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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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sähe. Es kam mir vor, als säh' ich überall
Kreutzer! Mich umgesehen hätt ich nicht um
tausende. Die Frau v -- sah mich mit ihren
grossen Augen starr an! -- und eigentlich be-
merkt ich, wie sie eine Todesangst faßte. Die
Aengsten hoben sie; was schweben heißt, konn-
te man an ihr sehen. Dies nahm zusehends
zu; auch sie konnte sich nicht mehr umsehen.
Wie es zugieng, weiß ich nicht; allein ein plötz-
licher Sturm riß die Fensterladen von ihren
Eisen; alles bebte im Zimmer. Alles, was
einen Klang im Zimmer hatte, gab einen Laut.
Schrecklich -- Weh! war es nicht; allein nicht
viel auseinander. -- Die Hähne kräheten auf
eine Art, als wenn eins verrathen und ver-
kauft werden sollte! -- Im Sturm waren
Worte zu hören. -- Wer konnte sie verneh-
men? Die hochgelahrte Frau v -- b -- rang
die Hände, und konnte sich auf den Knien
nicht halten! Was! wie ist mir? -- Da-
mals, und auch nach der Zeit, glaubte die
zeichenbegierige Frau v --, daß die Unterre-
dung der Prophetin mit ihrem Schutzgeist auf
den Geist der Frau v. gewürkt hätte. Etwas
gieng in Wahrheit vor, was es aber war,
mag Gott wissen, und der Prophetin Schutz-
geist. Die Prophetin klingelte! So was von

Klin-

ſaͤhe. Es kam mir vor, als ſaͤh’ ich uͤberall
Kreutzer! Mich umgeſehen haͤtt ich nicht um
tauſende. Die Frau v — ſah mich mit ihren
groſſen Augen ſtarr an! — und eigentlich be-
merkt ich, wie ſie eine Todesangſt faßte. Die
Aengſten hoben ſie; was ſchweben heißt, konn-
te man an ihr ſehen. Dies nahm zuſehends
zu; auch ſie konnte ſich nicht mehr umſehen.
Wie es zugieng, weiß ich nicht; allein ein ploͤtz-
licher Sturm riß die Fenſterladen von ihren
Eiſen; alles bebte im Zimmer. Alles, was
einen Klang im Zimmer hatte, gab einen Laut.
Schrecklich — Weh! war es nicht; allein nicht
viel auseinander. — Die Haͤhne kraͤheten auf
eine Art, als wenn eins verrathen und ver-
kauft werden ſollte! — Im Sturm waren
Worte zu hoͤren. — Wer konnte ſie verneh-
men? Die hochgelahrte Frau v — b — rang
die Haͤnde, und konnte ſich auf den Knien
nicht halten! Was! wie iſt mir? — Da-
mals, und auch nach der Zeit, glaubte die
zeichenbegierige Frau v —, daß die Unterre-
dung der Prophetin mit ihrem Schutzgeiſt auf
den Geiſt der Frau v. gewuͤrkt haͤtte. Etwas
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[82/0088] ſaͤhe. Es kam mir vor, als ſaͤh’ ich uͤberall Kreutzer! Mich umgeſehen haͤtt ich nicht um tauſende. Die Frau v — ſah mich mit ihren groſſen Augen ſtarr an! — und eigentlich be- merkt ich, wie ſie eine Todesangſt faßte. Die Aengſten hoben ſie; was ſchweben heißt, konn- te man an ihr ſehen. Dies nahm zuſehends zu; auch ſie konnte ſich nicht mehr umſehen. Wie es zugieng, weiß ich nicht; allein ein ploͤtz- licher Sturm riß die Fenſterladen von ihren Eiſen; alles bebte im Zimmer. Alles, was einen Klang im Zimmer hatte, gab einen Laut. Schrecklich — Weh! war es nicht; allein nicht viel auseinander. — Die Haͤhne kraͤheten auf eine Art, als wenn eins verrathen und ver- kauft werden ſollte! — Im Sturm waren Worte zu hoͤren. — Wer konnte ſie verneh- men? Die hochgelahrte Frau v — b — rang die Haͤnde, und konnte ſich auf den Knien nicht halten! Was! wie iſt mir? — Da- mals, und auch nach der Zeit, glaubte die zeichenbegierige Frau v —, daß die Unterre- dung der Prophetin mit ihrem Schutzgeiſt auf den Geiſt der Frau v. gewuͤrkt haͤtte. Etwas gieng in Wahrheit vor, was es aber war, mag Gott wiſſen, und der Prophetin Schutz- geiſt. Die Prophetin klingelte! So was von Klin-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/88>, abgerufen am 21.11.2024.