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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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aber den ehrwürdigen Namen Richter? Ein
Richteramt ist ein schweres Amt. Natha-
nael wählte das beste Theil, da ers nieder-
legte, und wie wenig giebts Nathanaels und
solche kunstrichterliche Justizräthe, wie er!
Kleine schielende Revisionsknaben die Menge!
-- Die Herren a, b, g, möcht ich auch un-
gern darüber sprechen lassen.

Wer in den Charakteren nicht Präcision
findet, kann jeden in Person kennen lernen,
bis auf die, welche in diesem Buche selig ent-
schlafen sind, und wer meiner Grosmutter
nachspottet, und mit gerümpfter Nase die
Frage aufwirft: wie vielmal Amen in die-
sem Buche vorkommt? wisse, daß ich ein
Liebhaber dieses Worts bin. Ich liebe nicht
Flittern, nicht Schminke, trage keinen Re-
genschirm, keinen Herrmannschen Glanzkit-
tel. Eine Jahreszeit ist mir so, wie die an-
dere. Alles, was aus Naturhänden kommt,
ist Gottes Gabe! Geschmack? Ja frey-
lich hat nicht jeder Lust zu lauter Milch und
Kuchen, und zum Stück vom zarten guten
Kalbe, diesem verlohrnen Sohnsbraten, ob-
gleich Abraham himmlische Herrschaften da-
mit bewirthete -- --

Wer
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aber den ehrwuͤrdigen Namen Richter? Ein
Richteramt iſt ein ſchweres Amt. Natha-
nael waͤhlte das beſte Theil, da ers nieder-
legte, und wie wenig giebts Nathanaels und
ſolche kunſtrichterliche Juſtizraͤthe, wie er!
Kleine ſchielende Reviſionsknaben die Menge!
— Die Herren α, β, γ, moͤcht ich auch un-
gern daruͤber ſprechen laſſen.

Wer in den Charakteren nicht Praͤciſion
findet, kann jeden in Perſon kennen lernen,
bis auf die, welche in dieſem Buche ſelig ent-
ſchlafen ſind, und wer meiner Grosmutter
nachſpottet, und mit geruͤmpfter Naſe die
Frage aufwirft: wie vielmal Amen in die-
ſem Buche vorkommt? wiſſe, daß ich ein
Liebhaber dieſes Worts bin. Ich liebe nicht
Flittern, nicht Schminke, trage keinen Re-
genſchirm, keinen Herrmannſchen Glanzkit-
tel. Eine Jahreszeit iſt mir ſo, wie die an-
dere. Alles, was aus Naturhaͤnden kommt,
iſt Gottes Gabe! Geſchmack? Ja frey-
lich hat nicht jeder Luſt zu lauter Milch und
Kuchen, und zum Stuͤck vom zarten guten
Kalbe, dieſem verlohrnen Sohnsbraten, ob-
gleich Abraham himmliſche Herrſchaften da-
mit bewirthete — —

Wer
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[581/0591] aber den ehrwuͤrdigen Namen Richter? Ein Richteramt iſt ein ſchweres Amt. Natha- nael waͤhlte das beſte Theil, da ers nieder- legte, und wie wenig giebts Nathanaels und ſolche kunſtrichterliche Juſtizraͤthe, wie er! Kleine ſchielende Reviſionsknaben die Menge! — Die Herren α, β, γ, moͤcht ich auch un- gern daruͤber ſprechen laſſen. Wer in den Charakteren nicht Praͤciſion findet, kann jeden in Perſon kennen lernen, bis auf die, welche in dieſem Buche ſelig ent- ſchlafen ſind, und wer meiner Grosmutter nachſpottet, und mit geruͤmpfter Naſe die Frage aufwirft: wie vielmal Amen in die- ſem Buche vorkommt? wiſſe, daß ich ein Liebhaber dieſes Worts bin. Ich liebe nicht Flittern, nicht Schminke, trage keinen Re- genſchirm, keinen Herrmannſchen Glanzkit- tel. Eine Jahreszeit iſt mir ſo, wie die an- dere. Alles, was aus Naturhaͤnden kommt, iſt Gottes Gabe! Geſchmack? Ja frey- lich hat nicht jeder Luſt zu lauter Milch und Kuchen, und zum Stuͤck vom zarten guten Kalbe, dieſem verlohrnen Sohnsbraten, ob- gleich Abraham himmliſche Herrſchaften da- mit bewirthete — — Wer O o 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/591>, abgerufen am 18.05.2024.