tur bewürkt, daß man die Festungsmauer ringsum nicht wahrnimmt? Willst du mehr, als diese augenstärkende herzerfrischende grüne Tapete? Die Grasstück Wiese, und diese lebendige Wand, Wald! Was hat die Erde herrlicher? was war im Paradiese mehr, als Bäum' und Gras? und sieh nur jenen großen Baum! Er stammt geradeswe- ges vom Baum des Lebens im Paradiese. Wie herrlich er da steht! sich verbreitet! und sich einbildet, deinen ganzen Garten befassen zu können! Laß ihn gros thun, diesen Baum aus so gutem Hause, laß ihn gros thun! Es kostet ihm am meisten. Das Gras braucht Schatten und die Hecke Aeste, die ihr zu Hülfe kommen. Sieh! wenn die- ser Lebensbaum ihr nicht unter die Arme griffe und aushülfe, sie würde nicht bis oben zu die Mauer bedecken, die allem, was grün ist, so spinnenfeind ist. Auch würde die Sonne sonst dieser nur frisch gepflanzten Hecke das Kleid beflecken, und es verderben, ehe der Herbst kommt und es Zeit ist. Klein ist dein Garten; allein merkst du nicht, wie alles sich bestrebt, sich darnach einzurichten. Die Biene sumset so laut nicht, um den Finken nicht zu stören, der deinen kleinen Garten
sich
tur bewuͤrkt, daß man die Feſtungsmauer ringsum nicht wahrnimmt? Willſt du mehr, als dieſe augenſtaͤrkende herzerfriſchende gruͤne Tapete? Die Grasſtuͤck Wieſe, und dieſe lebendige Wand, Wald! Was hat die Erde herrlicher? was war im Paradieſe mehr, als Baͤum’ und Gras? und ſieh nur jenen großen Baum! Er ſtammt geradeswe- ges vom Baum des Lebens im Paradieſe. Wie herrlich er da ſteht! ſich verbreitet! und ſich einbildet, deinen ganzen Garten befaſſen zu koͤnnen! Laß ihn gros thun, dieſen Baum aus ſo gutem Hauſe, laß ihn gros thun! Es koſtet ihm am meiſten. Das Gras braucht Schatten und die Hecke Aeſte, die ihr zu Huͤlfe kommen. Sieh! wenn die- ſer Lebensbaum ihr nicht unter die Arme griffe und aushuͤlfe, ſie wuͤrde nicht bis oben zu die Mauer bedecken, die allem, was gruͤn iſt, ſo ſpinnenfeind iſt. Auch wuͤrde die Sonne ſonſt dieſer nur friſch gepflanzten Hecke das Kleid beflecken, und es verderben, ehe der Herbſt kommt und es Zeit iſt. Klein iſt dein Garten; allein merkſt du nicht, wie alles ſich beſtrebt, ſich darnach einzurichten. Die Biene ſumſet ſo laut nicht, um den Finken nicht zu ſtoͤren, der deinen kleinen Garten
ſich
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tur bewuͤrkt, daß man die Feſtungsmauer
ringsum nicht wahrnimmt? Willſt du mehr,
als dieſe augenſtaͤrkende herzerfriſchende
gruͤne Tapete? Die Grasſtuͤck Wieſe, und
dieſe lebendige Wand, Wald! Was hat die
Erde herrlicher? was war im Paradieſe
mehr, als Baͤum’ und Gras? und ſieh nur
jenen großen Baum! Er ſtammt geradeswe-
ges vom Baum des Lebens im Paradieſe.
Wie herrlich er da ſteht! ſich verbreitet! und
ſich einbildet, deinen ganzen Garten befaſſen
zu koͤnnen! Laß ihn gros thun, dieſen Baum
aus ſo gutem Hauſe, laß ihn gros thun!
Es koſtet ihm am meiſten. Das Gras
braucht Schatten und die Hecke Aeſte, die
ihr zu Huͤlfe kommen. Sieh! wenn die-
ſer Lebensbaum ihr nicht unter die Arme
griffe und aushuͤlfe, ſie wuͤrde nicht bis oben
zu die Mauer bedecken, die allem, was gruͤn
iſt, ſo ſpinnenfeind iſt. Auch wuͤrde die Sonne
ſonſt dieſer nur friſch gepflanzten Hecke das
Kleid beflecken, und es verderben, ehe der
Herbſt kommt und es Zeit iſt. Klein iſt dein
Garten; allein merkſt du nicht, wie alles
ſich beſtrebt, ſich darnach einzurichten. Die
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/654>, abgerufen am 28.01.2025.
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