Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

gen. Dank, lieber Schutzgeist! daß du sie
mir präsentirt hast, da ich mich auf die Paar
Züge nicht besinnen konnte! -- Jetzt darf
ich dich nicht mehr beschweren --

Mein Alexander ist sehr gerade zu --
Meine Mutter liebt ihn, wie eine Mutter ih-
ren Sohn. Mein Bruder, fängt sich so
sehr nach ihm zu bilden an, als es einem
äusserst verdorbenen Menschen nur immer
möglich ist -- Mein Vater selbst ist mit
diesem gerade zu so zufrieden, als ich es
nie gedacht habe. Aeusserst zufrieden mit
meinem Mann behauptete er jüngst, daß ein
gewisses edles gerade zu die allerfeinste Höf-
lichkeit wäre -- Aufs Einkleiden kommts
an, setzte er hinzu, und eben das Einkleiden
scheint meines Alexanders Sache eben nicht
zu seyn. Mein Vater fängt mehr an über
die Höflichkeit und Festlichkeit zu speculiren,
als sie zu üben. Ganz wird er diesen Schmuck
nicht ablegen, und warum solt' er? Mein
Mann steigt nicht zu Dache. Sein Gerade
zu ist ein edles Gerade zu.

Die Liebe ist kühn und schüchtern im
Großen und im Kleinen. -- Mein Vater
will nicht leiden, daß ich meinem Alexander

un-

gen. Dank, lieber Schutzgeiſt! daß du ſie
mir praͤſentirt haſt, da ich mich auf die Paar
Zuͤge nicht beſinnen konnte! — Jetzt darf
ich dich nicht mehr beſchweren —

Mein Alexander iſt ſehr gerade zu —
Meine Mutter liebt ihn, wie eine Mutter ih-
ren Sohn. Mein Bruder, faͤngt ſich ſo
ſehr nach ihm zu bilden an, als es einem
aͤuſſerſt verdorbenen Menſchen nur immer
moͤglich iſt — Mein Vater ſelbſt iſt mit
dieſem gerade zu ſo zufrieden, als ich es
nie gedacht habe. Aeuſſerſt zufrieden mit
meinem Mann behauptete er juͤngſt, daß ein
gewiſſes edles gerade zu die allerfeinſte Hoͤf-
lichkeit waͤre — Aufs Einkleiden kommts
an, ſetzte er hinzu, und eben das Einkleiden
ſcheint meines Alexanders Sache eben nicht
zu ſeyn. Mein Vater faͤngt mehr an uͤber
die Hoͤflichkeit und Feſtlichkeit zu ſpeculiren,
als ſie zu uͤben. Ganz wird er dieſen Schmuck
nicht ablegen, und warum ſolt’ er? Mein
Mann ſteigt nicht zu Dache. Sein Gerade
zu iſt ein edles Gerade zu.

Die Liebe iſt kuͤhn und ſchuͤchtern im
Großen und im Kleinen. — Mein Vater
will nicht leiden, daß ich meinem Alexander

un-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0556" n="546"/>
gen. Dank, lieber Schutzgei&#x017F;t! daß du &#x017F;ie<lb/>
mir pra&#x0364;&#x017F;entirt ha&#x017F;t, da ich mich auf die Paar<lb/>
Zu&#x0364;ge nicht be&#x017F;innen konnte! &#x2014; Jetzt darf<lb/>
ich dich nicht mehr be&#x017F;chweren &#x2014;</p><lb/>
        <p>Mein Alexander i&#x017F;t &#x017F;ehr gerade zu &#x2014;<lb/>
Meine Mutter liebt ihn, wie eine Mutter ih-<lb/>
ren Sohn. Mein Bruder, fa&#x0364;ngt &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr nach ihm zu bilden an, als es einem<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t verdorbenen Men&#x017F;chen nur immer<lb/>
mo&#x0364;glich i&#x017F;t &#x2014; Mein Vater &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t mit<lb/>
die&#x017F;em <hi rendition="#fr">gerade zu</hi> &#x017F;o zufrieden, als ich es<lb/>
nie gedacht habe. Aeu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t zufrieden mit<lb/>
meinem Mann behauptete er ju&#x0364;ng&#x017F;t, daß ein<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#fr">edles gerade zu</hi> die allerfein&#x017F;te Ho&#x0364;f-<lb/>
lichkeit wa&#x0364;re &#x2014; Aufs Einkleiden kommts<lb/>
an, &#x017F;etzte er hinzu, und eben das Einkleiden<lb/>
&#x017F;cheint meines Alexanders Sache eben nicht<lb/>
zu &#x017F;eyn. Mein Vater fa&#x0364;ngt mehr an u&#x0364;ber<lb/>
die Ho&#x0364;flichkeit und Fe&#x017F;tlichkeit zu &#x017F;peculiren,<lb/>
als &#x017F;ie zu u&#x0364;ben. Ganz wird er die&#x017F;en Schmuck<lb/>
nicht ablegen, und warum &#x017F;olt&#x2019; er? Mein<lb/>
Mann &#x017F;teigt nicht zu Dache. Sein Gerade<lb/>
zu i&#x017F;t ein edles Gerade zu.</p><lb/>
        <p>Die Liebe i&#x017F;t ku&#x0364;hn und &#x017F;chu&#x0364;chtern im<lb/>
Großen und im Kleinen. &#x2014; Mein Vater<lb/>
will nicht leiden, daß ich meinem Alexander<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">un-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0556] gen. Dank, lieber Schutzgeiſt! daß du ſie mir praͤſentirt haſt, da ich mich auf die Paar Zuͤge nicht beſinnen konnte! — Jetzt darf ich dich nicht mehr beſchweren — Mein Alexander iſt ſehr gerade zu — Meine Mutter liebt ihn, wie eine Mutter ih- ren Sohn. Mein Bruder, faͤngt ſich ſo ſehr nach ihm zu bilden an, als es einem aͤuſſerſt verdorbenen Menſchen nur immer moͤglich iſt — Mein Vater ſelbſt iſt mit dieſem gerade zu ſo zufrieden, als ich es nie gedacht habe. Aeuſſerſt zufrieden mit meinem Mann behauptete er juͤngſt, daß ein gewiſſes edles gerade zu die allerfeinſte Hoͤf- lichkeit waͤre — Aufs Einkleiden kommts an, ſetzte er hinzu, und eben das Einkleiden ſcheint meines Alexanders Sache eben nicht zu ſeyn. Mein Vater faͤngt mehr an uͤber die Hoͤflichkeit und Feſtlichkeit zu ſpeculiren, als ſie zu uͤben. Ganz wird er dieſen Schmuck nicht ablegen, und warum ſolt’ er? Mein Mann ſteigt nicht zu Dache. Sein Gerade zu iſt ein edles Gerade zu. Die Liebe iſt kuͤhn und ſchuͤchtern im Großen und im Kleinen. — Mein Vater will nicht leiden, daß ich meinem Alexander un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/556
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/556>, abgerufen am 18.05.2024.