Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

genheit, wozu die Tagdieberei des Hirten,
und das Vorurtheil, als ob er eben darum
Gott lieber wäre und von ihm mehr beglückt
würde, mittelst des argen, bösen Neides nicht
wenig beigetragen haben mag: Neid ist Geitz,
und dieser ist, wie jeder von uns weiss, die
Wurzel alles Übels. Der Hirt schonte die
Anpflanzungen des Ackermannes nicht, und
ehe dieser pfänden konnte, war jener mit
seiner Heerde über alle Berge, und wusste
sich listig der Berichtigung des Pfandgeldes
zu entziehen. Dies zwang den Ackerbauer,
mehr auf seine Vertheidigung bedacht zu seyn;
und da er sich gedrungen sah, mehr Hände
anzuwerben, um den Acker zu bestellen (Hän-
de, die zusammen bleiben mussten, um die
Zeit abzuwarten und die Witterung zu benut-
zen, oder ihr zuvor zu kommen:) so bauete
ein Haus das andere, wie ein Wort das an-
dere zu geben pflegt. Hierdurch waren die
Ackerbauer mehr im Stande, sich den Aus-
schweifungen des zahmen Hirten und des
wilderen Jägers zu widersetzen. Aus den Ak-
kerbauern wurden Bauherren: (eine Würde,

genheit, wozu die Tagdieberei des Hirten,
und das Vorurtheil, als ob er eben darum
Gott lieber wäre und von ihm mehr beglückt
würde, mittelst des argen, bösen Neides nicht
wenig beigetragen haben mag: Neid ist Geitz,
und dieser ist, wie jeder von uns weiſs, die
Wurzel alles Übels. Der Hirt schonte die
Anpflanzungen des Ackermannes nicht, und
ehe dieser pfänden konnte, war jener mit
seiner Heerde über alle Berge, und wuſste
sich listig der Berichtigung des Pfandgeldes
zu entziehen. Dies zwang den Ackerbauer,
mehr auf seine Vertheidigung bedacht zu seyn;
und da er sich gedrungen sah, mehr Hände
anzuwerben, um den Acker zu bestellen (Hän-
de, die zusammen bleiben muſsten, um die
Zeit abzuwarten und die Witterung zu benut-
zen, oder ihr zuvor zu kommen:) so bauete
ein Haus das andere, wie ein Wort das an-
dere zu geben pflegt. Hierdurch waren die
Ackerbauer mehr im Stande, sich den Aus-
schweifungen des zahmen Hirten und des
wilderen Jägers zu widersetzen. Aus den Ak-
kerbauern wurden Bauherren: (eine Würde,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0106" n="98"/>
genheit, wozu die Tagdieberei des Hirten,<lb/>
und das Vorurtheil, als ob er eben darum<lb/>
Gott lieber wäre und von ihm mehr beglückt<lb/>
würde, mittelst des argen, bösen Neides nicht<lb/>
wenig beigetragen haben mag: Neid ist Geitz,<lb/>
und dieser ist, wie jeder von uns wei&#x017F;s, die<lb/>
Wurzel alles Übels. Der Hirt schonte die<lb/>
Anpflanzungen des Ackermannes nicht, und<lb/>
ehe dieser pfänden konnte, war jener mit<lb/>
seiner Heerde über alle Berge, und wu&#x017F;ste<lb/>
sich listig der Berichtigung des Pfandgeldes<lb/>
zu entziehen. Dies zwang den Ackerbauer,<lb/>
mehr auf seine Vertheidigung bedacht zu seyn;<lb/>
und da er sich gedrungen sah, mehr Hände<lb/>
anzuwerben, um den Acker zu bestellen (Hän-<lb/>
de, die zusammen bleiben mu&#x017F;sten, um die<lb/>
Zeit abzuwarten und die Witterung zu benut-<lb/>
zen, oder ihr zuvor zu kommen:) so bauete<lb/>
ein Haus das andere, wie ein Wort das an-<lb/>
dere zu geben pflegt. Hierdurch waren die<lb/>
Ackerbauer mehr im Stande, sich den Aus-<lb/>
schweifungen des zahmen Hirten und des<lb/>
wilderen Jägers zu widersetzen. Aus den Ak-<lb/>
kerbauern wurden Bauherren: (eine Würde,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0106] genheit, wozu die Tagdieberei des Hirten, und das Vorurtheil, als ob er eben darum Gott lieber wäre und von ihm mehr beglückt würde, mittelst des argen, bösen Neides nicht wenig beigetragen haben mag: Neid ist Geitz, und dieser ist, wie jeder von uns weiſs, die Wurzel alles Übels. Der Hirt schonte die Anpflanzungen des Ackermannes nicht, und ehe dieser pfänden konnte, war jener mit seiner Heerde über alle Berge, und wuſste sich listig der Berichtigung des Pfandgeldes zu entziehen. Dies zwang den Ackerbauer, mehr auf seine Vertheidigung bedacht zu seyn; und da er sich gedrungen sah, mehr Hände anzuwerben, um den Acker zu bestellen (Hän- de, die zusammen bleiben muſsten, um die Zeit abzuwarten und die Witterung zu benut- zen, oder ihr zuvor zu kommen:) so bauete ein Haus das andere, wie ein Wort das an- dere zu geben pflegt. Hierdurch waren die Ackerbauer mehr im Stande, sich den Aus- schweifungen des zahmen Hirten und des wilderen Jägers zu widersetzen. Aus den Ak- kerbauern wurden Bauherren: (eine Würde,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/106
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/106>, abgerufen am 13.10.2024.