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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Kräutersuppe und den Braten und den
Kuchen! Kuchen nicht! Gestern hatten
wir Kuchen, und gestern hab ich auch
dafür gedankt!
--

Die Mutter wolte haben, daß er die
Hände unter die Decke beym Schlafen legen
solte; allein er schlief nie anders, als die
Hände frey und über der Decke.

Aus Händefalten war er schwer zu brin-
gen! Er hatte einen Gefangenen an Hän-
den geschlossen gesehen! Sind wir denn des
lieben Gottes Gefangene, sagt er, daß ich
die Hände schließen soll? Wir sollen beten
und arbeiten, sagt ihm die Mutter! drunt
zeigen wir dem lieben Gott die Hände. Das
gute Weib hatte diese Erklärung freylich nicht
selbst erfunden. Sie war für Polten beruhi-
gend; Er faltete die Hände! -- Im Schweis
deines Angesichts solt du dein Brod essen,
ist das beste Recept für alle Krankheiten! --

Wie ich noch ein kleines Mädchen war,
sagte der Kleine bey einer Erzählung, und
meynte die Zeit, da er noch im langen Rocke
gegangen! --

Die Mutter lies ihn nur acht Stunden
schlafen. So lange soll er schlafen, bis er
acht Jahr ist, und nach der Zeit sieben Stun-

den

Kraͤuterſuppe und den Braten und den
Kuchen! Kuchen nicht! Geſtern hatten
wir Kuchen, und geſtern hab ich auch
dafuͤr gedankt!

Die Mutter wolte haben, daß er die
Haͤnde unter die Decke beym Schlafen legen
ſolte; allein er ſchlief nie anders, als die
Haͤnde frey und uͤber der Decke.

Aus Haͤndefalten war er ſchwer zu brin-
gen! Er hatte einen Gefangenen an Haͤn-
den geſchloſſen geſehen! Sind wir denn des
lieben Gottes Gefangene, ſagt er, daß ich
die Haͤnde ſchließen ſoll? Wir ſollen beten
und arbeiten, ſagt ihm die Mutter! drunt
zeigen wir dem lieben Gott die Haͤnde. Das
gute Weib hatte dieſe Erklaͤrung freylich nicht
ſelbſt erfunden. Sie war fuͤr Polten beruhi-
gend; Er faltete die Haͤnde! — Im Schweis
deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen,
iſt das beſte Recept fuͤr alle Krankheiten! —

Wie ich noch ein kleines Maͤdchen war,
ſagte der Kleine bey einer Erzaͤhlung, und
meynte die Zeit, da er noch im langen Rocke
gegangen! —

Die Mutter lies ihn nur acht Stunden
ſchlafen. So lange ſoll er ſchlafen, bis er
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[612/0620] Kraͤuterſuppe und den Braten und den Kuchen! Kuchen nicht! Geſtern hatten wir Kuchen, und geſtern hab ich auch dafuͤr gedankt! — Die Mutter wolte haben, daß er die Haͤnde unter die Decke beym Schlafen legen ſolte; allein er ſchlief nie anders, als die Haͤnde frey und uͤber der Decke. Aus Haͤndefalten war er ſchwer zu brin- gen! Er hatte einen Gefangenen an Haͤn- den geſchloſſen geſehen! Sind wir denn des lieben Gottes Gefangene, ſagt er, daß ich die Haͤnde ſchließen ſoll? Wir ſollen beten und arbeiten, ſagt ihm die Mutter! drunt zeigen wir dem lieben Gott die Haͤnde. Das gute Weib hatte dieſe Erklaͤrung freylich nicht ſelbſt erfunden. Sie war fuͤr Polten beruhi- gend; Er faltete die Haͤnde! — Im Schweis deines Angeſichts ſolt du dein Brod eſſen, iſt das beſte Recept fuͤr alle Krankheiten! — Wie ich noch ein kleines Maͤdchen war, ſagte der Kleine bey einer Erzaͤhlung, und meynte die Zeit, da er noch im langen Rocke gegangen! — Die Mutter lies ihn nur acht Stunden ſchlafen. So lange ſoll er ſchlafen, bis er acht Jahr iſt, und nach der Zeit ſieben Stun- den

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/620>, abgerufen am 18.05.2024.