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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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sen Trieb zum Leben solt ich haben, und doch
sterblich seyn! Nein! wahrlich! wahrlich!
Ich glaub es, nimmermehr werd ich sterben,
es wird nur so scheinen, als stürb ich! --
Der liebe Gott würde sich geirrt haben, wenn
er den Lebensplan in den Menschen gelegt
hätte, falls der Mensch ihn auszuführen aus-
ser Stand wäre. Gott begeht keinen Ir-
thum! Ist der Tod nicht Ende? wie glück-
lich, daß wir sterben! Erwachen wir nicht
nach einer Nacht voll Schlaf, frisch zu einem
schönen Morgen? Die Nacht ist ein Bild
des Todes; der Morgen ein Bild der Wie-
dergeburt, die uns allen bevorsteht! --
Herr! lehre du mich bedenken, daß ich ster-
ben muß, lehr es mich in jeder Dämmerung,
lehr es mich am Sonnabend vor allen Din-
gen! Mach es mit mir, wie du willst -- und
ist der Sonnabend meines Lebens vorhanden,
helf mir Gott, der helfen kann, wenn alle
menschliche Hülfe verzweifelt -- Wenn kein
Trunk mehr unsre gedorrte Lippen labt, er-
quick uns der Trost der Unsterblichkeit! Wenn
die Unsrigen unsern Segen fordern, und wir
segnen wollen und nicht mehr können! Vol-
lende das Werk, Abba, lieber Vater, du
hast mehr als Einen Segen. Laß unsere Lie-

ben

ſen Trieb zum Leben ſolt ich haben, und doch
ſterblich ſeyn! Nein! wahrlich! wahrlich!
Ich glaub es, nimmermehr werd ich ſterben,
es wird nur ſo ſcheinen, als ſtuͤrb ich! —
Der liebe Gott wuͤrde ſich geirrt haben, wenn
er den Lebensplan in den Menſchen gelegt
haͤtte, falls der Menſch ihn auszufuͤhren auſ-
ſer Stand waͤre. Gott begeht keinen Ir-
thum! Iſt der Tod nicht Ende? wie gluͤck-
lich, daß wir ſterben! Erwachen wir nicht
nach einer Nacht voll Schlaf, friſch zu einem
ſchoͤnen Morgen? Die Nacht iſt ein Bild
des Todes; der Morgen ein Bild der Wie-
dergeburt, die uns allen bevorſteht! —
Herr! lehre du mich bedenken, daß ich ſter-
ben muß, lehr es mich in jeder Daͤmmerung,
lehr es mich am Sonnabend vor allen Din-
gen! Mach es mit mir, wie du willſt — und
iſt der Sonnabend meines Lebens vorhanden,
helf mir Gott, der helfen kann, wenn alle
menſchliche Huͤlfe verzweifelt — Wenn kein
Trunk mehr unſre gedorrte Lippen labt, er-
quick uns der Troſt der Unſterblichkeit! Wenn
die Unſrigen unſern Segen fordern, und wir
ſegnen wollen und nicht mehr koͤnnen! Vol-
lende das Werk, Abba, lieber Vater, du
haſt mehr als Einen Segen. Laß unſere Lie-

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[559/0569] ſen Trieb zum Leben ſolt ich haben, und doch ſterblich ſeyn! Nein! wahrlich! wahrlich! Ich glaub es, nimmermehr werd ich ſterben, es wird nur ſo ſcheinen, als ſtuͤrb ich! — Der liebe Gott wuͤrde ſich geirrt haben, wenn er den Lebensplan in den Menſchen gelegt haͤtte, falls der Menſch ihn auszufuͤhren auſ- ſer Stand waͤre. Gott begeht keinen Ir- thum! Iſt der Tod nicht Ende? wie gluͤck- lich, daß wir ſterben! Erwachen wir nicht nach einer Nacht voll Schlaf, friſch zu einem ſchoͤnen Morgen? Die Nacht iſt ein Bild des Todes; der Morgen ein Bild der Wie- dergeburt, die uns allen bevorſteht! — Herr! lehre du mich bedenken, daß ich ſter- ben muß, lehr es mich in jeder Daͤmmerung, lehr es mich am Sonnabend vor allen Din- gen! Mach es mit mir, wie du willſt — und iſt der Sonnabend meines Lebens vorhanden, helf mir Gott, der helfen kann, wenn alle menſchliche Huͤlfe verzweifelt — Wenn kein Trunk mehr unſre gedorrte Lippen labt, er- quick uns der Troſt der Unſterblichkeit! Wenn die Unſrigen unſern Segen fordern, und wir ſegnen wollen und nicht mehr koͤnnen! Vol- lende das Werk, Abba, lieber Vater, du haſt mehr als Einen Segen. Laß unſere Lie- ben

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/569>, abgerufen am 24.11.2024.