Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

ein besonderes Licht, wenn die Nacht sich mit
dem fernen Sternenlicht kreuzt. Das ist das
treue Bild unseres Wissens, unseres Weissa-
gens und unserer Hofnung! -- welches die
göttlichen Cabinetsbriefe, geschrieben auf Got-
tes allergnädigsten Specialbefehl, durch Män-
ner, getrieben vom heiligen Geist, uns er-
theilen. Dies ist das Sehen durch einen
Spiegel in einen dunklen Ort -- Das Re-
gale der Vernunft ist zu zweifeln; der geof-
fenbarten Kinderlehre zu glauben! Gott helfe
meiner Schwachheit. Amen! --

Polt war nicht kindisch, sondern kindlich.
Ein Paar Worte, bey denen meine Mutter
einen himmelweiten Unterschied fand!

Es war ein lieber, sehr lieber Junge.
Weiß und roth, Lilien und Rosen! Oft in
Gedanken, was hast du kleiner Mensch zu
denken? Statt einer Antwort, lächelt er.

Homer und Milton und all ihr Men-
schenleser! -- ihr seyd all zu früh gestorben,
denn ihr habt keine Fibel geschrieben! Wie
sehr ich dies Werk bey meinem Polt vermißt,
ist unaussprechlich. Welch ein großer Geist
wird einst die Kindlein zu sich kommen laßen

und

ein beſonderes Licht, wenn die Nacht ſich mit
dem fernen Sternenlicht kreuzt. Das iſt das
treue Bild unſeres Wiſſens, unſeres Weiſſa-
gens und unſerer Hofnung! — welches die
goͤttlichen Cabinetsbriefe, geſchrieben auf Got-
tes allergnaͤdigſten Specialbefehl, durch Maͤn-
ner, getrieben vom heiligen Geiſt, uns er-
theilen. Dies iſt das Sehen durch einen
Spiegel in einen dunklen Ort — Das Re-
gale der Vernunft iſt zu zweifeln; der geof-
fenbarten Kinderlehre zu glauben! Gott helfe
meiner Schwachheit. Amen! —

Polt war nicht kindiſch, ſondern kindlich.
Ein Paar Worte, bey denen meine Mutter
einen himmelweiten Unterſchied fand!

Es war ein lieber, ſehr lieber Junge.
Weiß und roth, Lilien und Roſen! Oft in
Gedanken, was haſt du kleiner Menſch zu
denken? Statt einer Antwort, laͤchelt er.

Homer und Milton und all ihr Men-
ſchenleſer! — ihr ſeyd all zu fruͤh geſtorben,
denn ihr habt keine Fibel geſchrieben! Wie
ſehr ich dies Werk bey meinem Polt vermißt,
iſt unausſprechlich. Welch ein großer Geiſt
wird einſt die Kindlein zu ſich kommen laßen

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0615" n="607"/>
ein be&#x017F;onderes Licht, wenn die Nacht &#x017F;ich mit<lb/>
dem fernen Sternenlicht kreuzt. Das i&#x017F;t das<lb/>
treue Bild un&#x017F;eres Wi&#x017F;&#x017F;ens, un&#x017F;eres Wei&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
gens und un&#x017F;erer Hofnung! &#x2014; welches die<lb/>
go&#x0364;ttlichen Cabinetsbriefe, ge&#x017F;chrieben auf Got-<lb/>
tes allergna&#x0364;dig&#x017F;ten Specialbefehl, durch Ma&#x0364;n-<lb/>
ner, getrieben vom heiligen Gei&#x017F;t, uns er-<lb/>
theilen. Dies i&#x017F;t das Sehen durch einen<lb/>
Spiegel in einen dunklen Ort &#x2014; Das Re-<lb/>
gale der Vernunft i&#x017F;t zu zweifeln; der geof-<lb/>
fenbarten Kinderlehre zu glauben! Gott helfe<lb/>
meiner Schwachheit. Amen! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Polt war nicht kindi&#x017F;ch, &#x017F;ondern kindlich.<lb/>
Ein Paar Worte, bey denen meine Mutter<lb/>
einen himmelweiten Unter&#x017F;chied fand!</p><lb/>
        <p>Es war ein lieber, &#x017F;ehr lieber Junge.<lb/>
Weiß und roth, Lilien und Ro&#x017F;en! Oft in<lb/>
Gedanken, was ha&#x017F;t du kleiner Men&#x017F;ch zu<lb/>
denken? Statt einer Antwort, la&#x0364;chelt er.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Homer</hi> und <hi rendition="#fr">Milton</hi> und all ihr Men-<lb/>
&#x017F;chenle&#x017F;er! &#x2014; ihr &#x017F;eyd all zu fru&#x0364;h ge&#x017F;torben,<lb/>
denn ihr habt keine <hi rendition="#fr">Fibel</hi> ge&#x017F;chrieben! Wie<lb/>
&#x017F;ehr ich dies Werk bey meinem Polt vermißt,<lb/>
i&#x017F;t unaus&#x017F;prechlich. Welch ein großer Gei&#x017F;t<lb/>
wird ein&#x017F;t die Kindlein zu &#x017F;ich kommen laßen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[607/0615] ein beſonderes Licht, wenn die Nacht ſich mit dem fernen Sternenlicht kreuzt. Das iſt das treue Bild unſeres Wiſſens, unſeres Weiſſa- gens und unſerer Hofnung! — welches die goͤttlichen Cabinetsbriefe, geſchrieben auf Got- tes allergnaͤdigſten Specialbefehl, durch Maͤn- ner, getrieben vom heiligen Geiſt, uns er- theilen. Dies iſt das Sehen durch einen Spiegel in einen dunklen Ort — Das Re- gale der Vernunft iſt zu zweifeln; der geof- fenbarten Kinderlehre zu glauben! Gott helfe meiner Schwachheit. Amen! — Polt war nicht kindiſch, ſondern kindlich. Ein Paar Worte, bey denen meine Mutter einen himmelweiten Unterſchied fand! Es war ein lieber, ſehr lieber Junge. Weiß und roth, Lilien und Roſen! Oft in Gedanken, was haſt du kleiner Menſch zu denken? Statt einer Antwort, laͤchelt er. Homer und Milton und all ihr Men- ſchenleſer! — ihr ſeyd all zu fruͤh geſtorben, denn ihr habt keine Fibel geſchrieben! Wie ſehr ich dies Werk bey meinem Polt vermißt, iſt unausſprechlich. Welch ein großer Geiſt wird einſt die Kindlein zu ſich kommen laßen und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/615
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/615>, abgerufen am 23.05.2024.