstecke sich unter die Bäume im Garten. — Zu Geschichtforschern, Auslegern des mensch- lichen Geistes, zu Seelengelehrten, zu Sehern, gehört Studium seiner selbst; und nur in die- ser Rücksicht ist sich selbst zu kennen eine groſse Lehre! Nur ein Geschichtschreiber, der diese Salbung empfing, weiſs die Reihe der Dinge zu übersehen, und Ursache und Wirkung unter Einen Hut zu bringen. — Es giebt historische Ergänzungen, wo uns so we- nig ein lästiges Ungefähr untergeschoben wird. daſs wir weder gerade noch seitwärts etwas gegen diese Ergänzungen einwenden mögen, wenn wir auch könnten. — Seht! nicht Überlegenheit des Körpers, G 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/111>, abgerufen am 26.11.2024.