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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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sich wohl nicht viel aus dem Wege) gebohren
ist, weiß ich nicht. Dieses Geschäfte war
indessen einem jungen Edelmann übertragen,
dem der Herrmann suflirte! --

Zu Herrmanns Ehre ein Wort, er
weinte ungesehen, da ich mit Minen zu
Bette gieng -- ungesehen! --

Und warum war die Frau v. G -- nicht
bey der Hochzeit?

Ich bat die gute Seele der Frau v. W --,
ausser dem Gewöhnlichen, noch ein Wort des
Vertrauens an sie zu senden, ihres Seligen
und Bruder Gotthardts wegen. Warum
kam sie dieses Worts des Vertrauens uner-
achtet nicht? Weil mein adliches Blut durch
das poetische Blut meiner Mutter Schaden
gelitten, und weil meines Vaters Adel da-
durch, daß er die Kanzel bestiegen, einen un-
auslöschlichen Fettfleck erhalten -- Junker
Gotthardt! Deine Mutter, warum? -- --
Wäre sie meine Mutter nicht, würd ich mir
die Freyheit nehmen, zu sagen: Warum? --
guter Junge!

Herr v. W -- und Frau v. W -- gleite-
ten uns bis zu unserer Heimath. Besonders,
daß keine Thräne bey allen diesen Abschieden
vorfiel. Junker Peter blieb zu Hause; er

hatte

ſich wohl nicht viel aus dem Wege) gebohren
iſt, weiß ich nicht. Dieſes Geſchaͤfte war
indeſſen einem jungen Edelmann uͤbertragen,
dem der Herrmann ſuflirte! —

Zu Herrmanns Ehre ein Wort, er
weinte ungeſehen, da ich mit Minen zu
Bette gieng — ungeſehen!

Und warum war die Frau v. G — nicht
bey der Hochzeit?

Ich bat die gute Seele der Frau v. W —,
auſſer dem Gewoͤhnlichen, noch ein Wort des
Vertrauens an ſie zu ſenden, ihres Seligen
und Bruder Gotthardts wegen. Warum
kam ſie dieſes Worts des Vertrauens uner-
achtet nicht? Weil mein adliches Blut durch
das poetiſche Blut meiner Mutter Schaden
gelitten, und weil meines Vaters Adel da-
durch, daß er die Kanzel beſtiegen, einen un-
ausloͤſchlichen Fettfleck erhalten — Junker
Gotthardt! Deine Mutter, warum? — —
Waͤre ſie meine Mutter nicht, wuͤrd ich mir
die Freyheit nehmen, zu ſagen: Warum? —
guter Junge!

Herr v. W — und Frau v. W — gleite-
ten uns bis zu unſerer Heimath. Beſonders,
daß keine Thraͤne bey allen dieſen Abſchieden
vorfiel. Junker Peter blieb zu Hauſe; er

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[540/0550] ſich wohl nicht viel aus dem Wege) gebohren iſt, weiß ich nicht. Dieſes Geſchaͤfte war indeſſen einem jungen Edelmann uͤbertragen, dem der Herrmann ſuflirte! — Zu Herrmanns Ehre ein Wort, er weinte ungeſehen, da ich mit Minen zu Bette gieng — ungeſehen! — Und warum war die Frau v. G — nicht bey der Hochzeit? Ich bat die gute Seele der Frau v. W —, auſſer dem Gewoͤhnlichen, noch ein Wort des Vertrauens an ſie zu ſenden, ihres Seligen und Bruder Gotthardts wegen. Warum kam ſie dieſes Worts des Vertrauens uner- achtet nicht? Weil mein adliches Blut durch das poetiſche Blut meiner Mutter Schaden gelitten, und weil meines Vaters Adel da- durch, daß er die Kanzel beſtiegen, einen un- ausloͤſchlichen Fettfleck erhalten — Junker Gotthardt! Deine Mutter, warum? — — Waͤre ſie meine Mutter nicht, wuͤrd ich mir die Freyheit nehmen, zu ſagen: Warum? — guter Junge! Herr v. W — und Frau v. W — gleite- ten uns bis zu unſerer Heimath. Beſonders, daß keine Thraͤne bey allen dieſen Abſchieden vorfiel. Junker Peter blieb zu Hauſe; er hatte

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/550>, abgerufen am 18.05.2024.