Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

zweyten Diskant einfält, wie wohl ist
mir! --

Ich bin der Welt im eigentlichsten Sinn
abgestorben! und finde in der Hosnung der
künftigen Welt, so viel Trost, daß es wohl
der Mühe belohnt, hier nicht ganz glücklich
zu seyn! -- Ich wolte um wie vieles nicht
mein Theil in diesem Leben haben, um wie
vieles nicht! -- Wie du willst, Herr, wie
du willst, schick es mit mir! -- Wahrlich,
wir sind zur Hofnung gebohren. Mit dem
Genuß will es nicht recht fort -- Ich weiß
nicht, ich kann keinen Menschen so recht aus-
stehen, der es sich geflissentlich angelegen seyn
läßt, zu genüßen, dem man es anmerkt, daß
es ihm so recht schmeckt! --

Man sagt, daß es die Wehemutter bey
meiner Niederkunft versehen haben soll. Ich
verzeih es ihr herzlich -- herzlich -- Gott
tröste sie! Sie ist nach der Zeit öfters tief-
sinnig -- Mein Mann und ich, das weiß
Gott, haben nichts dazu beygetragen, daß
sie tiefsinnig worden -- Gott tröste sie und
alle, die dies lesen, bey ihren Leiden, mit
dem Troste des beßern Lebens, das Gott ge-
ben wird denen, die ihn lieben! --

Tine

zweyten Diskant einfaͤlt, wie wohl iſt
mir! —

Ich bin der Welt im eigentlichſten Sinn
abgeſtorben! und finde in der Hoſnung der
kuͤnftigen Welt, ſo viel Troſt, daß es wohl
der Muͤhe belohnt, hier nicht ganz gluͤcklich
zu ſeyn! — Ich wolte um wie vieles nicht
mein Theil in dieſem Leben haben, um wie
vieles nicht! — Wie du willſt, Herr, wie
du willſt, ſchick es mit mir! — Wahrlich,
wir ſind zur Hofnung gebohren. Mit dem
Genuß will es nicht recht fort — Ich weiß
nicht, ich kann keinen Menſchen ſo recht aus-
ſtehen, der es ſich gefliſſentlich angelegen ſeyn
laͤßt, zu genuͤßen, dem man es anmerkt, daß
es ihm ſo recht ſchmeckt! —

Man ſagt, daß es die Wehemutter bey
meiner Niederkunft verſehen haben ſoll. Ich
verzeih es ihr herzlich — herzlich — Gott
troͤſte ſie! Sie iſt nach der Zeit oͤfters tief-
ſinnig — Mein Mann und ich, das weiß
Gott, haben nichts dazu beygetragen, daß
ſie tiefſinnig worden — Gott troͤſte ſie und
alle, die dies leſen, bey ihren Leiden, mit
dem Troſte des beßern Lebens, das Gott ge-
ben wird denen, die ihn lieben! —

Tine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0562" n="552"/>
zweyten Diskant einfa&#x0364;lt, wie wohl i&#x017F;t<lb/>
mir! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich bin der Welt im eigentlich&#x017F;ten Sinn<lb/>
abge&#x017F;torben! und finde in der Ho&#x017F;nung der<lb/>
ku&#x0364;nftigen Welt, &#x017F;o viel Tro&#x017F;t, daß es wohl<lb/>
der Mu&#x0364;he belohnt, hier nicht ganz glu&#x0364;cklich<lb/>
zu &#x017F;eyn! &#x2014; Ich wolte um wie vieles nicht<lb/>
mein Theil in die&#x017F;em Leben haben, um wie<lb/>
vieles nicht! &#x2014; Wie du will&#x017F;t, Herr, wie<lb/>
du will&#x017F;t, &#x017F;chick es mit mir! &#x2014; Wahrlich,<lb/>
wir &#x017F;ind zur Hofnung gebohren. Mit dem<lb/>
Genuß will es nicht recht fort &#x2014; Ich weiß<lb/>
nicht, ich kann keinen Men&#x017F;chen &#x017F;o recht aus-<lb/>
&#x017F;tehen, der es &#x017F;ich gefli&#x017F;&#x017F;entlich angelegen &#x017F;eyn<lb/>
la&#x0364;ßt, zu genu&#x0364;ßen, dem man es anmerkt, daß<lb/>
es ihm &#x017F;o recht &#x017F;chmeckt! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Man &#x017F;agt, daß es die Wehemutter bey<lb/>
meiner Niederkunft ver&#x017F;ehen haben &#x017F;oll. Ich<lb/>
verzeih es ihr herzlich &#x2014; herzlich &#x2014; Gott<lb/>
tro&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ie! Sie i&#x017F;t nach der Zeit o&#x0364;fters tief-<lb/>
&#x017F;innig &#x2014; Mein Mann und ich, das weiß<lb/>
Gott, haben nichts dazu beygetragen, daß<lb/>
&#x017F;ie tief&#x017F;innig worden &#x2014; Gott tro&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ie und<lb/>
alle, die dies le&#x017F;en, bey ihren Leiden, mit<lb/>
dem Tro&#x017F;te des beßern Lebens, das Gott ge-<lb/>
ben wird denen, die ihn lieben! &#x2014;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Tine</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[552/0562] zweyten Diskant einfaͤlt, wie wohl iſt mir! — Ich bin der Welt im eigentlichſten Sinn abgeſtorben! und finde in der Hoſnung der kuͤnftigen Welt, ſo viel Troſt, daß es wohl der Muͤhe belohnt, hier nicht ganz gluͤcklich zu ſeyn! — Ich wolte um wie vieles nicht mein Theil in dieſem Leben haben, um wie vieles nicht! — Wie du willſt, Herr, wie du willſt, ſchick es mit mir! — Wahrlich, wir ſind zur Hofnung gebohren. Mit dem Genuß will es nicht recht fort — Ich weiß nicht, ich kann keinen Menſchen ſo recht aus- ſtehen, der es ſich gefliſſentlich angelegen ſeyn laͤßt, zu genuͤßen, dem man es anmerkt, daß es ihm ſo recht ſchmeckt! — Man ſagt, daß es die Wehemutter bey meiner Niederkunft verſehen haben ſoll. Ich verzeih es ihr herzlich — herzlich — Gott troͤſte ſie! Sie iſt nach der Zeit oͤfters tief- ſinnig — Mein Mann und ich, das weiß Gott, haben nichts dazu beygetragen, daß ſie tiefſinnig worden — Gott troͤſte ſie und alle, die dies leſen, bey ihren Leiden, mit dem Troſte des beßern Lebens, das Gott ge- ben wird denen, die ihn lieben! — Tine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/562
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/562>, abgerufen am 24.11.2024.